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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kritik formiert sich "Wenn Söder eine Magnetbahn spendieren will, warum da?"
Die Diskussion um die Magnetbahn in Nürnberg nimmt weiter Fahrt auf. Zwei Parteien wenden sich nun gemeinsam an die Öffentlichkeit – und kritisieren vor allem eines.
Eine Magnetschwebebahn "in der Parkstraße" seiner Heimatstadt Nürnberg – diese Vision verfolgt Ministerpräsident Markus Söder. Erstmals hat er den Gedanken im Dezember 2023 in einer Regierungserklärung in den Raum geworfen – seitdem ist viel passiert. Söder hat seine Pläne bei einer Pressekonferenz in Nürnberg untermauert und mehrere Stadträte haben sich die Magnetschwebebahn beim potenziellen Hersteller angeschaut. Nun formiert sich Kritik – die Fraktionen der SPD und der Grünen wenden sich gemeinsam an die Öffentlichkeit.
Mike Bock, der verkehrspolitische Sprecher der Rathaus-Grünen sagt: "Es verwundert uns sehr, dass dieser Vorstoß und diese fragwürdige Einmischung aus München in die Nürnberger Verkehrsplanung beim Oberbürgermeister und der CSU-Stadtratsfraktion eine derartige Begeisterung erfährt." Weiter sagte der Kommunalpolitiker, dass sich sowohl Oberbürgermeister als auch CSU-Fraktion im vergangenen Sommer noch öffentlichkeitswirksam für die Straßenbahnlinie auf dieser Strecke starkgemacht hatten.
Tatsächlich ist auch der Streckenverlauf der Hauptkritikpunkt der beiden Fraktionen. Die SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Kayser bezeichnete im Gespräch mit t-online die Magnetbahn etwa als "fetziges Teil" und "aus industriepolitischer Sicht eine tolle Idee". Gleichzeitig schränkt sie aber ein: "Wir wollen eine echte Verkehrswende und keine Symbolpolitik."
Über die Strecke
Ministerpräsident Markus Söder brachte eine Magnetschewebebahn zwischen der neuen technischen Universität (Bauernfeindstraße), Messe und Südklinikum ins Gespräch. Die Stadt plante bislang auf dieser Achse eine Verlängerung der bestehenden Straßenbahnlinie 7. Mit der Tram könnte man von Hauptbahnhof ohne Umstieg zum Südklinikum fahren. Sollte die Magnetbahn gebaut werden, müssten Fahrgäste an der Bauernfeindstraße umsteigen.
SPD und Grüne sehen zahlreiche Nachteile
Ob eine Magnetschwebebahn zwischen Bauernfeindstraße, Messe und Südklinikum zur Verkehrswende beitragen kann, bezweifeln Kayser, ihre SPD und die Grünen allerdings. In der Pressemitteilung der beiden Fraktionen heißt es, dass die Erweiterbarkeit der Strecke als Option von Anfang an mitgedacht werden müsste.
Andernfalls habe die Magnetschwebebahn im Vergleich zur Straßenbahn zahlreiche Nachteile. Beispielsweise müssten Fahrgäste, die vom Hauptbahnhof zum Südklinikum wollten, auf die Magnetbahn umsteigen. Weiter argumentieren die Parteien, dass die Magnetschwebebahn höhere Kosten habe, ihre eigenen Werkstätten brauche und das finanzielle Risiko durch die Bindung an einen Hersteller höher als bei der Straßenbahn sei. Zudem könne die Magnetschwebebahn ihren Geschwindigkeitsvorteil auf der angedachten, kurzen Strecke nicht ausspielen.
Alexander Kahl, Sprecher für öffentlichen Verkehr der Grünen-Fraktion, sagt in diesem Zusammenhang: "Insofern fragen wir uns ernsthaft nach der verkehrlichen Motivation des Vorstoßes." Weiter betont Kahl – analog zur Aussage Kaysers – dass für ihn die Verbesserung der Mobilität für die Menschen in Nürnberg im Fokus stehe.
SPD und Grüne bringen alternative Strecken ins Gespräch
Generell könne allerdings eine Magnetbahn – so der Tenor aus beiden Parteien – eine sinnvolle Technologie zur Stärkung des öffentlichen Nahverkehrs sein. Nasser Ahmed, der verkehrspolitische Sprecher der SPD, sagt: "Wenn Markus Söder Nürnberg schon eine Magnetschwebebahn spendieren will: Warum dann ausgerechnet auf einer derart unpassenden Strecke? Wieso nicht lieber auf einer Strecke, wo derzeit noch keine konkreten Planungen laufen und Straßen- und U-Bahn bislang zu teuer waren?"
Laut Ahmed könne beispielsweise über eine Anbindung Steins oder Kornburgs nachgedacht werden. Achim Mletzko von den Grünen sagte t-online nach der Besichtigung des angedachten Modells beim Hersteller: "Das Ding müsste die Stadtumlandbahn sein." Mehr zu dem, was der Fraktionsvorsitzende der Grünen von der Besichtigung der Magnetbahn berichtet hat, lesen Sie hier.
Grüne und SPD fordern von der Stadtverwaltung indes einen umfangreichen Bericht zu Erfahrungen, Verbreitung sowie Vor- und Nachteilen des Magnetschwebebahnsystems. Wichtig sei zudem, dass die Straßenbahnplanung zum Südklinikum trotz der Diskussion um die Magnetbahn nicht verzögert werde. Zudem dürften der Stadt durch das Gesamtprojekt keine höheren Kosten entstehen als aus der beschlossenen Straßenbahn.
- Gemeinsame Pressemitteilung der SPD- und Grünen-Fraktionen vom 1. März 2024
- Telefonate mit Achim Mletzko und Christine Kayser
- Eigene Recherchen