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Die wichtigsten Fragen und Antworten
So steht es um die Karstadt-Standorte in Nürnberg


11.11.2022Lesedauer: 5 Min.
Die Karstadt-Filiale in der Nürnberger Innenstadt steht auf der Kippe.Vergrößern des Bildes
Die Karstadt-Filiale in der Nürnberger Innenstadt steht auf der Kippe. (Quelle: Meike Kreil)

Die Zukunft von Karstadt ist ungewiss. Vor allem die Nürnberger Standorte sind im Fokus. Werden sie erneut gerettet werden können? t-online beantwortet die wichtigsten Fragen.

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hat Ende Oktober zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. In Nürnberg gibt es aktuell drei Galeria-Standorte. Die Mitarbeiter müssen einmal mehr um ihre Jobs bangen. Alle Informationen zum aktuellen Sachstand.

Wie ist die Stimmung in den Nürnberger Standorten?

Im Karstadt in der Nürnberger Innenstadt zieht die Weihnachtskulisse ein. Die ersten Christbäume stehen bereit, die Hintergrundmusik macht Stimmung. Nichts deutet auf den Kampf hin, der gerade im Hintergrund ausgefochten wird.

Hier hilft eine Verkäuferin gerade einer Kundin mit Rollator: Sie flitzt in der Bekleidungsabteilung umher, engagiert und gekonnt auf der Suche nach einer Hose, die ganz den Vorstellungen der älteren Dame entspricht. Sie huscht vorbei an den Massen, die mit großen Tüten voller erster Weihnachtsgeschenke das Geschäft verlassen.

Wer genau hinsieht, kann den Umstand erahnen: Zwei Mitarbeiterinnen unterhalten sich über die Zukunft, während sie damit beschäftigt sind, einer Puppe den Pulli der neuen Winterkollektion überzustülpen. Eine seufzt: "Was uns wohl erwartet?" Sie meint damit zwar das Weihnachtsgeschäft, auf das sich hier vorbereitet wird, als ob es sich um ein Schlachtfeld handeln würde. Der Satz kann aber genauso gut für die Gesamtsituation ihres Arbeitgebers gelten.

Denn die Zukunft des Kaufhauses ist in der Schwebe. Dabei ist der Karstadt seit jeher beliebter Treffpunkt in der Innenstadt neben der Lorenzkirche. Hier finden die Nürnberger auf sechs Stockwerken neben Kleidung, Koffern und Papierwaren auch Lebensmittel und Bücher – eben alles, was es zum Leben braucht. Es wird die Frage immer lauter: Ist das noch zeitgemäß?

Was ist passiert?

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hat zum zweiten Mal innerhalb von weniger als drei Jahren Rettung in einem Schutzschirmverfahren gesucht. Das Unternehmen will im Rahmen der Sanierungsbemühungen mehr als 40 seiner verbliebenen 131 Kaufhäuser schließen. Der Handelsriese mit seinen 17.000 Mitarbeitern ist noch in 97 deutschen Städten vertreten.

Wie sieht es konkret in Nürnberg aus?

In Nürnberg gibt es zwei Karstadt-Filialen: Ein Kaufhaus in der Innenstadt an der Königstraße und eine im Franken-Center in Langwasser. Außerdem gibt es in der Innenstadt einen großen Kaufhof. Seitdem Karstadt und Kaufhof fusioniert haben, liegen zwei Standorte also in unmittelbarer Nachbarschaft. In Nürnberg stehen damit derzeit drei Warenhäuser unter dem Dachnamen Galeria. Es gilt als wahrscheinlich, dass die Mehrfachstandorte jetzt bereinigt werden.

Wie äußert sich die Gewerkschaft bzw. der Betriebsrat?

"Die Unternehmensleitung hat den Karren an die Wand gefahren", zeigt sich Katharina Lorenz, Betriebsratsvorsitzende Galeria im Franken-Center, in einer Verdi-Mitteilung wütend. "Wir werden gemeinsam um unsere Arbeitsplätze kämpfen und uns unsere Würde nicht nehmen lassen."

"Unsere Stärke hat sich auch in dem Kampf um unsere Nürnberger Häuser vor zwei Jahren gezeigt", ergänzt Thomas Vieweg, Betriebsratsvorsitzender Galeria Lorenzkirche. Die Menschen der drei Nürnberger Häuser würden zusammen aufrecht und kämpferisch zusammenstehen.

Die Gewerkschaft Verdi sieht die Konzernspitze in der Pflicht: "René Benko muss finanzielle Verantwortung übernehmen." Es sei unmoralisch, dies von den Beschäftigten zu verlangen, die in diesen Zeiten sowieso schon schwer über die Runden kommen. "Eine Personaloffensive – das wäre doch mal was!"

Wie konnten die Standorte bei der Insolvenz vor zwei Jahren gerettet werden?

Schon als der Konzern vor zwei Jahren Insolvenz angemeldet hatte, standen die Nürnberger Filialen auf der Kippe. Im September 2020 hieß es damals in einem Bericht im Stadtrat: "Das klassische Warenhaus mit extrem breitem und tiefem Sortiment leidet nicht nur in Nürnberg am Wandel des Einkaufsverhaltens." Stagnierende Umsätze führten dazu, dass auch gute Warenhausstandorte in besten Lagen die aufgerufenen Mieten kaum noch finanzieren können. "Während der Kaufhof in der Innenstadt im Besitz des Konzerns ist und daher die Mietthematik nur nachrangig wichtig ist, sind die Karstadt-Standorte Lorenzkirche und Langwasser Anmietungen." Eine Schließung der beiden Häuser sei bereits angekündigt gewesen. "Durch intensive Verhandlungen der Stadtspitze mit Eigentümern, Betreibern und Arbeitnehmervertretungen und auch durch (…) Zugeständnisse auf Seiten von Stadt, Eigentümer und Mieter ist es erfreulicherweise gelungen", die Standorte zu sichern.

Die SPD fordert nun einen erneuten Bericht im Wirtschaftsausschuss, damit darüber informiert wird, wie es mit den Standorten in der Stadt nun weitergehen soll. Immerhin seien "die Warenhäuser bedeutende Arbeitgeber im Einzelhandel unserer Stadt". Sie seien "mit ihrer Zentralitätsfunktion ein wichtiger Fixpunkt für eine lebendige Innenstadt".

Welche Angebote gibt es jetzt?

Der Onlinehändler Buero.de hat sein Interesse an der Übernahme von 47 kleineren Galeria-Standorten mit knapp 6.000 Mitarbeitern signalisiert. Der Büroartikelhändler aus Detmold hatte sich vor wenigen Tagen laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) zuversichtlich gezeigt, die Warenhäuser wieder auf Kurs bringen zu können. Interessiert sei Buero.de vor allem an Standorten in mittelgroßen Städten. Auf seiner Angebotsliste stünden rund ein Dutzend Filialen allein in Bayern: etwa in Erlangen, Bamberg und Bayreuth. Es soll bald ein persönliches Treffen mit den Chefs geben.

Hat Buero.de auch Interesse an den Nürnberger Standorten?

Dem hat der Chef des Online-Shops laut einem Bericht von Infranken.de eine Absage erteilt. Er traue sich den Schritt nicht zu, "weil uns die Fantasie fehlt, wie die Warenhäuser dort langfristig bestehen können", sagte Markus Schön demnach.

Wie geht es weiter?

Der angeschlagene Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof rechnet erst Anfang nächsten Jahres mit einer Entscheidung darüber, welche der 131 Filialen weitergeführt werden. "Welche Häuser geschlossen werden, steht heute noch nicht fest", heißt es vonseiten des Unternehmens laut dpa. Klarheit werde es wohl erst im Januar 2023 geben. Eine große Rolle bei der Entscheidung über das Schicksal einzelner Filialen werde auch ein mögliches Entgegenkommen der jeweiligen Vermieter spielen. Mit verschiedenen Interessenten soll es zeitnah Gespräche geben.

"Das Ziel aller Maßnahmen muss es sein, unter veränderten Bedingungen eine aus sich heraus lebensfähige Struktur zu schaffen", erklärte der Galeria-Sanierungsxperte Arndt Geiwitz nach Informationen der dpa. Dies sei verbunden mit der Zusage weiterer, sehr hoher Investitionen durch den Eigentümer. Das ist der österreichische Immobilienmilliardär René Benko. "Es geht um eine ökonomisch sinnvolle wie tragfähige Perspektive für das Konzept Warenhaus in Deutschland."

Was bedeutet das für das Weihnachtsgeschäft?

Konzernchef Miguel Müllenbach betonte laut dpa, der Regelbetrieb sei gesichert. "Die Warenversorgung funktioniert, die Services funktionieren – von Garantien bis Retouren. Auch die Vorbereitungen für das Weihnachtsgeschäft einschließlich aller Aktionen sind abgeschlossen." Das Unternehmen hoffe, "dass die Kundinnen und Kunden gerade in dieser Situation ein klares Zeichen setzen, dass sie ihr Warenhaus in ihrer Stadt wertschätzen".

Verwendete Quellen
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