Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Nur eine weibliche Band bei Rock im Park Her mit der Frauenquote für Festivalbühnen!
Die Frauenquote auf der Bühne bei Rock im Park und Rock am Ring ist beinahe gleich null: Von 69 Bands ist bei Rock im Park gerade mal eine rein weiblich. Im Vergleich zu anderen Festivals ist das völlig aus der Zeit gefallen – es braucht Veränderung.
Innerhalb von drei Festivaltagen treten auf der Hauptbühne bei Rock im Park in Nürnberg nur zwei Frauen auf – und das am Bass hinter den Frontmännern bei Måneskin und Broilers. Ansonsten: Männer, Männer, Männer. Meist treten sie zu viert auf, teilweise sogar zu siebt (BHZ und 102 Boyz). Kaum zu glauben, dass da kein Platz für mehr Sängerinnen, Gitarristinnen oder Schlagzeugerinnen gewesen sein soll. Mehr als Background-Gesang ist für Frauen oft nicht drinnen, als schönes Beiwerk für den eigentlichen Star.
Kritiker werden nun argumentieren, dass es eben einfach nicht genügend gute Künstlerinnen gebe. Andere Festivals zeigen jedoch das Gegenteil: Auf dem Tempelhof Sounds Festival in Berlin, welches ähnlich genre-vielfältig aufgestellt ist, sind bei mehr als der Hälfte der Bands Frauen mit von der Partie, zahlreiche Acts sind rein weiblich. Ja, Florence + the Machine sind am kommenden Freitag sogar Headliner! Ebenso ausgeglichen sieht es beim Coachella-Festival in Kalifornien aus: Und wie viele Menschen kommen wohl nur dort hin, um Billie Eilish, Doja Cat oder Megan Thee Stallion zu sehen?
Das Argument ist somit klar unhaltbar. Selbst wenn Frauen in dem ein oder anderen Musikgenre unterrepräsentiert sein sollten, müssten sich die Veranstalter um mehr Frauenpräsenz bemühen. Tempelhof Sounds und Coachella machen es vor.
Um mehr Frauen eine Bühne zu geben, muss der Wille da sein
Bei Rock im Park sind die einzigen Lichtblicke The Linda Lindas, eine US-amerikanische Punkrockband aus Los Angeles, und Skynd mit ihrer Leadsängerin und elektronischen Klängen. Genauso wie die kanadische Metalband Spiritbox mit Frontfrau. Sie alle treten jedoch auf der kleinsten der drei verfügbaren Stages auf.
Um mehr Frauen eine Bühne zu geben, muss der Wille da sein. Ein Blick in die Wirtschaft zeigt, dass es mit Freiwilligkeit nicht klappt. Jahrelange Appelle haben nicht den gewünschten Effekt und nur ein paar mehr Frauen in die Chefetagen gebracht.
Es muss also der Begriff fallen, den niemand wirklich mag, aber ohne den sich auch nichts zu bewegen scheint: die Frauenquote. Wir schreiben das Jahr 2022 und manche Festivalveranstalter haben offensichtlich noch immer nicht verstanden, was an einer beinahe 100-prozentigen Männerquote auf der Bühne verwerflich ist. Die Sichtbarkeit von Künstlerinnen scheint ihnen egal zu sein.
Da hilft auch die Rechtfertigung wenig, dass zentrale Bereiche und Führungspositionen weiblich besetzt seien, wie etwa die Veranstaltungs- und Festivalleitung. Dass es die Frauen seien, die das Festival erst möglich machen. So wird der Chef der "Rock am Ring"-Veranstalterfirma Dreamhaus, Matt Schwarz, in einem dpa-Artikel zitiert. Die Aussage macht alles nur noch schlimmer.
Festivals: Die Frau als fleißige Biene im Hintergrund?
Denn es zeigt das veraltete Muster, das Frauen so lange unterwarf: Sie arbeiten im Hintergrund als fleißige Bienchen, während Männer im Vordergrund die Lorbeeren ernten. Sie kocht im Hintergrund Kaffee, während er im Vordergrund die wichtigen Geschäfte führt.
Die Politik ist gefragt. Es scheint wohl an ihr zu liegen, Verantwortung für die Künstlerinnen zu übernehmen. Ein Arbeitsauftrag für Kulturstaatsministerin Claudia Roth?
Bei Rock im Park haben sie nun ein Awareness-Konzept neu eingeführt. Dass die Organisatoren Sexismus und Diskriminierung den Kampf ansagen und für mehr "Bewusstsein" auf dem Festivalgelände eintreten, ist toll. Offensichtlich hat das Konzept aber oben auf der Bühne seine Grenze. Im Line-up ist von Gleichberechtigung nichts zu sehen. Was am Ende bleibt, sind die Bilder und Videos der Künstler, die verbreitet werden und im Gedächtnis bleiben.
Dass es auch anders geht, zeigt Komikerin Carolin Kebekus: Aus Protest gegen die geringe Frauenquote bei Festivals veranstaltet sie am Pfingstmontag in Köln ein rein weibliches Festival mit 24 Acts namens "Cock am Ring". Sieh an, es gibt sie also doch, die Festivalkünstlerinnen.