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Kardinal Rainer Maria Woelki zehn Jahre Erzbischof in Köln


Zehn Jahre Erzbischof
Woelki – umstrittenster Kirchenmann der Republik

Von dpa
18.09.2024Lesedauer: 4 Min.
Kölner Dom: Rainer Maria Woelki, Kardinal von Köln, predigt.Vergrößern des Bildes
Kölner Dom: Rainer Maria Woelki, Kardinal von Köln, während einer Predigt. (Quelle: Oliver Berg/dpa)

Vor zehn Jahren trat Rainer Maria Woelki sein Amt als Erzbischof von Köln an. Heute gilt er als der umstrittenste Kirchenmann Deutschlands, belastet durch diverse Ermittlungen und innerkirchliche Spannungen.

Eine Stunde vor seiner feierlichen Amtseinführung im Kölner Dom saß Kardinal Rainer Maria Woelki am 20. September 2014 mit Obdachlosen zusammen. Zwei Tage zuvor hatte er bei einem Treffen mit der damaligen NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) um eine erleichterte Familienzusammenführung syrischer Flüchtlinge gebeten. Mit solchen Zeichen war er damals drauf und dran, sich als der "gute Mensch von Köln" zu etablieren, ein Beiname, mit dem zuletzt der Schriftsteller Heinrich Böll (1917-1985) bedacht worden war.

Heute, zehn Jahre nach seiner Einführung als Erzbischof von Köln, ist Woelki der umstrittenste Kirchenmann Deutschlands. Feierlichkeiten zum Amtsjubiläum sind auch nicht geplant. "Für den Kardinal ist es ein Arbeitstag wie jeder andere", sagt sein Sprecher.

Seit fast zwei Jahren ermittelt die Kölner Staatsanwaltschaft gegen Woelki, untersucht werden Vorwürfe der falschen Versicherung an Eides statt und des Meineids. Im Kern geht es um die Frage, zu welchem Zeitpunkt er über Missbrauchsvorwürfe gegen Priester Bescheid wusste. Im Zuge der Ermittlungen wurde im Sommer vergangenen Jahres sogar sein Wohnsitz, das Erzbischöfliche Haus im Zentrum von Köln, durchsucht. Seitdem werden unter anderem Chats und Sprachnachrichten des Kardinals ausgewertet. Wie lange das noch dauern wird, kann die Staatsanwaltschaft nicht sagen. Woelki bestreitet alle Vorwürfe.

Von Papst angeordnete Auszeit und Aufforderung zum Rücktrittsgesuch

Auch kirchenintern ist Woelkis Position seit langem angeschlagen. 2021 warf ihm Papst Franziskus "große Fehler" insbesondere in seiner Kommunikation vor und schickte ihn in eine fünfmonatige Auszeit. Anschließend forderte er Woelki auf, ein Rücktrittsgesuch einzureichen. Darüber hat Franziskus aber bis heute nicht entschieden, sodass sich das Erzbistum Köln nun schon seit Jahren in einer ungeklärten Schwebesituation befindet.

Begonnen hatte die Krise des größten deutschen Bistums, als Woelki 2020 entschied, ein Gutachten über den Umgang von Bistumsverantwortlichen mit Fällen von sexuellem Kindesmissbrauch zunächst nicht zu veröffentlichen. Er führte rechtliche Gründe dafür an und gab ein neues Gutachten in Auftrag. Dieses Vorgehen führte zu einer immer stärkeren Entfremdung zwischen dem Kardinal und den wichtigsten Gremien des Erzbistums.

Gleichzeitig widersetzte sich Woelki dem Reformprozess Synodaler Weg und geriet dadurch in Opposition zur großen Mehrheit der katholischen Bischöfe in Deutschland. Vorsichtige Schritte einer Öffnung der Kirche, etwa durch die Zulassung von Segnungen homosexueller Paare, lehnte Woelki ab. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, äußerte sich über ihn einmal entnervt mit den Worten: "Es gibt Menschen, auf die man wie ein totes Pferd einreden kann."

Grünen-Politikerin Löhrmann über Woelki

An welcher Stelle ist es schiefgegangen? Die Grünen-Politikerin Sylvia Löhrmann, die bei Woelkis Amtseinführung im Kölner Dom als stellvertretende NRW-Ministerpräsidentin und Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) eine optimistische Rede gehalten hatte, bewertet keineswegs alles negativ: "2014/15, als die Politik stark unter Druck stand, hat sich der Erzbischof sehr um die Willkommenskultur für Flüchtlinge verdient gemacht", sagt sie im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Die Zivilgesellschaft konnte sich in dieser Hinsicht immer auf ihn verlassen. Und dafür hat er persönlich einiges in Kauf genommen."

Umso enttäuschter ist Löhrmann über sein Verhalten an anderer Stelle. "Die zwei Themen, die herausstechen, sind der Umgang mit dem sexuellen Missbrauch und der Synodale Weg." Was die Aufarbeitung des Missbrauchs betreffe, sei Transparenz das Gebot der Stunde. "Ich erinnere mich hier an Äußerungen von ihm wie, bestimmte Vorgänge gar nicht so genau gesehen zu haben. Aber Menschen, die an der Spitze stehen, tragen eben auch dann die Verantwortung, wenn sie persönlich gar nicht allein oder im Detail involviert waren."

Löhrmann hat dabei nicht den Eindruck, dass Woelkis Schwierigkeiten auf bösen Willen zurückgehen, sondern "meine Einschätzung ist, dass er da reingeraten ist und völlig überfordert war - mit dem Ergebnis völligen Verstrickt-Seins. Es hat deshalb auch etwas Tragisches." In dieser Situation sei es aber umso wichtiger, alles auf den Tisch zu legen, um so die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen - seine und die der Kirche insgesamt. "Dass es auch anders geht, zeigt Ruhrbischof (Franz-Josef) Overbeck, der zum Ausdruck gebracht hat, dass er sich schämt und dass es ihm wichtig ist, das auch zu sagen."

Kölner Pfarrer Meurer: "Er will das Beste, aber macht das Falsche"

Auch der Kölner Pfarrer Franz Meurer hat den Eindruck, dass Woelki "in eine Sackgasse geraten" ist. Meurer genießt großes Ansehen aufgrund seines sozialen Engagements und ist überregional durch Bücher wie "Brandmeister Gottes" und "Glaube, Gott und Currywurst" bekannt. Er kennt Woelki seit Kindertagen, weil beide in derselben Siedlung in Köln aufgewachsen sind. "Er ist eine ehrliche Haut", versichert Meurer. "Er will das Beste, aber macht das Falsche."

Meurer zufolge sei es insbesondere ein Fehler, dass Woelki so oft den Rechtsweg beschreite, um ans Ziel zu gelangen: "Das geht immer daneben. Vertrauen gewinnt man niemals durch Prozesse, sondern immer nur durch Begegnungen." Gerade die persönliche Begegnung aber gilt als Schwachpunkt des oft scheu und misstrauisch wirkenden 1,92 Meter-Manns.

Für Thomas Sternberg, den ehemaligen Präsidenten des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, spielt es letztlich gar keine Rolle mehr, wie Woelki in die derzeitige Lage geraten ist und wer schuld daran ist. "Es gibt in der Eheauflösung das Prinzip der Zerrüttung", sagt Sternberg. "Da stellt man einfach fest, dass es nicht mehr geht. Und das scheint mir hier auch der Fall zu sein: Das Verhältnis zwischen den Gläubigen im Erzbistum Köln und ihrem Erzbischof ist derart zerrüttet, dass es aufgelöst werden müsste."

Einen Rücktritt aber lehnt Woelki ab. Er ist davon überzeugt, dass er gar nicht das Recht hat, seinen Auftrag aus eigener Entscheidung abzugeben. In einem dpa-Interview sagte er einmal: "Davonzulaufen, ist keine Lösung."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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