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Neonazi-Aufmarsch in Dresden: Gesuchter 68-Jähriger wegen Volksverhetzung festgenommen


Ermittlungen wegen Holocaust-Relativierung
Neonazi-Aufmarsch zum Gedenktag: Mann wegen Volksverhetzung festgenommen

Von t-online, mgr

Aktualisiert am 11.02.2023Lesedauer: 5 Min.
urn:newsml:dpa.com:20090101:230211-921-009423Vergrößern des Bildes
Neonazi-Aufmarsch in Dresden: Im Verlauf des Tages ist der Aufmarsch auf weit mehr als 500 Teilnehmende angewachsen. (Quelle: Sebastian Kahnert)
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Rechtsextreme nutzen den 78. Gedenktag zur Zerstörung Dresdens als Bühne: 1.900 Polizisten waren im Einsatz, es gab 20 Anzeigen. Der Samstag im Überblick.

19.30 Uhr: Bislang hat die Polizei etwa 20 Strafanzeigen im Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen erlassen: Gegen vier Teilnehmer im Alter zwischen 30 bis 49 Jahren wird wegen des Verwendens verfassungswidriger Symbole ermittelt. Zwei weitere Teilnehmer müssen sich wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz verantworten.

Gegen einen 18-jährigen Gegendemonstranten wird wegen Landfriedensbruch ermittelt. Der soll versucht haben, im Bereich des Dippoldiswalder Platz die Polizeiabsperrung zu durchbrechen.

Ein 18-jähriger Steinewerfer aus dem Gegenprotest konnte ebenfalls gestellt werden; gegen acht weitere Personen aus dem Gegenprotest wurden Ermittlungsverfahren wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet. Insgesamt waren rund 1.890 Polizisten im Einsatz

17.30 Uhr: Der rechtsextreme Aufmarsch hat die Kreuzung Schweriner/Könneritzstraße erreicht. Unter Musik von Vivaldi werden Kränze niedergelegt, Fackeln entzündet und die Bühne für die Abschlusskundgebung aufgebaut. Derweil lösen einzelne Gruppen aus der Menge und verlassen den Versammlungsort.

Einer der Veranstalter, Lutz Giesen, ist auch ein völkischer Siedler aus Leisnig. Am frühen Samstagabend hält er eine Rede bei der Kundgebung. Teile seiner Rede enthalten geschichtsrevisionistische Aussagen, etwa dass entgegen der aktuellen Forschungslage der Historiker doch Phosphorbomben beim Angriff auf Dresden Verwendung gefunden hätten.

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17.10 Uhr: Über hundert Gegendemonstranten haben sich zu einer Spontankundgebung auf der Kreuzung Schweriner/Könneritzstraße, direkt vor dem Bahnhof Mitte, eingefunden. Einige sind auf die Straßenbahnhaltestellen geklettert und warten mit Transparenten auf den eintreffenden Trauermarsch.

17.00 Uhr: Die gleiche Aktion wiederholt sich aus anderen Hauseingängen heraus. Die Polizei sichert daraufhin Hauseingänge in der Schweriner Straße und durchsucht Hinterhöfe.

Anne Herpertz von der Piratenpartei kritisiert das Vorgehen der Polizei im Nachgang des Demotages stark: "Ganze Straßenzüge wurden für die Nazis geräumt. Bereits Stunden vorher bekamen Menschen Platzverweise entlang der abgeriegelten Aufzugsstrecke", so Herpertz. Das Vorgehen rund um die Schweriner Straße hätte die Anwohner "massiv eingeschüchtert."

16.45 Uhr: Der Aufzug läuft weiter: Immer wieder gibt es Straßenblockaden, die jedoch nach wenigen Aufblicken aufgelöst werden. Wie etwa auf der Schweriner Straße, als eine Gruppe von fünf Personen aus einem Hauseingang stürmt, aber genauso schnell von der Polizei wieder zurückgezerrt wird.

Teilnehmer in Polizeigewahrsam

16.10 Uhr: Der Versammlungszug steht still: Die Polizei hat aus dem Versammlungsgeschehen heraus einen 68-Jährigen festgenommen – ihm wird Volksverhetzung vorgeworfen. Dem Staatsschutz hätten Hinweise vorgelegen, dass der Mann, der gestern in einem Video auf Social Media den Holocaust geleugnet haben soll, am rechten Aufzug teilnehmen wollte, teilte die Polizei am Samstagabend mit. Bei dem Festgenommen soll es sich um Alfred Schaefer handeln, er befindet sich aktuell in Polizeigewahrsam.

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15.50 Uhr: Nach einer Ansprache der Veranstalter "Gedenken Dresden" hat ein Großteil der Teilnehmer ihre Vermummung abgelegt. Kurz darauf musste der Aufzug von der Polizei daran erinnert werden, auch die Quarzsandhandschuhe auszuziehen. Abgesehen von kleinen Handgreiflichkeiten gegenüber Beobachtern mit Kamera, die vom Medienschutz der Polizei beendet wurden, kam es zu keinen gewalttätigen Vorfällen vonseiten der rechtsextremen Demonstrierenden.

15.30 Uhr: Der rechtsextreme Trauermarsch hat sich formiert und setzt sich langsam in Bewegung. Über die Reitbahnstraße soll der Aufzug an der Centrum Galerie vorbei in Richtung Bahnhof Mitte abgeleitet werden.

Auf der Reitbahnstraße hatte es Blockadeaktionen von Gegendemonstranten gegeben. Nach mehreren Ansprachen der Polizei um 15.04 wurden die Protestierenden von der Polizei geräumt. Laut Polizeisprecher Marco Laske hätten die Blockadeversuche keinen Einfluss auf den Versammlungsablauf gehabt.

Der Aufzug ist mittlerweile auf weit über 500 Teilnehmende angewachsen, manche tragen offen "Schwarze Sonnen" auf ihren Jacken – ein Symbol, das aus drei übereinander gelegten und leicht abgeänderten Hakenkreuzen besteht. Die "Schwarze Sonne" gilt als Erkennungszeichen der rechtsradikalen Szene. Viele Protestler haben schwarz-weiß-rote Mützen auf den Köpfen. Die Polizei spricht von mehreren hunderten Teilnehmern.

14 Uhr: Am Treffpunkt des rechtsextremen Aufmarschs "Dresden Gedenken" am Dresdner Hauptbahnhof haben sich um 14 Uhr rund 300 Menschen versammelt – einige sind vermummt. Es kommen noch vereinzelte Menschen aus dem Bahnhof. Von den Teilnehmerzahlen der vergangenen Jahre ist der Aufmarsch noch weit entfernt.

Die Polizei spricht von rund 350 Teilnehmenden. Darunter auch Michael Brück von "Freie Sachsen" und der rechtsextreme Musiker und Aktivist Axel Schlimper. Vereinzelt sind Russland-Fahnen zu sehen, andere Flaggen sind noch zusammengerollt.

Auf der gegenüberliegenden Seite haben sich laut Veranstalterinformation des Bündnisses "Dresden WiEdersetzen" 400 Menschen eingefunden, die den Aufmarsch mit Lautsprechern und Parolen stören wollen. Am Lautsprecherwagen, der den Trauermarsch auf der anderen Seite anführen soll, ist davon nichts zu hören – dafür sind die Gegendemonstranten zu weit weg.

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11.26 Uhr: Im Vorfeld des Neonazi-Aufmarschs soll Alfred Schaefer am Freitagabend ein Video veröffentlicht haben, in dem der Holocaust relativiert wird. Der Staatsschutz der Polizeidirektion Dresden ermittle bereits dazu, teilte die Polizei am Samstagmittag auf Twitter mit.

Auf diese Einsatzlage stellt sich die Polizei ein

Nach zwei stillen Coronajahren rechnet die Polizei zum 78. Jahrestag der Zerstörung Dresdens mit einer "konfrontativen" Lage am Samstag – mit einem rechten Aufzug im Mittelpunkt des Geschehens: Die Polizei Dresden geht von 500 bis 1.000 Teilnehmern aus ganz Deutschland sowie dem Ausland aus, darunter werden auch Vertreter rechtsextremer Parteien wie NPD, JN oder Dritter Weg erwartet.

Es werde mit Gegenprotest und "deutlich über 1.000 Teilnehmern" gerechnet, auch aus der linksextremen Szene in Leipzig und Chemnitz, sagte Polizeipräsident Lutz Rodig im Vorfeld zu den beiden Großeinsätzen auf einer Pressekonferenz am Donnerstag.

Einen großen Polizeieinsatz mit Unterstützung der Einsatzkräfte aus Bayern, Brandenburg, Hessen, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und der Bundespolizei Mittelsachsen werde vorbereitet, erklärte ein Sprecher der Polizeidirektion Dresden t-online, der aus ermittlungstaktischen Gründen nicht näher ins Detail gehen wollte.

Wo wird demonstriert?

Insgesamt liegen dem Ordnungsamt zwölf Anzeigen für Demonstrationen vor, eine davon kommt von Rechtsextremen: Der Aufzug "Dresden Gedenken" soll gegen 14 Uhr am Hauptbahnhof beim Wiener Platz starten – zwei Wochen lang wurde dafür in 16 Sprachen mobilisiert. Die Demoroute steht nicht fest, an allen Orten, wo die Neonazis vorbeikommen könnten, sind Gegendemonstrationen angemeldet, unter anderem am Bahnhof Neustadt, am Bahnhof Mitte, am Hauptbahnhof und rund um den Postplatz.

Beim Aufmarsch im vergangenen Jahr hatte vor allem ein Transparent mit der Aufschrift "Bombenholocaust" für Empörung gesorgt. Außerdem war von 250.000 Opfern zu lesen – zwar konnte die Zahl der Opfer nie genau ermittelt werden, nach Erkenntnissen einer Expertenkommission waren es bis zu 25.000 Tote. Der rechtsextreme Aufmarsch "Dresden-Gedenken" hält diese Erkenntnisse für "unsäglich" und spricht der Kommission "wissenschaftliches Vorgehen" ab.

Am Samstagmittag bekräftigte der Polizeisprecher, dass gegen Menschen, die mit Begriff "Bombenholocaust" durch die Stadt zögen, konsequent vorgegangen werde: "Sobald wir solche Banner sehen oder uns davon zugetragen wird, werden wir sofort eingreifen", so der Sprecher am Samstagmittag. Gleiches gelte auch für Störer des Aufmarsches der Rechtsextremen.

Hier kommt es zu Verkehrsbehinderungen

Am Samstag ist vor allem in der Dresdner Innenstadt mit erheblichen Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen. Wie die Stadtverwaltung mitteilte, sollte dieser Bereich weiträumig umfahren werden. Verkehrsteilnehmer müssten sich ab dem Nachmittag bis in den Abend hinein auf Sperrungen, Einschränkungen und Wartezeiten in der Altstadt einstellen.

Die Polizei geht allerdings nicht davon aus, dass der Verkehr komplett zum Erliegen kommen könnte.

Verwendete Quellen
  • Pressemitteilung der Stadt Dresden vom 10. Februar
  • Telefonat mit Polizeisprecher der Direktion Dresden
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