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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tägliche Mahnwache Nawalnys Unterstützer in Berlin verstärken ihren Protest
Unterstützer von Alexej Nawalny demonstrieren seit einiger Zeit auch in Berlin für die Freilassung des Kreml-Kritikers. Jetzt gehen sie in der Hauptstadt noch häufiger auf die Straße.
Der Mittelstreifen auf der Straße Unter den Linden: Regen prasselt auf das Pflaster. In den Pfützen auf dem Straßenasphalt spiegelt sich die russische Botschaft. Doch Anastasia und Michail schauen unter ihren Regenschirmen ungerührt drein. Zusammen sind die beiden Russen an diesem Donnerstag vor Weihnachten hier, um verstärkt auf das Schicksal von Kreml-Kritiker Alexej Nawalny aufmerksam zu machen. Denn seit gut zwei Wochen gibt es kein Lebenszeichen von dem russischen Oppositionellen, der sich in seiner Heimat in Gefangenschaft befindet.
Neu ist: Seit dieser Woche kommen die Aktivisten von "Free Nawalny" jeden Tag hierher. Täglich soll mindestens ein Nawalny-Unterstützer die Stellung halten, immer ab 14 Uhr – ob es stürmt oder schneit. Auch Anastasia macht der Regen an diesem Tag nichts aus: "In meiner Heimatstadt Königsberg ist das Wetter immer schlecht", sagt sie und hält ein mitgebrachtes Transparent vor ihre Brust. Darauf steht auf Englisch die Frage: "Wo ist Nawalny?"
Ort der "Free Nawalny"-Mahnwache hat symbolischen Charakter
Seit der russische Geheimdienst FSB ihre Wohnung durchsucht habe, lebe sie in Deutschland. Im April dieses Jahres sei sie hergekommen, sagt Anastasia. Sogar im Gefängnis habe sie in Russland schon gesessen, weil sie mit der Politik des Kremls nicht einverstanden war. Nun kämpft sie aus dem Exil für die Freilassung von Alexej Nawalny – und gegen den russischen Angriffskrieg von Präsident Putin auf die Ukraine. Anastasias Mitstreiter Michael sagt: "Es ist schlimm, was mit Alexej Nawalny passiert."
Der Ort für die Mahnwache des Duos hat symbolischen Charakter. Es geht "Free Nawalny" nicht darum, den russischen Botschafter zum Handeln zu bringen. Vielmehr soll die Kampagne Aufmerksamkeit erregen – Aufmerksamkeit bei den Passanten, die den stillen Protest bemerken. Auch, wenn es an diesem Tag im Berliner Regen nicht viele sind.
Das Ziel der Kampagne ist die Freilassung von Alexej Nawalny
Mit der täglichen Mahnwache wolle man mit den Menschen auf der Straße ins Gespräch kommen, erklärt Eugene Nasyrow. Er ist der Koordinator des deutschen Ablegers der Kampagne. Das Schicksal Nawalnys solle immer größere Kreise ziehen. Das mittel- bis langfristige Ziel: Der öffentliche Druck wird irgendwann so groß, dass er die Bundesregierung erreicht. Diese unternimmt in den Augen der Aktivisten zu wenig.
Bis dahin wird es wohl noch ein langer Weg. Doch das stört die Unterstützer von Alexej Nawalny nicht. Auch an diesem Tag harren sie stoisch in der Kälte aus. Und der Regen prasselt auf das Pflaster.
- Eigene Recherche
- Reporter vor Ort