Goutiert Verein eine Straftat? Gewaltvideo: Alemannia widerspricht sich öffentlich
Die "Zeit" schreibt, dass Alemannias Vereinsspitze ein Gewaltvideo des Hooligans Kevin P. für gut befunden habe – die widerspricht jetzt in einem Statement. Das Video hätten Sie nie gesehen. Doch es gibt Ungereimtheiten.
Alemannia Aachen bezieht am Mittwoch (29. Januar) öffentlich Stellung zur Berichterstattung der "Zeit" – und widerspricht sich dabei selbst. "Wir sind bekannt für unsere Transparenz", schreibt der Verein in seiner Mitteilung.
Am Dienstag (28. Januar) hatte die "Zeit" berichtet, dass im Prozess gegen den rechtsextremen Hooligan Kevin P. (38) auch Marcel Moberz, Aufsichtsratsvorsitzender des Vereins, und Cheftrainer Heiner Backhaus eine Rolle spielten. Laut Anklageschrift sollen Moberz und Backhaus der "Zeit" zufolge, das Gewaltvideo, um das es in dem Gerichtsprozess gehen soll, geschickt bekommen und gutgeheißen zu haben.
Auf dem Video soll zu sehen sein, wie Kevin P. einen Mann in der Antoniusstraße, Aachens Rotlichtbezirk, zunächst mit der Faust, dann mit einem Baseballschläger bewusstlos prügelt. Ein Video der brutalen Tat soll Kevin P., der auch "Chemo" genannt wird, unter anderem an den Alemannia Vereinschef und den Cheftrainer geschickt haben. Den Vereinschef Moberz habe "Chemo" laut Anklageschrift sogar aufgefordert das brutale Video zum Zwecke der Einschüchterung zu verbreiten, berichtet die "Zeit". Aus deren Reaktionen auf Whatsapp soll laut "Zeit" hervorgehen, dass das Video ihnen gefallen habe. Die Vereinsführung streitet jedoch alles ab.
Alemannia: Heiner Backhaus und Marcel Moberz beziehen Stellung
Noch am selben Tag bezogen sowohl Heiner Backhaus als auch Marcel Moberz Stellung. In der "Aachener Zeitung" zeigte sich Backhaus irritiert: Den Angeklagten, Rechtsextremen und Hooligan Kevin P. habe Backhaus "nur einmal im Leben" getroffen. Nämlich als er – auf Bitten des Klubs – bei der Essensausgabe für dessen Suppenküche für Bedürftige geholfen habe.
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In einem Interview mit den "Kartoffel-Käfern" vom 19. Dezember 2023 (Minute 28.15) drückt Backhaus seine persönliche Bewunderung für den jetzt Angeklagten aus. "Ich habe mich mit dem Chemo mal getroffen, der ist ja auch ein bekannter Fan", sagt Backhaus. Und dass er sich sehr darauf freue, sich bald noch einmal mit ihm auf ein Bier zu treffen.
Was die Stellungnahme zum Anschauen des brutalen Videos angeht, gibt es Ungereimtheiten. In dem aktuellen Statement des Vereins heißt es: "Ein Video mit diesen von der Staatsanwaltschaft offenbar festgestellten Tatsachen haben weder Moberz noch Backhaus geöffnet und angesehen. Sie haben ein solches Video weder weitergeleitet noch, wie die 'Zeit' behauptet, 'goutiert'."
Moberz sagte zuvor, er habe das Video "anlaufen lassen"
Einen Tag zuvor hatte sich Moberz dazu allerdings noch abweichend in der "Aachener Zeitung" geäußert. Moberz hatte der Zeitung gesagt, dass er das Video sehr wohl habe anlaufen lassen. Er habe dieses allerdings dann "unmittelbar gestoppt", weil er kein Interesse an dem Inhalt gehabt habe. Backhaus sagte bereits der Lokalzeitung, dass er das Video nie gesehen habe, weil es ihn zur Weihnachtszeit erreicht hätte, als auch sehr viele andere Nachrichten angekommen seien.
Marcel Moberz und Heiner Backhaus sind beide als Zeugen im Prozess gegen Kevin P. vor dem Landgericht Aachen geladen. "Mit Rücksicht auf das laufende Verfahren" würden sie nun allerdings auf Einzelheiten nicht weiter eingehen, heißt es in der Stellungnahme der Alemannia. "Dies würde die Wahrheitsfindung vor Gericht stören und der mündlichen Verhandlung vorgreifen." Unterschrieben ist das Statement des Vereins nicht namentlich, sondern mit "TSV Alemannia Aachen GmbH".
- alemannia-aachen.de: Stellungnahme zur Berichterstattung von ZEIT Online
- aachener-zeitung.de: Kevin P. schickte Gewaltvideo an Alemannias Trainer und Aufsichtsrats-Chef
- youtube.de: Heiner Backhaus über Demut und Wahnsinn
- zeit.de: Das verräterische Gewaltvideo
- Eigene Artikel