"Raketen werden für sich sprechen" Ukraine darf US-Waffen gegen Ziele in Russland einsetzen
Monatelang hat die Ukraine darum gebeten: Jetzt hat US-Präsident Joe Biden der Ukraine erlaubt, Waffen längerer Reichweite gegen Russland einzusetzen.
US-Präsident Joe Biden hat Insidern zufolge der Ukraine den Einsatz von US-Waffen längerer Reichweite gegen Ziele tief im russischen Staatsgebiet erlaubt. Die entsprechenden Beschränkungen seien aufgehoben worden, sagten drei mit dem Vorgang vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Die Regierung in Kiew wolle den ersten derartigen Angriff in den kommenden Tagen ausführen. Einzelheiten wurden nicht genannt.
Die "New York Times" berichtete am Sonntag ihrerseits unter Berufung auf US-Regierungskreise, die Raketen dürften zunächst gegen russische und nordkoreanische Soldaten in der Oblast Kursk eingesetzt werden. Stellungnahmen der genannten Staaten lagen zunächst nicht vor.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat indes angedeutet, die Erlaubnis für den Einsatz weitreichender Waffen gegen Russland erhalten zu haben. In den Medien kursierten entsprechende Berichte, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache. Doch Schläge würden nicht mit Worten geführt. "Solche Dinge werden nicht angekündigt. Die Raketen werden für sich selbst sprechen", sagte er.
- Erlaubnis der USA: Diese Ziele liegen jetzt in Reichweite der Ukraine
Den Insidern zufolge dürften die ersten Angriffe mit ATACMS-Raketen ausgeführt werden. Diese haben eine Reichweite von etwa 300 Kilometern. Die "New York Times" berichtete, die Entscheidung sei eine Reaktion auf den Einsatz nordkoreanischer Soldaten auf russischer Seite. Dieser überraschende Schritt der Regierung in Moskau hatte in den USA und der Ukraine Besorgnis ausgelöst.
Die Entscheidung der USA könnte in Deutschland kurz vor den erwarteten Neuwahlen die Debatte über eine Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine neu befeuern. Kanzler Olaf Scholz lehnt dies entschieden ab. Er hat erklärt, angesichts der Reichweite von 500 Kilometern müsse Deutschland die Kontrolle über die Zielführung behalten. "Wenn wir das täten, wären wir beteiligt an dem Krieg", sagte er etwa Ende April. Andere deutsche Spitzenpolitiker fordern jedoch ein Umschwenken. Der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz hat Zustimmung für eine Lieferung der Waffen signalisiert.
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat die Entscheidung der USA begrüßt. "Die USA tun, was moralisch und politisch richtig ist", schrieb er auf X. "Ein überfälliger Schritt, der der Ukraine endlich ermöglicht, sich gegen russische Waffen zu wehren, bevor diese Zivilisten in der Ukraine töten."
Kurz vor dem Bekanntwerden der US-Entscheidung am Sonntag sagte auch der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, er würde als Regierungschef die Marschflugkörper an die Ukraine liefern. In einer Umfrage Ende April lehnte eine Mehrheit der Deutschen die Lieferung dagegen ab.
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Entscheidung kurz bevor Trump die Macht übernimmt
Die Ukraine hatte seit Längerem darum gebeten, dass sie weitreichende Waffen aus US-Produktion auch gegen Ziele weit hinter der russischen Grenze einsetzen darf. Nur so könnten russische Militärflugplätze getroffen werden, von denen Kampfjets aufsteigen, um Gleitbomben abzuwerfen oder Raketen abzufeuern, lautete die Argumentation. Diese treffen große Städte wie Charkiw, aber auch ukrainische Schützengräben an der Front.
Bidens Entscheidung kommt etwa zwei Monate bevor sein designierter Nachfolger Donald Trump die Macht im Weißen Haus übernimmt. Es war zunächst unklar, ob dieser die Regelung fortführen würde. Auch prominente Mitglieder seiner republikanischen Partei haben gefordert, die Vorgaben für die Ukraine zu lockern.
Umstritten ist in den USA dabei, wie groß die Auswirkungen auf den Kriegsverlauf sein dürften. Die Ukraine hat zuletzt Geländeverluste hinnehmen müssen. Möglicherweise könnte die neue US-Regelung die Verhandlungsposition der Regierung in Kiew bei etwaigen Gesprächen über eine Waffenruhe stärken. Trump hat angekündigt, den Krieg schnell beenden zu wollen, jedoch zunächst keine Einzelheiten genannt.
- Nachrichtenagenturen Reuters und dpa
- X-Post von @n_roettgen