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Ukraine: "Nordkorea verpachtet Sklaven an Russland und China" – USA drohen


Krieg in der Ukraine
USA drohen Putin: "Werden in Leichensäcken zurückkehren"


31.10.2024 - 17:17 UhrLesedauer: 6 Min.
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Ein ukrainischer Soldat in der Ukraine: Die ukrainische Armee leidet zunehmend unter Personalproblemen.Vergrößern des Bildes
Ein ukrainischer Soldat in der Ukraine: Die ukrainische Armee leidet zunehmend unter Personalproblemen. (Quelle: Ivan Antypenko/reuters)

Die russische Armee rückt im Osten der Ukraine weiter vor, die Waffenhilfe Nordkoreas löst international Besorgnis aus. Russland hat sich im Ukrainekrieg Luft verschafft. Wie regiert nun der Westen?

Er gibt sich dieser Tage demonstrativ gelassen. Kreml-Chef Wladimir Putin inszenierte sich und Russland in der vergangenen Woche beim Brics-Treffen als Mittelpunkt einer neuen Weltordnung und genoss es sichtlich, dass sogar UN-Generalsekretär António Guterres ihm im russischen Kasan seine Aufwartung machte.

Putin ist aktuell kommunikativ wie selten, veranstaltet Pressekonferenzen, bei denen sogar westliche Journalisten zugelassen waren. Darin relativierte der russische Präsident seinen Angriffskrieg gegen die Ukraine und verspottete indirekt all die Mächte, die sich für einen Frieden einsetzen: "In Familien gibt es leider oft Zerwürfnisse, Skandale und Streit ums Eigentum. Mitunter kommt es dabei zur Prügelei." So beschrieb er einen Krieg, bei dem auf beiden Seiten bislang Zehntausende Menschen starben.

Russland gibt sich siegessicher. Das dient einerseits dazu, eigene Schwächen zu kaschieren, um international weiter an Rückhalt zu gewinnen (mehr dazu lesen Sie hier). Andererseits zeigt Putins Verhalten auch, dass er zumindest mittelfristig nicht über Frieden im Ukrainekrieg verhandeln will, solange er nicht anfängt zu verlieren. Und davon ist Russland aktuell weit entfernt.

Mit Blick auf die militärische Lage erleidet die russische Armee zwar weiterhin täglich hohe Verluste, aber Putin hat zuletzt wichtige Weichen gestellt, damit Russland diesen Krieg noch lange führen kann. Der Westen hingegen reagiert darauf mit einer aggressiveren Rhetorik – vor allem in den USA.

Russische Armee sucht Schlacht um Pokrowsk

Beide Seiten im Ukrainekrieg leiden aktuell an fehlender Ausrüstung und vor allem auch an fehlendem militärischen Gerät. Kiew ist auf die Unterstützung aus dem Westen angewiesen, die aktuell schleppend läuft, auch weil die Waffenlager vieler europäischer Staaten leer sind. Aber auch die russische Armee kämpft mit Problemen: In Videos in den sozialen Netzwerken ist zu sehen, wie russische Soldaten immer häufiger mit zivilen Autos oder Motorrädern angreifen. Auch Satellitenbilder von russischen Militärstützpunkten legen nahe, dass Moskau auf immer weniger Panzer und gepanzerte Fahrzeuge zurückgreifen kann.

Trotzdem kann die russische Armee langsam immer weiter vorrücken, verfügt trotzdem über mehr Feuerkraft als die ukrainische Gegenseite. Materialsorgen haben beide Seiten, doch Russland hat aktuell deutlich mehr Soldaten an der Front als die Ukraine. Und Putin scheint bereit, diese Kräfte auch noch längerfristiger zu verheizen.

Die Verluste sind auf russischer Seite zwar deutlich höher, aber die Lage für die Verteidiger wird trotzdem zunehmend dramatisch. Der Militärexperte Gustav Gressel sagte "ZDFheute live": "Die Ukraine ist weiterhin in der Defensive und die eingesetzten Brigaden sind extrem abgenutzt." Die Folge: Die Front wird immer löchriger, und der russischen Armee gelingt es, Durchbrüche zu erzielen und die ukrainischen Truppen an einigen Frontabschnitten zu flankieren. "Aber auch auf russischer Seite läuft das auch nicht glatt. Wir sind in einem Abnutzungskrieg, beiden Seiten geht es schlecht", erklärte Gressel. "Die Russen schaffen es nicht, Durchbrüche wirklich gut auszunutzen. Es geht nur sehr langsam voran und sie leiden zunehmend an Materialknappheit."

Diese Probleme wiegen für die Ukraine allerdings schwerer. Mittlerweile ist die russische Armee nur noch zehn Kilometer östlich von der ukrainischen Stadt Pokrowsk entfernt, einem wichtigen logistischen Knotenpunkt für die ukrainische Kriegslogistik im Donbass und dem zentralen Ziel der aktuellen russischen Offensive.

Doch hier droht der russischen Armee ein wahres Blutbad. Vor dem Krieg lebten im Ballungsraum von Pokrowsk und der Nachbarstadt Myrnohrad über 100.000 Menschen, und es ist nicht zu erwarten, dass die ukrainische Armee diese Städte kampflos aufgeben wird. Die Russen müssen also mit schweren Häuserkämpfen rechnen, auf einem urbanen Gelände, das noch größer ist als etwa Bachmut. Jene Stadt, die acht Monate umkämpft war und die in diesem Krieg oft als "Fleischwolf" betitelt wurde.

Angriff auf ukrainischen Festungsgürtel

Damit kommt die russische Armee immer weiter an die letzte gut ausgebaute Verteidigungslinie im Donbass heran. "Das Ziel der Russen in diesem Winter ist, im gesamten Ostabschnitt an diese Festungslinie Slowjansk, Kramatorsk und Pokrwsk heranzurücken, um dann die Schlachtung dieses Festungsgürtels zum großen Thema im nächsten Jahr zu machen", sagte Gressel. Momentan geht es für Russland nur langsam voran, aber es geht eben voran.

Eines liegt bei diesem Blick auf die militärische Lage auf der Hand: Der Bedarf an Soldaten, Munition und militärischem Gerät wird nicht weniger werden. Und dabei steht vor allem die Ukraine unter Zugzwang.

Denn Militärexperten sehen momentan vor allem ein deutliches personelles Übergewicht auf russischer Seite. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte noch im September angemahnt, dass es vielen schon ausgebildeten Brigaden vor allem an Ausrüstung fehle. Dennoch ist auch das Limit der ukrainischen Personaldecke erkennbar. Im Zuge des neuen Mobilisierungsgesetzes werden schon Männer eingezogen, die älter als 50 sind. Außerdem wird in der Ukraine diskutiert, dass bestimmte Berufsgruppen, die aktuell noch als systemkritisch für die ukrainische Wirtschaft gelten, nun doch für den Kriegsdienst eingezogen werden.

An dem personellen Ungleichgewicht werden diese Maßnahmen langfristig wahrscheinlich nichts ändern. Umso mehr müsste die ukrainische Armee eigentlich in puncto Ausrüstung und Feuerkraft überlegen sein, um ihre quantitativen Defizite in diesem Abnutzungskrieg ausgleichen zu können. Aber bei der Aufrüstung der Ukraine tun sich das westliche Bündnis und vor allem die USA schwer. Noch immer kommen keine moderneren Waffensysteme aus dem Westen, noch immer besteht die US-Regierung auf eine Reichenweitenbeschränkung ihrer Waffen, aus Sorge vor einer Eskalation des Krieges und einem Flächenbrand.

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Putin braucht nordkoreanische Soldaten

Dabei hat Wladimir Putin diese Eskalation bereits ausgelöst. Noch auf seiner Pressekonferenz im Zuge des Brics-Treffens in Kasan erinnerte Putin daran, dass sich Zehntausende Russen freiwillig zum Kriegsdienst gemeldet hätten. Aber trotz einer Teilmobilisierung und großer finanzieller Anreize scheinen sich eben nicht ausreichend Soldaten freiwillig zu melden, und aus innenpolitischen Gründen möchte Putin bisher auf eine weitere Mobilisierungswelle verzichten.

Deshalb setzt Russland nun auf Soldaten aus Nordkorea. Laut Angaben des Pentagon soll der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un bislang 10.000 Soldaten zur Ausbildung nach Russland geschickt haben. Diese sollen in der russischen Provinz Kursk eingesetzt werden, die immer noch teilweise von ukrainischen Truppen besetzt ist. Aber auch hier ist die Ukraine mittlerweile in die Defensive geraten, wenngleich Kiew das russische Staatsgebiet nicht so verbissen verteidigt wie das eigene.

Die nordkoreanischen Truppen können aber auch darüber hinaus zum Gamechanger werden. Laut Gressel braucht Russland dringend 30.000 Soldaten, um die eigenen hohen Verluste zu kompensieren, und das Zurückgreifen auf nordkoreanische Soldaten sei deshalb "naheliegend". Schon in den vergangenen Jahrzehnten hat die Kim-Diktatur Gastarbeiter in verbündete Länder geschickt, ihr Lohn ging größtenteils an das nordkoreanische Regime. "Nordkorea verpachtet Sklaven an Russland und China", sagte Gressel. Auch deswegen ist es aus nordkoreanischer und russischer Perspektive logisch, dass Kim nun auch Soldaten schickt.

Schließlich braucht Nordkorea dringend Devisen und hofft nun in Zukunft auf moderne russische Kriegstechnologie. Putin wiederum möchte weiteres Kanonenfutter für seinen Krieg und Artilleriemunition – beides kann Kim liefern. Putin hat Geld, braucht viele Soldaten. Kim braucht Geld, hat viele Soldaten. Somit profitieren beide Seiten von diesem Pakt der Autokraten. Aber er ist auch nicht ohne Risiko.

Sollte sich Kim Jong-un wirklich in den Krieg in Europa einschalten, wird das Südkorea und die USA auf den Plan rufen – und davon könnte Kiew profitieren. Die südkoreanische Regierung kündigte an, die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine zu prüfen. Zuvor hatte sie das ausgeschlossen, weil Putin damit drohte, in diesem Fall Nordkorea aufzurüsten. Und auch in den USA liegen die Nerven blank und US-Vertreter reagieren ungewöhnlich aggressiv.

Der US-Gesandte bei den Vereinten Nationen, Robert Wood, sagte am Mittwoch im UN-Sicherheitsrat: Sollten die Streitkräfte Pjöngjangs "zur Unterstützung Russlands in die Ukraine einmarschieren, werden sie mit Sicherheit in Leichensäcken zurückkehren." Das ist eine Ankündigung, die die US-Regierung in diesem Fall mit Maßnahmen unterfüttern müsste. Doch wie diese aussehen könnten, ließen die USA bislang offen. Aber die Drohung gegenüber Putin ist ausgesprochen, für den Fall, dass er Kims Soldaten in der Ukraine einsetzen möchte.

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