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Ukraine: Sinkende Moral und Desertionen belasten Armee


Probleme in ukrainischer Armee
"Sie kehren nie wieder zurück"

Von t-online
09.09.2024Lesedauer: 3 Min.
UKRAINE-CRISIS/POKROVSKVergrößern des BildesUkrainische Soldaten in Pokrowsk: Der Ort ist aktuell besonders umkämpft. (Quelle: Serhii Nuzhnenko/imago-images-bilder)

Die ukrainischen Soldaten kämpfen rund um die Uhr gegen Russland für ihr Land. Einem Bericht zufolge schwindet allerdings bei vielen Einheiten die Motivation.

Die ukrainische Armee hat offenbar an vielen Stellen mit einer sinkenden Moral ihrer eigenen Soldaten zu kämpfen. Das geht aus einem Bericht des US-Nachrichtensenders CNN hervor, für den der Sender mit sechs hochrangigen Soldaten sprach. Demnach seien Gehorsamsverweigerungen und Desertationen ein zunehmendes Problem, vor allem unter neuen Soldaten.

"Sie gehen einmal in die Stellungen und wenn sie überleben, kehren sie nie wieder zurück. Entweder verlassen sie ihre Stellungen, weigern sich, in den Kampf zu ziehen, oder sie versuchen, einen Weg zu finden, die Armee zu verlassen", sagte ein nicht namentlich genannter Kommandeur, der aktuell in der umkämpften Stadt Pokrowsk im Einsatz sei.

Russland zahlenmäßig im Vorteil

In dem Ort in der Region Donezk und entlang der Ostfront sei die Lage aktuell besonders prekär. Einige Soldaten gehen laut dem Bericht davon aus, dass die russische Armee dort aktuell zahlenmäßig im Verhältnis von 1:10 der Ukraine überlegen sei. Die Ukraine hatte im Frühjahr ein neues Mobilmachungsgesetz verhängt, um weitere Verstärkung beim Kampf gegen Russland zu erhalten. Mehr dazu lesen Sie hier.

Video | Russisches Treibstofflager in Brand – riesige Rauchsäule über Belgorod
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Quelle: t-online

Der Abfall der Moral sei allerdings schon früher eingetreten: Nachdem die Sommeroffensive der Ukraine 2023 gescheitert war, hatten die Armee im vergangenen Herbst und Winter mit Mangel an Waffen und Munition zu kämpfen. Oftmals hätten sich die ukrainischen Einheiten in guter Position befunden, konnten sich aber aufgrund der Engpässe nicht ausreichend gegen die russischen Soldaten wehren.

Keine Ablösung in Sicht

"Die Tage sind lang, sie leben in einem Unterstand, sind rund um die Uhr im Dienst, und wenn sie nicht schießen können, sind die Russen im Vorteil, sie hören sie vorrücken und wissen, dass es nicht passiert wäre, wenn sie geschossen hätten", sagt Andrii Horetskyi, ein ukrainischer Militäroffizier, dessen Einheit derzeit in Tschassiw Jar kämpft, einem weiteren Brennpunkt im Donbass.

Durch die Zunahme an Drohnenangriffen sei es zudem schwieriger geworden, die Soldaten an der Front regelmäßig zu wechseln, berichtet der Offizier Serhiy Tsehotskiy. Eigentlich versuche man, alle drei bis vier Tage die Einheiten abzulösen. Jetzt seien die Soldaten aufgrund der möglichen Beschüsse durch Drohnen häufig gezwungen, länger zu bleiben. "Der Rekord liegt bei 20 Tagen", sagte er.

Laut dem ukrainischen Parlament wurden 2024 bis April 19.000 Strafverfahren gegen ukrainische Soldaten eingeleitet, die ihre Posten verließen oder desertierten. Mehrere hochrangige Soldaten sagten CNN, dass man von einer hohen Dunkelziffer ausgehen müsse, da viele Fälle überhaupt nicht gemeldet würden. Viele Offiziere würden stattdessen hoffen, stattdessen ihre Leute freiwillig von einer Rückkehr überzeugen zu können. Angesichts dessen sei auch das ukrainische Gesetz geändert worden, wodurch ein erster Fall von Desertation nicht mehr strafrechtliche relevant sei.

"Ein mieser Ansatz"

Einige Probleme an der Ostfront seien allerdings auch hausgemacht: Dadurch, dass viele unterschiedliche Einheiten dort für die Ukraine kämpfen, soll es zu Kommunikationsproblemen zwischen den Einheiten kommen. Eigene ukrainische Störsender würden etwa dazu führen, dass eigene Drohnenstarts nicht wie geplant funktionierten.

Auch würden Einheiten von russischen Angriffen überrascht werden, weil an anderen Frontabschnitten ihre Kameraden abgerückt waren, ohne Bescheid zu geben. "Es hängt von jedem Kommandeur ab. Manche Einheiten werden abwechselnd eingesetzt und haben frei, während andere ununterbrochen kämpfen. Das ganze System ist nicht sehr fair“, sagte einer der Soldaten. "Nach drei Jahren dieses Krieges fühlt sich alles gleich an", sagte einer der Männer gegenüber CNN.

Dima, ein weiterer hochrangiger Soldat, hatte aufgrund seiner Erfahrungen an der Front seinen Job als Bataillonskommandeur gekündigt. Aktuell arbeitet er wieder für das Militär, allerdings in einem Büro in der Hauptstadt Kiew. Auch er hatte zuvor in Pokrowsk gekämpft. Grundsätzlich wolle er aber wieder an die Front, weil er mittlerweile seine Einstellung seinen Kameraden gegenüber geändert habe: "Ich habe jetzt die Entscheidung getroffen, dass ich mich nicht mehr emotional an Menschen binden werde. Das ist ein mieser Ansatz, aber der vernünftigste."

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