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Stirbt Kadyrow, droht Russland Chaos: Wie krank ist Tschetschenenführer?


Ist "Putins Bluthund" krank?
Dann könnte alles zusammenbrechen

Von t-online
18.09.2023Lesedauer: 4 Min.
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Ramsan Kadyrow: Der tschetschenische Diktator soll schwer krank sein. (Quelle: IMAGO/Tatyana Barybina)
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Tschetschenenpräsident Ramsan Kadyrow soll schwer krank sein. Seine Bedeutung für Putins Machtsystem ist enorm – sein Tod wäre für den Kreml ein Problem.

Ist Ramsan Kadyrow todkrank? Die Meldung des ukrainischen Militärgeheimdienstes (HUR) vergangene Woche, dass der Tschetschenenführer im Koma liege, hat weltweit für Wirbel gesorgt.

Womöglich, weil er die Gefahr eines solchen Gerüchts erkannte, sah sich Kadyrow am Sonntag dazu genötigt, ein Lebenszeichen ins Internet hochzuladen. In einem Video nannte er die Spekulationen über seine Gesundheit "Lügen", wirkte dabei aber geschwächt und nicht gerade überzeugend.

Klar ist: Kadyrow, Spitzname "Putins Bluthund", gilt als Statthalter Moskaus in der russischen Teilrepublik Tschetschenien und als enger Verbündeter Wladimir Putins. Sollte Kadyrow tatsächlich schwer krank oder gar dem Tod nahe sein, könnte das massive Auswirkungen auf Tschetschenien und Russland haben. Doch was ist dran an den Spekulationen um seine Gesundheit? Welche Folgen hätte sein Ableben für seine brutale Diktatur in Tschetschenien – und welche für Putins Russland? Der Überblick.

Ist Kadyrow wirklich schwer krank?

Zunächst: Über Kadyrows Gesundheitszustand gibt es keine gesicherten Angaben. Die Gerüchte über eine mögliche Krankheit des tschetschenischen Präsidenten stammen aus der Ukraine. Dort meldete der ukrainische Geheimdienst HUR, dass Kadyrow an einer Krankheit leide, die sich verschlimmert habe.

"Tatsächlich gibt es Informationen darüber, dass sich der Kriegsverbrecher Kadyrow in einem ernsten Zustand befindet – bestehende Krankheiten haben sich verschlimmert und einen ernsten Zustand verursacht", sagte der HUR-Vertreter Andriy Yusow der ukrainischen Zeitung "Obozrewatel" am Freitag. Der HUR beruft sich dabei auf Quellen "in medizinischen und politischen Kreisen". Es handle sich "nicht um Verletzungen", stellt Yusow klar, Kadyrow sei "seit Langem krank".

Auch von Exil-Tschetschenen wird seit einer Weile das Gerücht gestreut, Kadyrow habe eine schwere Krankheit. Die ukrainische Publikation "Obozrewatel" beruft sich auf Quellen in der tschetschenischen Diaspora, die behaupten, Kadyrow liege seit Tagen im Koma – allerdings ohne Belege dafür anzugeben.

Auch der bekannte russische Journalist und Moderator des mittlerweile geschlossenen Senders Radio Moskau, Alexei Wenediktow, spricht von einem Nierenversagen, weswegen Kadyrow regelmäßig eine Hämodialyse brauche, die er im Moskauer Zentralkrankenhaus erhalte. Vor dem Krankenhaus wurden zuletzt mehrere schwarze Autos mit tschetschenischen Kennzeichen gesichtet, wie russische Telegram-Kanäle berichten.

"Putins Bluthund" sendet Lebenszeichen

Kadyrow hat offenbar die Gefahr eines solchen Gerüchts gesehen und veröffentlichte am vergangenen Sonntag ein Video, in dem er die Behauptungen über seinen Gesundheitszustand zurückwies. Er rate allen, "die im Internet nicht zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden können, frische Luft zu schnappen und ihre Gedanken zu ordnen".

Video | Putins Bluthund Kadyrow meldet sich mit Video
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Quelle: t-online

Das Video zeigt den 46-Jährigen auf einem Spazierweg. Er trägt eine schwarze Regenjacke, lächelt gequält und sieht geschwächt aus. Ob der äußerliche Eindruck ein Hinweis auf seinen Gesundheitszustand ist, lässt sich nur vermuten. Kadyrow scheint sich dessen jedoch bewusst zu sein, er versucht, den Gerüchten entgegenzuwirken: "Der Regen ist wunderbar belebend", so der Tschetschenenführer im Video.

Sollte der Clip tatsächlich vom Sonntag stammen, wäre zumindest die Behauptung von Exil-Tschetschenen widerlegt, Kadyrow liege im Koma. Spekulationen über eine mögliche Krankheit dürfte das Video nicht beenden.

Wie wichtig ist Kadyrow für Putin?

Ramsan Kadyrow ist als Präsident von Tschetschenien ein fester Bestandteil des russischen Machtapparats. Seit seiner Amtseinführung 2007 verwandelte er die russische Teilrepublik in eine Diktatur von Moskaus Gnaden, die Dissidenten mit äußerster Brutalität verfolgt, auch im Ausland. Kadyrow gilt als außerordentlich loyal gegenüber Kremlchef Wladimir Putin – und ist damit ein Garant für Stabilität in der Region.

Noch in den 90er- und 2000er-Jahren war Tschetschenien aus Moskauer Sicht ein Unruheherd, als sich nach dem Ende der Sowjetunion tschetschenische Separatisten von Russland abspalten wollten. Der damals neue Präsident Russlands, Wladimir Putin, ließ die Separatisten im Zweiten Tschetschenienkrieg (1999 bis 2009) brutal bekämpfen und installierte zunächst Achmat Kadyrow, später seinen Sohn Ramsan als neue Machthaber. In einer Rede auf einer russischen Militärbasis in Tschetschenien lobte Putin die Soldaten dafür, dass sie den "Zerfall Russlands" stoppten.

Kadyrow verdankt seine Macht zwar ausschließlich Putin, wie etwa die Politikwissenschaftlerin Miriam Katharina Heß von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in einem t-online-Interview im vergangenen Jahr sagte. Doch die Abhängigkeit geht auch in die andere Richtung: Seit Kadyrow – mit Moskaus Hilfe – aus Tschetschenien einen diktatorischen Überwachungsstaat gemacht hat, ist dort Ruhe eingekehrt. Die tschetschenischen Rebellen sind ins Ausland geflüchtet oder bekämpfen an der Seite Kiews im Ukraine-Krieg russische Truppen (hier lesen Sie mehr dazu).

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Droht in Russland Chaos?

Sollte Kadyrow wirklich schwer krank und vielleicht sogar bald tot oder regierungsunfähig sein, könnte es die Machtverhältnisse in Tschetschenien ins Wanken bringen. Kadyrow hatte seinen Machtapparat stark auf sich persönlich zugeschnitten, etablierte regelrecht einen Personenkult um sich. Sollte er nicht mehr an der Spitze der Regierung stehen, droht auch das komplette Macht- und Kontrollsystem zu bröckeln.

Auch Kadyrows Feinde im In- und Ausland warten nur auf den Moment, wo Kadyrow Schwäche zeigt oder von der Bildfläche verschwindet. Etwa der Kommandeur des tschetschenischen Scheich-Mansour-Bataillons, Muslim Tscheberlojewskij, der in einem Gespräch mit t-online im Mai 2022 Kadyrow einen Verräter nannte und ankündigte, Tschetschenien von dessen Machtclique zu befreien.

Auch für Wladimir Putin dürfte ein mögliches Ableben Kadyrows riskant sein. Die "anhaltende Sorge" im russischen Informationsraum über Kadyrows Gesundheit zeige, wie abhängig der Kremlchef von Kadyrow für die Stabilität in Tschetschenien sei, schreibt die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) am Sonntag. "Die Destabilisierung von Kadyrows Herrschaft in Tschetschenien wäre ein schwerer Schlag für Putins Regime", da ein durch Gewalt befriedetes Tschetschenien damals Putins Aufstieg zum populären Präsidenten markiert habe.

Laut der US-Denkfabrik befürchten die Behörden in Moskau und Grosny zudem, dass die Gerüchte über Kadyrows Gesundheitszustand dessen Kontrolle über Tschetschenien infrage stellen könnte. Sollte es nach langen Jahren der Stabilität wieder zu Unruhen in Tschetschenien kommen, könnte der "Zerfall Russlands", den Putin damals bei seinem Truppenbesuch beklagte, plötzlich wieder ein Thema werden.

Verwendete Quellen
  • dagbladet.no: Spekulasjonene raser: Stor aktivitet ved sykehus (norwegisch)
  • Telegram-Kanal VChK-OGPU
  • Twitter-Profil von Alexei Wenediktow
  • understandingwar.org: RUSSIAN OFFENSIVE CAMPAIGN ASSESSMENT, SEPTEMBER 17, 2023 (englisch)
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