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Putin baut Waffe: Kamikaze-Strategie geht in die nächste Phase


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Kampfdrohnen Marke Eigenbau
Putins Kamikaze-Strategie geht in die nächste Phase


Aktualisiert am 24.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Wladimir Putin: Bislang war Russland auf Lieferungen der iranischen Kamikaze-Waffe angewiesen, das soll sich umgehend ändern.Vergrößern des Bildes
Wladimir Putin: Bislang war Russland auf Lieferungen der iranischen Kamikaze-Waffe angewiesen, das soll sich umgehend ändern. (Quelle: Mikhail Klimentyev/imago-images-bilder)
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Der Kreml terrorisiert die Bevölkerung der Ukraine immer stärker mit selbstzerstörenden Flugwaffen. Eines der tödlichsten Modelle könnte Russland bald sogar selbst produzieren.

500 Kilometer östlich von Moskau ist Russlands Traum zum Greifen nah: In der Sonderwirtschaftszone Jelabuga scheint die industrielle Produktion von Kampfdrohnen angelaufen zu sein. Waren hier in Tartastan bisher Studierende angeworben worden, um unter widrigen Bedingungen iranische Drohnenbauteile zusammenzusetzen (t-online berichtete), steht dort inzwischen die erste eigene Kampfdrohnenfabrik des Landes. Trotz einiger Verzögerung sind die Fließbänder wohl auch bereits in Betrieb, wie eine Recherche der "Washington Post" ergeben hat.

Unter Berufung auf geleakte Korrespondenz zwischen der russischen Firma Alabuga und dem Iran beschreibt die Zeitung den Fortschritt vor Ort als "kontinuierlich". Das Ziel: Drohnen vom Typ Shahed-136 vollständig in Russland herzustellen, statt die Waffen und deren Einzelteile weiter aus Teheran einzukaufen.

Video | Kamikaze-Drohne hat entscheidenden Vorteil
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Quelle: t-online
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Iranische Drohnen schaffen 2.500 Kilometer

Trotz der zahlreichen russischen Drohnenangriffe auf Wohnhäuser, Restaurants und Krankenhäuser in der Ukraine galt bisher nämlich: Die iranischen Shahed-Drohnen können zwar mehr als 2.500 Kilometer überbrücken, haben die russische Armee aber in eine Abhängigkeit gestürzt. 400 Stück hatten die Truppen bis zum Frühsommer bereits verschossen, es musste nachbestellt werden. Die US-Regierung wertete Moskaus aufkeimende Dauerkundschaft im Iran als Akt der Verzweiflung. Russland will mit der Fabrik in Jelabuga etwas entgegensetzen.

Statt hier die inländisch entwickelten Lancet-Drohnen zu bauen, die Russland wegen ihrer eher kurzen Reichweite von 40 Kilometern vor allem an der Front einsetzt, hat man auf halbem Weg zwischen Moskau und Omsk eine Art Shahed-Franchise gestartet. Sinngemäß: eine Franchise-Filiale für Kampfdrohnen – das Rezept, hier der Bauplan, wird eingekauft, die Produktion läuft in Eigenregie.

Startschwierigkeiten und Verspätungen

Laut den durchgesickerten Informationen aus den geleakten Unterlagen müsste sich die Fabrik inzwischen in der zweiten von insgesamt drei Phasen befinden: Nach einem Start Anfang 2022 mit kompletten Drohnenbausätzen aus Teheran sollen spätestens seit Anfang Juli nur noch die Motoren und die Elektronik zugeliefert werden, die Flugkörper will man selbst bauen. Ab Beginn des kommenden Jahres ist dann vorgesehen, nahezu alle Bauteile aus Russland zu beziehen beziehungsweise heimisch herzustellen.

Ab Sommer 2025 sollen dort dann jährlich 6.000 Shahed-Drohnen aus eigener Produktion vom Band laufen. Die Leaks und die Aussagen des beteiligten Informanten der "Washington Post" deuten allerdings auf einige Schwierigkeiten hin.

So soll beispielsweise ein Viertel einer Bausatzlieferung kaputt gewesen sein, immer wieder sollen technische Bauanleitungen gefehlt haben. Zahlreiche Positionen für hoch ausgebildete Fachkräfte, unter anderem Spezialisten für elektronische Kampfführungssysteme, hätten bisher nicht besetzt werden können. Den Mitarbeitern von Alabuga habe es anfangs außerdem an jeglicher Montagevorrichtung gemangelt, sodass sie wohl versuchen mussten, die Kampfdrohnen auf dem Fabrikfußboden zusammenzusetzen.

Um trotz fortlaufender Probleme gut dazustehen, hätten hochrangige Führungskräfte der Firma wochenlang immer wieder Montagestationen fingiert: Tische, Werkzeuge und Drohnenbauteile seien zu Fotokulissen arrangiert worden, um überzeugende Aufnahmen nach Moskau schicken zu können, so die Quelle.

Selbst die Anlieferung der Drohnen-Kits ist in den ersten Monaten laut der Quelle chaotisch gelaufen: Teils seien die Transportflugzeuge aus dem Iran mit so wenig Vorwarnung in Russland gelandet, dass man bei Alabuga nicht einmal passende Gabelstapler verfügbar hatte, um dann die Lkw der angeheuerten Logistikfirma zu entladen. Experten des US-Instituts für Wissenschaft und Internationale Sicherheit gaben auf Anfrage der "Washington Post" an, dass der geplante Ablauf bisher um mindestens einen Monat in Verzug sein dürfte.

Weiterentwicklung für Schwarmangriffe

Dabei übersteigen die Ambitionen der Russen allem Anschein nach sogar das, was die Iraner ihnen bisher zur Verfügung gestellt haben. Laut den Dokumenten, die der "Washington Post" vorliegen, halten die beauftragten Ingenieure die Produktionsverfahren der bisherigen Zulieferer für veraltet. Sie wollen diese verbessern, schärfere Qualitätskontrollen einführen und sogar die Fähigkeiten der Drohnen ausbauen. Unter anderem sei vorgesehen, die Software so weiterzuentwickeln, dass die Waffen sich selbstständig untereinander für einen Schwarmangriff auf ein bestimmtes Ziel koordinieren können.

"Alabuga scheint eine Drohnenentwicklungskapazität anzustreben, die jene des Irans übertrifft", schätzt der ehemalige UN-Waffeninspektor David Albright, der die Unterlagen für die Zeitung analysiert hat. Er und seine Kollegin Sarah Burkhard gehen davon aus, dass es sich bei den Leaks um authentische Dokumente handelt. Deren Bekanntwerden dürfte dem Iran jedoch ziemliche Schwierigkeiten bereiten, so Albright. Bisher hatte das Land fest behauptet, Russland in keinster Weise dabei zu unterstützen, eine eigene Drohnenproduktion aufzubauen. Auch der Kreml bestreitet dies.

Immerhin finanziell dürfte sich der Deal für das – ebenso wie Russland von Sanktionen gebeutelte – Regime in Teheran gelohnt haben. Ein Dokument aus dem Februar, das ebenfalls durchgestochen wurde, beziffert die Kosten eines Teils des Alabuga-Projekts auf 151 Milliarden Rubel, was zum damaligen Wechselkurs mehr als zwei Milliarden US-Dollar entspricht. Mehr als die Hälfte dieser Summe soll an den Iran gehen, wie dem Informanten zufolge in früheren Absprachen vereinbart worden sei. Und zwar in Dollar oder Goldbarren – die Schwankungen des Rubelkurses seien der Führung in Teheran zu riskant gewesen.

Der Ukraine würde die eigenständige russische Produktion von Shahed-Drohnen wohl große Probleme bereiten. Sollte es der vom Kreml beauftragten Firma tatsächlich gelingen, im Laufe der kommenden Monate Hunderte der Waffen pro Monat selbst zu produzieren, wäre eine der bislang größten Schwachstellen seiner Truppen geheilt: Schwieriger Munitionsnachschub wäre wohl kaum noch ein Thema. Den Ukrainern dürfte es in diesem Fall noch deutlich schwerer fallen, besetzte Gebiete zurückzuerobern. Und Russland könnte die Oberhand im sich zuspitzenden Drohnen-Krieg gewinnen.

Verwendete Quellen
  • washingtonpost.com: "Inside the Russian effort to build 6,000 attack drones with Iran’s help"
  • nytimes.com: "Iran Ramps Up Drone Exports, Signaling Global Ambitions"
  • rnd.de: "Washington: Russland plant erneuten Kauf iranischer Kampfdrohnen"
  • mil.in.ua: "ZALA Lancet: engagement and countereffort"
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