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Kachowka-Staudamm: Druck auf Russland wächst – neue Hinweise zur Explosion


Mutmaßliche Dammsprenger
"Wir kehren sogar aus der Hölle zurück"

Von t-online, cry

Aktualisiert am 30.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Ein Offizier eines russischen "Investigativkommittees" vor dem überfluteten Wasserkraftwerk in Kachowka: Eine tatsächliche Untersuchung des Vorfalls hat der Kreml untersagt. Auch UN-Inspekteure durften bisher nicht auf das Staudamm-Gelände.Vergrößern des Bildes
Ein Offizier eines russischen "Investigativkommittees" vor dem überfluteten Wasserkraftwerk in Kachowka: Eine tatsächliche Untersuchung des Vorfalls hat der Kreml untersagt. Auch UN-Inspekteure durften bisher nicht auf das Staudamm-Gelände. (Quelle: IMAGO/Russian Investigative Committee)

Noch immer streitet der Kreml jede Verbindung zum Bruch des Staudamms ab. Neue Hinweise für eine Sprengung könnten die russische Armee jetzt unter Druck setzen.

Russische Soldaten der 205. Schützenbrigade sollen Anfang Juni den Kachowka-Staudamm nahe Cherson auf Befehl gesprengt haben. Das berichten investigative Journalisten des osteuropäischen Senders Radio Liberty und des Rechercheprojekts "Slidstvo.info". Ihre Erkenntnisse stammen aus Gesprächsmitschnitten, die wiedergeben sollen, wie sich russische Soldaten innerhalb der Staudamm-Anlage in der Nacht der Überflutung panisch mit ihren Vorgesetzten austauschten.

Wenige Minuten, nachdem Anwohner am frühen Morgen des 6. Juni erstmals von explosionsartigen Geräuschen berichtet hatten, soll es dabei zu folgenden Aussagen gekommen sein:

02.20 Uhr: Wie ist die Lage? Ist alles in Ordnung? Standby, bereit, alles auf Befehl!

02.20 Uhr: Jetzt haben wir's, es kann losgehen.

02.21 Uhr: Ok, verstanden. Kommen Sie dann raus zum Treffpunkt und nehmen Sie alles mit.

02.21 Uhr: Wir können hier nichts mitnehmen.

02.30 Uhr: Notfall! Der Fluchtweg ist versperrt, hier ist alles voll Wasser.

02.34 Uhr: Gehen Sie dorthin, wo Sie abgesetzt wurden.

02.34: Wir können nicht mehr raus, alles ist überflutet.

Die Journalisten nennen außerdem die Namen einiger russischer Soldaten, die an der Stellung am Staudamm eingesetzt gewesen sein sollen. Laut dem Bericht haben sie hierzu Personen in russischen Propagandavideos auf dem Gelände des Staudamms identifiziert und diese mit Profilbildern in den sozialen Medien abgeglichen.

Ihre Truppe, die 205. Schützenbrigade, soll einem Papier des ukrainischen Militärgeheimdienstes zufolge rund 400 Soldaten umfassen und inzwischen von Oberst Roman Titov kommandiert werden. Titov soll "wegen Machtmissbrauchs unter Einsatz von Gewalt und Waffen" vorbestraft sein. Eine Schlüsselrolle in der angeblichen Sprengung des Staudamms konnte ihm bisher nicht nachgewiesen werden.

Für die Journalisten deutet der Sprachmitschnitt "Alles auf Befehl" jedoch darauf hin, dass das Kommando zur Sprengung von Titov gekommen sein müsse. Auch jetzt soll sich die 205. Brigade weiterhin unmittelbar in der Nähe des Staudamms in der Stadt Nowa Kachowka befinden.

Zuvor sollen die Einheiten bereits in der seit 2014 von Russland besetzten Ostukraine sowie im Tschetschenienkrieg aktiv gewesen sein. "Wir werden sogar aus der Hölle zurückkehren", gilt als das Motto der Truppe. Seit den ersten Tagen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sind der Staudamm und das dazugehörige Wasserkraftwerk unter der Kontrolle von Kreml-Truppen gewesen.

"Russisches Kriegsverbrechen"

Der Staudamm war am 6. Juni gebrochen, wodurch es zu großflächigen Überschwemmungen im Süden der Ukraine kam. Sowohl die russisch besetzte linke Flussseite des Dnipro als auch die ukrainisch kontrollierten Gebiete rechts des Flusses waren betroffen: Mehr als 60 Menschen kamen in den Fluten ums Leben, Dutzende gelten weiterhin als vermisst. Nach Angaben des ukrainischen Botschafters in Deutschland, Oleksii Makeiev, belaufen sich die Wiederaufbaukosten in der Region Cherson allein in diesem Jahr auf rund 13 Milliarden Euro.

Video | Nach Dammbruch: Reservoir fast trocken
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Quelle: t-online

Bereits einen Tag nach dem Dammbruch sprach der ukrainische Generalstab von einer gezielten Sprengung des Staudamms, bei der es sich um ein "russisches Kriegsverbrechen" handele. Moskau bestreitet dies weiterhin und sieht die ukrainische Armee in der Schuld. Erst Ende Mai hatte der Kreml seine Behörden angewiesen, mögliche Unfälle in Wasserwerken nicht mehr zu untersuchen.

"Bis zum 1. Januar 2028 werden keine technischen Untersuchungen von Unfällen in explosionsgefährdeten Produktionsanlagen und von Unfällen in wasserwirtschaftlichen Anlagen durchgeführt, die sich infolge von militärischen Operationen, Sabotageakten und Terroranschlägen ereignet haben", zitiert die ukrainische Tageszeitung "Pravda" aus dem Dokument.

Bereits rund sieben Monate vor der Flutkatastrophe hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj dem Kreml vorgeworfen, den Staudamm vermint zu haben. "Unseren Informationen zufolge wurden die Aggregate und der Damm des Wasserkraftwerks Kachowka von russischen Terroristen vermint", hatte Selenskyj damals in einer Videobotschaft gesagt.

Verwendete Quellen
  • radiosvoboda.org: ""В готовности! Всё по команде!". Ідентифіковані армійці РФ, які контролювали Каховську ГЕС. Ексклюзивні перехоплення
  • "tagesschau.de: "Milliardenschäden und große Sorgen"
  • tagesschau.de: "Selenskyj wirft Russland Staudamm-Verminung vor"
  • pravda.com.ua: "Russia decided accidents at hazardous facilities would not be investigated shortly before blowing up Kakhovka Hydroelectric Power Plant"
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