Teilnahme an russischer Feier Klitschko über Schröder: "Ich empfinde das nur noch als ekelhaft"
Gerhard Schröder feierte den "Tag des Sieges" in der russischen Botschaft in Berlin – zusammen mit AfD und Linken. Die Entrüstung über die Teilnahme ist groß.
Wladimir Klitschko hat die Teilnahme von Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) an einem Empfang der russischen Botschaft in Berlin zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland scharf kritisiert. "Gerhard Schröder zeigt mit seinem Besuch bei der Feier in der russischen Botschaft, dass er den verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine auch persönlich unterstützt", sagte der ehemalige ukrainische Boxweltmeister der "Bild". Schröder verletze damit alle Werte, für die Deutschland und der Westen stünden.
"Wie kann ein deutscher Altkanzler so tief sinken und gemeinsam mit Russen feiern, die uns Ukrainer umbringen, die unsere Infrastruktur zerstören, die uns auslöschen wollen?", fragte Klitschko. "Ich empfinde das nur noch als ekelhaft."
Schröder hatte Berichten zufolge gemeinsam mit seiner Ehefrau So-yeon Schröder-Kim an der Veranstaltung teilgenommen. Er reagierte jedoch nicht auf Anfragen.
"Diesen Dialog sollte man in Krisenzeiten nicht abreißen lassen"
Zuvor hatte die "Berliner Zeitung" über den Empfang am Dienstag berichtet, an dem viele andere deutsche Politiker aber aus Protest gegen den russischen Krieg gegen die Ukraine nicht teilgenommen hätten. Unter den weiteren Teilnehmern waren allerdings AfD-Chef Tino Chrupalla und der Linken-Politiker Klaus Ernst.
Chrupalla sagte der Deutschen Presse-Agentur in Berlin am Mittwoch: "Ja, ich war gemeinsam mit Alexander Gauland, wie sicherlich alle Fraktionsvorsitzenden, zum Empfang in die Russische Botschaft eingeladen." Der 9. Mai sei bis vor kurzem ein Gedenktag gewesen, "an dem deutsche Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien selbstverständlich teilnahmen", führte der AfD-Politiker aus. "Diesen Dialog sollte man in Krisenzeiten nicht abreißen lassen." Aussöhnung sei gerade an solchen historisch bedeutsamen Tagen wichtig. "Dabei war es mir wichtig, die deutsche Sicht auf Geschichte und Gegenwart selbstbewusst darzulegen", sagte Chrupalla, der gemeinsam mit Alice Weidel an der Spitze der Partei und der AfD-Bundestagsfraktion steht.
Chrupalla hatte im März in einer Bundestagsdebatte gesagt: "Aus diesem Krieg geht die Ukraine genauso als Verlierer hervor wie Russland. Es gibt wieder nur einen Gewinner, und dieser Gewinner, der heißt USA."
"Es lässt mich voller Unverständnis zurück"
Die Bundesregierung wollte sich zur Teilnahme deutscher Politiker an dem Empfang nicht äußern. Man sehe keinen Anlass, dies zu kommentieren, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Fraktionschefs von SPD, FDP und Grünen waren nach Angaben ihrer Fraktionen nicht eingeladen.
Neben Klitschko kritisierten auch viele Politikerinnen und Politiker Schröders, Chrupallas und Ernsts Teilnahme an dem Empfang. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Fraktion, Katja Mast, sagte: "Es lässt mich voller Unverständnis zurück."
FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der dpa: "Russland begeht seit über einem Jahr schwere Kriegsverbrechen in der Ukraine. Jeden Tag sterben dort Menschen durch Raketenangriffe. Es ist völlig unangemessen, ein Fest der russischen Botschaft zu besuchen, und ich finde es gut, dass die Botschafter der westlichen Länder hier ein klares Zeichen gesetzt haben." Es wundere ihn nicht, dass das Vertreter der AfD nicht interessiere. "Aber von der Linkspartei hätte ich mehr erwartet", fügte Dürr hinzu.
"Trotz der komplizierten Situation wegen des Krieges" gekommen
Der ehemalige Parteivorsitzende der Linken, Ernst, verteidigte seine Teilnahme. Der "Berliner Zeitung" sagte er, er sei "trotz der komplizierten Situation wegen des Krieges" gekommen, weil "Russland entscheidenden Anteil an der Niederwerfung des Faschismus" gehabt habe. Ernst, der den Bundestagsausschuss für Klimaschutz und Energie leitet, hatte vor wenigen Wochen ein Ende der Wirtschaftssanktionen gegen Russland gefordert, "weil sie im Ergebnis gegen die eigene Bevölkerung und gegen die eigene Industrie gerichtet sind".
Zu dem Empfang waren nach Angaben der Botschaft unter anderem Vertreter von GUS-Mitgliedstaaten und "freundlicher Länder" Asiens und Afrikas sowie Veteranen, Vertreter der Russisch-Orthodoxen Kirche und der deutschen Öffentlichkeit gekommen. Der russische Botschafter Sergej Netschajew verwies in seiner Rede darauf, dass die "Todesmaschinerie" der Deutschen 27 Millionen Sowjetbürger das Leben gekostet habe.
Er beklagte laut Redetext auf der Webseite der Botschaft, es werde "verstärkt versucht, die Geschichte zugunsten der aktuellen politischen Konjunktur zu verdrehen, Opfer und Henker sowie Sieger und Besiegte gleichzusetzen". "Dem Nazismus darf keine einzige Chance aufs Wiederaufleben gegeben werden, auch nicht als Russophobie", sagte Netschajew demnach.
- Nachrichtenagentur dpa
- bild.de: "Schröder 'nur noch ekelhaft'"