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Ukraine-Krieg: Scharfe Kritik an Bundeswehrgeneral Eberhard Zorn


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Äußerungen über Russland
"Bizarr": Bundeswehrgeneral sorgt international für Kopfschütteln


Aktualisiert am 15.09.2022Lesedauer: 3 Min.
GERMANY-MILITARY/Vergrößern des Bildes
Eberhard Zorn, Generalinspekteur der Bundeswehr: "Die Fähigkeiten hätte Putin". (Quelle: MICHELE TANTUSSI)

Der Generalinspekteur der Bundeswehr warnt vor einer zweiten russischen Front in Europa. Internationale Experten zeigen sich irritiert.

Mit Äußerungen zum Ukraine-Krieg zieht der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, international Kritik auf sich. "Eine erschreckend dürftige Analyse der russischen Fähigkeiten, die leider beispielhaft für viele Entscheidungsträger in Deutschland steht", schrieb etwa der frühere Kommandeur der US-Truppen in Europa, Ben Hodges, in Reaktion auf die kursierenden Aussagen.

In einem "Focus"-Interview sprach sich Zorn gegen weitere Waffenlieferungen der Bundesrepublik an die Ukraine aus und warnt davor, dass Russland in Europa einen weiteren Krieg vom Zaun brechen könnte. In der Vorabmeldung des Interviews, das am Samstag erscheinen soll, nannte Zorn auch mögliche russische Angriffsziele.

"Kaliningrad, die Ostsee, die finnische Grenze, Georgien, Moldau … es gibt viele Möglichkeiten", so Zorn. "Die Fähigkeiten hätte Putin. Auch wenn etwa 60 Prozent seiner Landstreitkräfte im Ukraine-Krieg gebunden sind, verfügen die Landstreitkräfte sowie vor allem die russische Marine und Luftwaffe noch über ungebundene Kapazitäten. Würde Putin eine Generalmobilmachung anordnen, hätte er auch keine Personalprobleme." In den jüngsten Geländegewinnen der Ukrainer will Zorn dagegen "keine echte Gegenoffensive" erkennen, sondern allenfalls "Gegenstöße, mit denen man Orte oder einzelne Frontabschnitte zurückgewinnen kann".

"Eine erschreckend dürftige Analyse"

Eine englische Version der Vorabmeldung kursierte am Donnerstag auch auf Twitter und löste dort viel Widerspruch gegen die Äußerungen des Bundeswehrgenerals aus. Ex-US-Kommandeur Hodges widersprach Zorn deutlich: "Finnland allein würde die russischen Truppen schlagen. Litauen und Polen würden Kaliningrad innerhalb von einer Woche komplett einnehmen und die russische Marine versteckt sich hinter der Krim, obwohl die Ukraine nicht mal eine Marine hat."

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Ähnlich reagierte der Militärexperte Gustav Gressel vom European Council on Foreign Relations auf das Zorn-Interview. "Das Vertrauen in Deutschland ist ohnehin nicht sehr groß, um es vorsichtig auszudrücken", schrieb Gressel auf Twitter. "Ich verstehe nicht, warum die Deutschen es noch schlimmer machen." Der britische Kriegsforscher und Experte für die russische Armee, Rob Lee, nennt die Äußerungen Zorns "wirklich bizarr" und rechnet vor, wie begrenzt die Kräfte des Kremls tatsächlich sind.

Ukrainer befreien 150.000 Menschen

"Russland hatte schon im April etwa 85 Prozent seiner Kampfeinheiten im Feld, inklusive Marine und Luftlandetruppen. Diese Einheiten haben schwere Verluste erlitten, die russische Armee ist seitdem auf Freiwillige und Reservisten angewiesen", schreibt Lee auf Twitter. "Der allergrößte Teil der russischen Truppen steht für Aktionen außerhalb der Ukraine also gar nicht zur Verfügung." Die Äußerung Zorns sei auch politisch nicht logisch, so Lee: "Warum sollte Russland 40 Prozent seiner Streitkräfte zurückhalten, während die Ukraine an zwei Fronten angreift?"

Nach monatelangen Vorbereitungen hat die ukrainische Armee kürzlich Offensiven bei Cherson in der Südukraine und bei Charkiw im Nordosten des Landes gestartet. In der Region Charkiw haben die Ukrainer dabei nach eigenen Angaben innerhalb weniger Tage 300 Orte und etwa 150.000 Menschen von der russischen Besatzung befreit. Auch aus dem Süden meldet Kiew Gebietsgewinne, wenn auch langsamer als im Nordosten. In Vorbereitung auf die ukrainischen Angriffe hatte die russische Armee ihre Kräfte im Süden verstärkt und dabei ihre Linien bei Charkiw geschwächt. In den befreiten Gebieten gibt es schon jetzt viele Hinweise auf russische Kriegsverbrechen.

Die jüngsten Erfolge der Ukrainer haben auch die Debatte über deutsche Waffenlieferungen neu angeheizt. Gerade jetzt sei dringender denn je geboten, die Ukraine mit Kampfpanzern wie dem Leopard 2, gepanzerten Truppentransportern und Schützenpanzern wie dem Marder zu beliefern, argumentieren Befürworter wie die FDP-Rüstungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Am Donnerstag kündigte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) die Lieferung weiterer Mehrfachraketenwerfer und Truppentransporter an die Ukraine an.

Verwendete Quellen
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