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Bauernprotest gegen die Ampelkoalition: "Die Wut wirkt"


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Tagesanbruch
Die Wut wirkt

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 13.01.2024Lesedauer: 3 Min.
Kanzler Olaf Scholz steht gewaltig unter Druck.Vergrößern des Bildes
Kanzler Olaf Scholz steht gewaltig unter Druck. (Quelle: Patrick Pleul/dpa)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es wirkt so, als gelte für die Ampelparteien ein verschärftes Schwerkraftgesetz. SPD, Grüne und FDP stürzen so rasant in der Wählergunst ab, als würden sie von einem riesigen Magneten im Erdinneren angezogen. Besonders hart trifft es die Kanzlerpartei: Im neuen ZDF-"Politbarometer" liegt die SPD nur noch bei 13 Prozent. In Sachsen, wo im Herbst gewählt wird, sind es gerade mal noch sieben Prozent, in Thüringen neun. Nur in Brandenburg steht SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke mit 22 Prozent ganz passabel da.

Durchgerüttelt vom Krisensturm nach Putins Angriffskrieg, gezeichnet von handwerklichen Fehlern beim Gesetzeschmieden und beschädigt vom koalitionsinternen Dauerzoff, ist die führende Regierungspartei mit einem Alptraumstart ins neue Jahr geschlittert. Nun bläst ihr der Proteststurm um die Ohren, immer mehr Menschen machen ihrem Ärger über die Ampelentscheidungen und den führungsschwachen Kanzler Luft. Als "Staatsmännchen" habe ich Olaf Scholz vor zwei Jahren tituliert, weil es ihm nicht gelang, während der Corona-Hochphase Klartext zu reden. Damals erntete ich einigen Widerspruch von SPD-Anhängern. Ich ahne: Der fiele nun geringer aus.

Die Wut vieler Menschen, die sich nun zu den Bauern gesellen, kommt nicht von ungefähr. Teils wirkt sie berechtigt, teils übertrieben oder sogar inszeniert. Man muss da differenzieren. Vor allem aber sollte man als verantwortlicher Politiker empathisch und glaubwürdig darauf antworten, statt sich hinter Floskeln zu verstecken.

Kann Olaf Scholz das wirklich nicht? Ich habe ihn in den vergangenen Jahren in unterschiedlichen Situationen erlebt und mich dabei immer wieder bei dem Gedanken ertappt, dass es in Wahrheit gar nicht nur einen Olaf Scholz gibt. Sondern mehrere. Da gibt es den Mann, der in Reden und Interviews so lange bürokratische Schachtelsätze aneinanderreiht, bis auch der letzte Zuhörer abgeschaltet hat. Es gibt den Mann, dem das Gespür für Stimmungen und für die Folgen seiner Entscheidungen für andere Menschen zu fehlen scheint. Der sich selbst für oberschlau hält und das seine Umgebung gerne wissen lässt. Sogar seine Mitarbeiter mokieren sich gelegentlich über diesen Hang ihres Chefs.

Es gibt aber auch den Olaf Scholz, der während des letzten Bundestagswahlkampfs auf Marktplätzen flammende Reden hielt. Der Putin-Fans rhetorisch zeigte, was eine Harke ist. Es gibt den Kanzler, der nachts um 1 Uhr nach einem anstrengenden Gipfeltreffen im kleinen Kreis bei einem Glas Rotwein anschaulich erklärt, was da gerade geschieht in Europa. Wie ein ganzer Kontinent von einer Krise nach der anderen heimgesucht wird und wie das die Menschen verunsichert. Der schlüssig die Gründe für den Rechtsruck in Frankreich, Italien, Ungarn und auch Deutschland analysiert und sich dabei auf die Werke von Historikern, Soziologen und Politikwissenschaftlern bezieht, sodass man den Eindruck gewinnt: Der hat wirklich alles gelesen, was gerade in den Buchhandlungen steht. Wenn er jedoch die Lage so gut versteht – warum handelt er dann nicht so, dass mehr Menschen ihm folgen?

Ich kann über die Antwort auf diese Frage nur spekulieren, und ich weiß, dass es vielen seiner Genossen ähnlich geht. Sogar in der SPD-Bundestagsfraktion rätseln Abgeordnete über den Kurs des Kanzlers, das wurde vergangene Woche bei einem Treffen mit Scholz deutlich. Olaf, das Enigma. Allerdings scheint der Proteststurm auf den Straßen nicht spurlos an ihm vorüberzugehen. In der einen oder anderen Form wird die Regierung noch Zugeständnisse machen müssen, zumindest den Bauern.

Um da genauer durchzublicken und zu verstehen, was die eigentlichen Hintergründe der Wut sind, muss man jedoch genauer hinschauen: warum so viele Menschen verärgert, enttäuscht oder sogar stocksauer sind. Und was dagegen getan werden kann. Darum geht es in unserem heutigen Podcast. Unsere Reporterin Frederike Holewik hat mit Protestlern gesprochen und kann Bemerkenswertes berichten. Ich versuche, das Ganze politisch einzuordnen. Und unsere Moderatorin Lisa Fritsch macht daraus eine spannende Diskussion. Hören Sie bitte.

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Hoffentlich haben Sie in diesen bewegten, aber auch eisigen Zeiten ein friedliches und warmes Fleckchen, wo Sie das Wochenende verbringen können. Am Montag kommt der Tagesanbruch von Heike Vowinkel, am Dienstag lesen Sie wieder von mir.

Herzliche Grüße

Ihr
Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

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Quellen für verwendete Töne im Podcast:

Getreidelandwirt Werner Mette und Demoteilnehmerin Tanja: Video t-online; Ton von junger Landwirtin auf Instagram: t-online

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