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Haushalt 2024: Ampel-Regierung zweifelt schon – ein Fest für CDU und AfD


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Tagesanbruch
Was macht dieser Politiker anders?

MeinungVon Florian Harms

Aktualisiert am 20.12.2023Lesedauer: 6 Min.
Daniel Günther ist passionierter Handballer: Der Ministerpräsident eröffnet ein Sportfest in Lübeck.Vergrößern des Bildes
Daniel Günther ist passionierter Handballer: Der Ministerpräsident eröffnet ein Sportfest in Lübeck. (Quelle: imago images)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es hat keine Woche gedauert, bis die Ampelpolitiker ihren mühsam errungenen Haushaltskompromiss selbst infrage stellen. Am Dieselkraftstoff für Bauern scheiden sich die Geister: Wirtschaftsminister Robert Habeck beharrt darauf, dass die Steuersubvention gestrichen wird; es gehe halt nicht anders. Sein Parteifreund Cem Özdemir hakt sich bei FDP-Chef Christian Lindner unter und schnürt das Sparpaket wieder auf; SPD-Landeschefin Manuela Schwesig springt ihm bei. Im Ergebnis gibt die Ampel einmal mehr das Bild einer Geisterfahrertruppe ab: Einer blinkt links, einer blinkt rechts, und wohin der Chef steuert, weiß keiner so genau. Der Opposition könnte nichts Besseres passieren: Sie muss sich gar nicht die Mühe machen, schlüssige Alternativkonzepte zu entwerfen, sondern kann einfach laut DAGEGEN! brüllen, was sowohl CDU-Boss Friedrich Merz als auch die AfD-Dauerbrüller gut beherrschen.

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Die Gründe für die Ampel-Kakofonie sind hinlänglich beschrieben. Seit Wochen vergeht im Medienzirkus kein Tag ohne einen gepfefferten Leitartikel. FDP und Grüne passen nicht zusammen? Olaf Scholz führt nicht? Die Regierenden sind überfordert von all den Krisen? Oder einfach zu doof? Die Wähler dürfen sich aussuchen, an welcher Begründung sie ihre Empörung festmachen. Und wer sich nicht weiter empören mag, wendet sich ab, verweigert den Nachrichtenkonsum und lässt sich die Politiker allesamt den Buckel runterrutschen.

So wächst die Verdrossenheit, so wird eine toxische Stimmung geschürt. Tugenden, auf die man hierzulande früher stolz gewesen ist – Innovationsgeist und Schaffenskraft, Ausdauer und Zuversicht – werden verdrängt vom Frust darüber, dass in Deutschland vermeintlich alles falsch läuft. Von diesem Eindruck bis zur Überzeugung, dass es mal wieder einen starken Mann brauche, der so richtig aufräumt, ist es bei vielen leider nur ein kurzer Weg.

Dabei ist es genau andersherum: Politik wird hierzulande zu oft kurzfristig gemacht, zu schnell werden Stimmungen angepasst, zu selten durchdacht und von langer Hand geplant. Aber nicht erst seit dem Antritt der Ampelkoalition, sondern seit Jahren. Dinge werden angeschoben (oder hingenommen) und dann laufen gelassen, ohne sie regelmäßig zu überprüfen, nachzusteuern oder bei Fehlentwicklung zu kassieren. Seien es unsinnige Subventionen oder ungerechte Sozialleistungen, der vorschnelle Atomausstieg oder die haarsträubende Schulmisere, die Einwanderung aus Arabien oder Parallelgesellschaften in Großstädten: Man wurschtelt sich durch, macht hier noch ein Gesetz und da noch eine Verordnung, ohne die Probleme grundsätzlich anzupacken, redet die Schäden der eigenen Mutlosigkeit schön und wundert sich, wenn viele Bürger die Faxen dicke haben und Extremisten Zulauf bekommen.

Es geht auch anders, wie in einigen Bundesländern zu sehen ist. Hoch im Norden beispielsweise regiert Daniel Günther unaufgeregt in einer schwarz-grünen Koalition. Schleswig-Holstein ist mit knapp drei Millionen Einwohnern ein eher kleines Land, und auch dort läuft natürlich nicht alles rund. Aber der Regierungschef handelt überwiegend pragmatisch und lösungsorientiert. Er hat es nicht nötig, mit populistischen Kämpfchen von eigenen Unzulänglichkeiten abzulenken wie Bayerns Ministerpräsident. Er leistet sich keine Skandale wie die in Putins Bestechungssystem verstrickte Landesmutter von Mecklenburg-Vorpommern. Er ist kein Teflonpolitiker wie der Regierungschef von NRW, bei dem man sich fragen kann, ob er abends noch weiß, was er morgens gesagt hat. Und mit seinen 50 Lenzen ist er auch noch flotter unterwegs als der baden-württembergische Senior.

So prägt Günther einen Stil, der auf die politische Landschaft abfärbt. Der Umgang sei vertrauensvoll, man gönne einander den Erfolg und jeder könne glänzen, beschreibt der CDU-Landespolitiker Lukas Kilian das Erfolgsgeheimnis der Koalition. "Die Menschen haben keinen Bock auf Streit und auf ständige gegenseitige Schuldzuweisungen." Das funktioniert sogar zwischen Regierung und Opposition, wie der FDP-Mann Christopher Vogt berichtet: "Wir haben uns parteiübergreifend darauf geeinigt, nicht über jedes Stöckchen der AfD zu springen. Wir haben uns gefragt: Was ist wichtig für die Bürger, was müssen wir diskutieren?" Das Ergebnis: Im Unterschied zu den meisten anderen Bundesländern spielt die AfD in Schleswig-Holstein keine große Rolle.

Daniel Günther ist nicht der einzige Ministerpräsident, der konsensorientiert regiert. Reiner Haseloff in Sachsen-Anhalt, Anke Rehlinger im Saarland und Boris Rhein in Hessen machen es ähnlich. Sie setzen auf bodenständige, berechenbare Politik, statt die Bürger mit Weltverbesserungskonzepten zu überfordern oder sich in Kulturkämpfe zu verstricken. Sie wirken empathisch statt aalglatt und bürgernah statt wie ein Sprechautomat. In diesem Politikstil liegt ein wesentlicher Unterschied zum Auftreten von Habeck und Baerbock, Merz und Söder, Lindner und Scholz. Statt sich fortwährend zu streiten, lässt man auch den Koalitionspartner glänzen. Statt sein Fähnchen nach dem Wind der Wahlumfragen zu drehen, verteidigt man politische Prinzipien gegen Widerstände. Statt heute Hü und morgen Hott zu sagen, steht man zu seinem Wort. Statt Phrasen zu dreschen, redet man Klartext. Statt sich von der AfD die Themen diktieren zu lassen, ignoriert man deren Gekeife. So hält man das Niveau der politischen Auseinandersetzung auf einem Niveau, das Helmut Schmidt mit norddeutschem Zungenschlag "an-st-ändig" genannt hätte – und zugleich die Demokratiefeinde in Schach.

Was folgt daraus für die Ampelleute? Um die Kakofonie zu beenden, bringt der Kanzler den Sparplan schon heute ins Kabinett und lässt ihn dann an den Bundestag weiterleiten. Nun soll es also schnell gehen. Aber dass deshalb weihnachtliche Ruhe einkehrt, ist leider zu bezweifeln.


Der (vorläufige) Sparplan

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts fehlen 17 Milliarden Euro im Bundeshaushalt. Knapp eine Woche nach ihrer Grundsatzeinigung haben die Ampelchefs nun Details ihrer Kürzungsliste genannt: Der Staat soll mehr Einnahmen bekommen, Firmen und Haushalte werden belastet. Hier ist der Überblick – angesichts der fortgesetzten Diskussionen ohne Gewähr.


Zahl des Tages

81 Prozent der Befragten in der neuen Forsa-Umfrage antworten mit Nein auf die Frage: Haben Sie den Eindruck, dass die meisten Politiker in der Bundespolitik wissen, was die Menschen im Alltag bewegt? Ein beispielloser Misstrauensbeweis. Gleichzeitig klettert die Zustimmung zur AfD auf 23 Prozent – der höchste jemals auf Bundesebene ermittelte Wert. Ein Elend, also echt.

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Was steht noch an?

Die Menschen in der Demokratischen Republik Kongo sind seit Jahren leidgeprüft: Milizen liefern sich Bandenkriege um Rohstoffe, verschleppen Kinder und vergewaltigen Frauen. Der Arzt Denis Mukwege kämpft unermüdlich für Menschenrechte; vor fünf Jahren erhielt er den Friedensnobelpreis. Bei der heute beginnenden Präsidentschaftswahl fordert er Amtsinhaber Felix Tshisekedi heraus. "Die Menschen ersehnen Erlösung von ihrem Martyrium, sie wollen, dass die Gewalt endlich aufhört", berichtet die "Süddeutsche Zeitung". "Mukwege hätte sich eine Existenz im sicheren Paris aufbauen können, wo er studierte. Aber er wählte die Nähe zu den Geschundenen, er wählte als gläubiger Christ die Nächstenliebe." Ein großer Mann.


Wie lange bleibt Olaf Scholz noch Kanzler? Das fragt man sich offenbar auch in Paris. Präsident Emmanuel Macron hat Unionsfraktionschef Friedrich Merz zum Gedankenaustausch eingeladen. Alles seit Langem geplant und unabhängig von der gegenwärtigen Lage, heißt es aus dem Élysée-Palast. Wer's glaubt, wird selig.


Die EU hat Konten des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch eingefroren. Er soll sein Vermögen mit Putins Hilfe ergaunert haben und das Regime nach dem Angriffskrieg gegen die Ukraine weiter unterstützen. Gegen die Sanktionen hat Abramowitsch vor dem Europäischen Gerichtshof geklagt. Heute sprechen die Richter ihr Urteil.


Ohrenschmaus

Ich gebe zu, ich habe es nicht so mit Christmas-Songs. Aber für diese Jungs mache ich eine Ausnahme.


Lesetipps

Es gibt noch gute Nachrichten: Das teure Jahr 2023 nähert sich dem Ende – und 2024 dürfte besser werden, sagt der Präsident der Deutschen Bundesbank, Joachim Nagel. Wo Deutschlands oberster Währungshüter nun dringenden politischen Handlungsbedarf sieht, erklärt er im Interview mit unserem Wirtschaftschef Florian Schmidt.


"Ich wollte so viele Menschen wie möglich töten": Der Duisburger Messermörder zeigt nach seiner Verurteilung keine Reue. 2015 war der Syrer nach Deutschland gekommen, wo er sich in islamistischen Online-Foren radikalisierte. Der Fall offenbart einmal mehr, wie blauäugig die deutsche Flüchtlingspolitik war.


Wie ernst ist die Lage für die Ukraine wirklich, und warum erlahmt die Unterstützung im Westen? Der Sicherheitsexperte Christian Mölling spricht im Interview mit meinem Kollegen Patrick Diekmann Klartext.


Heute ist das Wortquiz von t-online besonders knifflig. Aber ich habe einen Tipp für Sie: Das gesuchte Wort enthält erstens einen Zwielaut und beschreibt zweitens das, was ich bin. Hier können Sie es austüfteln und echtes Gold gewinnen.


Zum Schluss

Wie schön, dass es noch ein paar Vernünftige gibt.

Bleiben Sie kritisch, aber vernünftig.

Herzliche Grüße

Ihr

Florian Harms
Chefredakteur t-online
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Mit Material von dpa.

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