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Der Fetisch der Bundesregierung – gefährdet er das große Ziel?


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Aktualisiert am 07.03.2023Lesedauer: 5 Min.
Annalena Baerbock und Robert Habeck: Immer ein bisschen schlauer als alle anderen?Vergrößern des Bildes
Annalena Baerbock und Robert Habeck: Immer ein bisschen schlauer als alle anderen? (Quelle: Chris Emil Janssen/imago-images-bilder)
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Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

es ist in diesen Tagen leicht, sich über die FDP lustig zu machen. Ich meine: Da haben wir einen Parteichef Christian Lindner, der vermutlich schon wütend "Innovation!" ruft, wenn er zwei Tage in Folge das gleiche Müsli vorgesetzt bekommt. Der aber Autos unbedingt weiter mit einer Technologie antreiben möchte, die es schon im 19. Jahrhundert gab: dem Verbrennungsmotor. Das muss diese Brumm-Brumm-Dialektik sein.

Aber gut, jeder hat seinen Fetisch. Manche sogar mehrere. Zum Problem wird das in der Politik erst, wenn es die Arbeit der Bundesregierung behindert und das große Ziel des Landes gefährdet: die Energiewende inklusive der Transformation der Industrie. Und das tut es derzeit. Was an den verschiedenen Fetischen der Liberalen liegt, natürlich. Aber eben nicht nur.

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Die Grünen machen es der FDP oft unnötig leicht, die Bundesregierung zu blockieren. Denn sie haben einen eigenen Fetisch: Sie wollen immer alles besonders logisch und folgerichtig und schlau machen. So werden sie zu den Pedanten der Politik und vergessen, dass Politikmachen oft bedeutet, das Unperfekte zu tun, wenn nur das möglich ist und den Koalitionspartner bei Laune hält. Und sich nicht dauernd auf Nebenschauplätzen zu verkämpfen.

Es ist ein Muster, das sich an vielen Stellen zeigt, an denen es gerade rumpelt zwischen FDP und Grünen. Beim Streit um das Verbrenner-Aus und die E-Fuels etwa. Im grün-geführten Umweltministerium sah man das Problem Ende des vergangenen Jahres schon als erledigt an. Mit einem vermeintlich schlauen Kompromiss. Der FDP zuliebe forderte die Bundesregierung die EU-Kommission damals auf, doch mal zu schauen, ob man nicht nach 2035 noch Autos zulassen könne, wenn sie sich ausschließlich mit E-Fuels betreiben lassen.

Wird eh nichts draus, dachten und sagten die Grünen. Das faktische Aus für die Verbrenner komme. Allein schon, weil E-Fuels in Pkw um ein Vielfaches ineffizienter sind als Strom. Und sich Neuwagen mit E-Fuels-Verbrennern vermutlich gar nicht lohnen für Autobauer. Doch das Verkehrsministerium und die FDP hatten an den Prüfauftrag – wenig überraschend – andere Erwartungen. Nämlich, dass es am Ende eine Ausnahme gibt.

Der vermeintlich schlaue Kompromiss hat nun dumme Folgen. Die Bundesregierung wackelt kurz vor der eigentlich nur noch formalen letzten Bestätigung in der EU. Viele in Brüssel schütteln ihre Köpfe über die Deutschen. Und plötzlich steht das Verbrenner-Aus in Europa wieder insgesamt infrage.

Ein Desaster mit Ansage, das hätte vermieden werden können. Die Grünen hätten der FDP die Sache mit den E-Fuels entweder tatsächlich ausreden müssen, statt sich mit einem Formelkompromiss zufriedenzugeben. Oder sie hätten sich, wenn das nicht geht, gemeinsam in Brüssel ernsthaft für eine E-Fuels-Ausnahme einsetzen sollen. Selbst wenn die Ausnahme nachher nur eine theoretische Möglichkeit in einem Gesetz ist, die praktisch ohne Auswirkungen bleibt. Eine Ausnahme für die liberale Galerie.

Ein ähnliches Muster wie beim Verbrenner-Aus zeigt sich beim Verbot neuer Gas- und Ölheizungen. Das Gesetz ist einer der entscheidenden Bausteine der Energiewende. Allein schon, weil bislang noch 80 Prozent der Wärme in Deutschland mit fossilen Energien erzeugt wird. Die Zeit drängt, wenn Deutschland rechtzeitig seine Klimaziele erreichen will, schlicht, weil Heizungen jahrzehntelang halten.

Also hat das Wirtschaftsministerium des grünen Vizekanzlers Robert Habeck mit dem Bauministerium der SPD-Ressortchefin Klara Geywitz einen Gesetzentwurf vorgelegt, der detailliert regelt, welche neuen Heizungen künftig in Neubauten und welche nur noch in alten Häusern eingebaut werden dürfen. Alles recht logisch und folgerichtig und schlau begründet. In Neubauten sollen künftig nur Wärmepumpen, Fernwärme oder Stromdirektheizungen eingebaut werden. In bestehenden Gebäuden ist auch der Einbau von Heizungen mit erneuerbaren Gasen, Biomasse- und Hybridheizungen erlaubt.

Und die FDP? Blockiert und fordert mehr "Technologieoffenheit", wie bei den E-Fuels. Nun lässt sich auch in diesem Fall daran zweifeln, dass es wirklich sinnvoll ist, in einen Neubau eine Heizung einzubauen, die teures Biomethan verbrennt oder Wasserstoff, der erst mal mit grüner Energie erzeugt werden müsste. Gerade wenn die Alternative eine Wärmepumpe ist, bei der nicht nur die Anschaffung stark gefördert wird, sondern auch der Strom subventioniert werden soll.

Doch wenn die Alternative ist, dass die Liberalen das komplette Gesetz verhindern – warum sollte man Heizungen mit erneuerbaren Gasen nicht auch in Neubauten zulassen? Wenn alles so läuft, wie Robert Habeck und die Grünen sich das vorstellen, wäre es eine Lösung, die ohnehin kaum genutzt würde. Die Menschen sind ja nicht dumm und werden in der Regel die günstigste Heizung kaufen.

Aber es wäre immerhin eine Lösung, der sich auch die FDP nicht ernsthaft verschließen könnte. Politik kann eben manchmal auch bedeuten, folgenlosen Quatsch zu beschließen, um das Sinnvolle zu ermöglichen.


Was steht an?

Bundeskanzler Olaf Scholz hat einen geschäftigen Tag. Erst empfängt er den Ministerpräsidenten der Republik Albanien, Edi Rama. Dann fährt Scholz nach Cottbus, wo er Handwerkerinnen trifft, ein Frauenzentrum besucht und sich am Abend beim "Kanzlergespräch" in der Stadthalle den Fragen der Menschen stellt.

Frank-Walter Steinmeier präsidiert ab heute für drei Tage aus Völklingen. Der Bundespräsident hat seinen Amtssitz ins Saarland verlegt, um mit den Menschen dort zu sprechen. Es ist die sechste Auflage seiner "Ortszeit Deutschland".

Ursula von der Leyen fliegt nach Ottawa. Die EU-Kommissionspräsidentin trifft unter anderem Kanadas Premierminister Justin Trudeau, spricht vor dem Parlament und besucht die kanadischen Streitkräfte.

Boris Pistorius reist nach Vilnius. Der Verteidigungsminister besucht Nato-Partner Litauen.

Arbeitskampf im öffentlichen Dienst: Verdi hat unter anderem in Berlin, Sachsen, Baden-Württemberg und Hessen zu Warnstreiks aufgerufen.


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Was amüsiert mich?

Ich wünsche Ihnen einen schönen Dienstag. Morgen schreibt mein Kollege David Digili den Tagesanbruch für Sie.

Herzliche Grüße,

Ihr Johannes Bebermeier
Politischer Reporter
Twitter: @jbebermeier

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Mit Material von dpa.

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