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Litauen: Das könnte mögliche Absturzszenarios sein


DHL-Maschine stürzt ab
Experte über Flugzeugabsturz: "Das ist ungewöhnlich"

Von t-online
25.11.2024 - 21:45 UhrLesedauer: 3 Min.
imago images 0781986249Vergrößern des Bildes
Flugzeugwrack in Vilnius Litauen: Die Ermittlungen zu dem Absturz wird wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen. (Quelle: IMAGO/Adomas Daunoravicius/imago)

In Litauen ist eine DHL-Frachtmaschine in ein Wohngebiet gestürzt. Das ist bisher über die mögliche Ursache bekannt.

Eine Boeing 737-400 der spanischen Airline Swiftair stürzt in den frühen Morgenstunden in ein Wohngebiet in der litauischen Hauptstadt Vilnius. Bei dem Unglück stirbt eine Person, drei weitere werden verletzt.

Bei den Ermittlungen zur Ursache des Absturzes werden deutsche, litauische und spanische Ermittler eng zusammenarbeiten, wie noch am Montag bekannt gegeben wurde. Hintergrund für die deutsche Beteiligung ist, dass das Flugzeug in Leipzig gestartet war. Dort wurden zuletzt mehrere "unkonventionelle Brandsätze" gefunden, was in Sicherheitskreisen Vermutungen bezüglich russischer Sabotageversuche entfachte – bewiesen wurden diese bisher jedoch nicht.

Nach dem Absturz, knapp 1,5 Kilometer vor der Landebahn am Flughafen von Vilnius, wird ein terroristischer Akt als Ursache bisher nicht ausgeschlossen. Litauens Geheimdienstchef, Darius Jauniskis sagte hierzu am Montag: "Wir können die Möglichkeit eines Terrorakts nicht ausschließen". Doch was ist bisher über mögliche Ursachen bekannt? t-online hat das auf einen Blick zusammen gefasst und eine Einschätzung von Experten Guido Schmidtke eingeholt.

Was ist in den Minuten vor dem Absturz passiert?

Derzeit ermitteln die Unfallgutachter in alle Richtungen. Neben Terrorismus könne derzeit auch technisches oder menschliches Versagen nicht ausgeschlossen werden, hieß es aus Ermittlerkreisen. Klar ist jedoch, dass die Maschine in der Schlussphase ihres Anflugs ungewöhnlich schnell sank, zu schnell und zu tief flog, sagte Guido Schmidtke im Gespräch mit t-online.

Die Transponderdaten der Maschine zeigen, dass sich das Flugzeug bereits vor dem Unfall rund 25 Meter unterhalb der eigentlichen Einflugschneise befand, wie das Flugunfallportal "Aviation Herald" schreibt. Die letzten Transponderdaten zeigen demnach auch, dass die Maschine 276 Kilometer pro Stunde schnell war.

Die Sinkrate des Flugzeugs lag bei 296 Metern pro Minute. Der Journalist Guido Schmidtke, dessen Fachgebiet neben Militärtechnik auch Luftfahrt einschließt, geht davon aus, dass sich die Maschine zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich in einer Höhe von gut 70 Metern befunden habe, wie er t-online sagte. Der Aufprall dürfte demnach rund 14 Sekunden später erfolgt sein. "Da ist nicht viel Entscheidungsspielraum, denn man hat kaum noch Luft nach unten", ordnet Schmidtke die Situation ein.

"Das ist ungewöhnlich"

Während die Piloten zum Landeanflug ansetzten, gaben sie noch einen Funkspruch an die zuständige Flugsicherung durch. Beim Durchgeben der Flugzeugkennung EC-MFE musste sich laut Schmidtke einer der Piloten korrigieren. "Das ist ungewöhnlich und könnte auf Unkonzentriertheit im Cockpit hindeuten." Der nächste Funkspruch kam vom Tower des Flughafens, die Piloten reagierten nicht darauf. Was sich wirklich in den letzten Minuten vor dem Aufprall im Cockpit abspielte, versuchen die Ermittler aktuell von dem überlebenden Piloten zu erfahren, Details hierzu sind bisher nicht bekannt geworden.

Dass die Piloten nicht reagierten, weil sie ohnmächtig waren, hält Schmidtke für unwahrscheinlich. In größeren Höhen könne das beispielsweise durch ein Loch im Rumpf des Flugzeugs relativ schnell passieren. "Dann schläft man, ohne dass man es mitbekommt, quasi in den Tod ein." Eine andere Möglichkeit sei, dass es in der Maschine gebrannt hätte.

"Das wäre allerdings per Funk durchgegeben worden. Da wäre noch Handlungsspielraum gewesen." Ein Ausfall der Bordkommunikation oder schiere Überforderung der Piloten sind ebenfalls mögliche Erklärungen für die nicht erfolgte Reaktion auf den Funkspruch. "Es könnte auch schlicht und ergreifend eine fundamentale Fehleinschätzung der Lage zu Überforderung im Cockpit geführt haben, was wiederum die ausbleibende Antwort sowie das Unglück erklären könnte."

Ähnliches Unglück in Amsterdam

Eine weitere Möglichkeit könnte technisches Versagen an Bord der Maschine sein. Führt man sich den Absturz des Turkish-Airlines-Flug 1951 im Jahr 2009 am Flughafen Amsterdam Schiphol vor Augen, fallen hier Parallelen auf. Bei der Unfallmaschine handelte sich damals ebenfalls um eine Boeing 737, die beim Landanflug kurz vor dem Flughafen verunglückte. Von den 135 Insassen kamen damals neun ums Leben.

Die Ermittlungen im Nachgang zeigten, dass ein defekter Höhenmesser die Ursache für den Absturz war. Durch die falschen Werte wurde die Triebwerksleistung zu früh zu stark reduziert, was zu einem Abriss der Strömung führte. Das Unglück ereignete sich ebenfalls rund 1,5 Kilometer vor der Landebahn des Flughafens.

"Wenn die Strömung abreißt, fallen sie in der Regel wie ein Stein vom Himmel", sagt Schmidtke dazu. "Das ist in Litauen so allerdings nicht passiert, auch wenn die beiden Fälle auf den ersten Blick ähnlich wirken." In Litauen sieht es derzeit viel mehr nach einem kontrollierten Flug ins Gelände aus, wie "Flugrevue" schreibt.

Schmidtke sieht das auch als wahrscheinlichstes Szenario an. "Das ist dann zwar unbeabsichtigt, aber eben kontrolliert. Es ist der letzte Versuch, Schlimmeres zu verhindern." Ob dafür am Ende menschliches Versagen, also eine Fehleinschätzung, technische Probleme oder gar ein Brand an Bord verantwortlich waren, werden wahrscheinlich erst die Ermittlungen zeigen.

Verwendete Quellen
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