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Waldbrände auf Rhodos | "Umgebung zerstört" – Sorge um Tourismus


Inferno im Urlaubsparadies
Tausende Touristen wollen weg von der Insel – nur wie?

Von dpa, afp, cry, lw, aj

Aktualisiert am 24.07.2023Lesedauer: 5 Min.
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Unkontrollierte Feuer: Hier flüchten Tausende Touristen von der Insel.
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Die Lage ist unübersichtlich, die Menschen wissen nicht wohin: Außer Kontrolle geratene Waldbrände haben auf Rhodos zu beispiellosen Massenevakuierungen geführt.

Die Feuer auf der Ferieninsel Rhodos sind nicht unter Kontrolle. Auch die Situation für Tausende Touristen ist unübersichtlich. 30.000 Urlauber und Einheimische mussten am Wochenende vor den Flammen flüchten, 19.000 von ihnen wurden mit Bussen und Schiffen in Sicherheit gebracht. Andere flüchteten auf eigene Faust. Polizeisprecherin Konstantia Dimoglidou sprach von der "größten Brand-Evakuierung", die es je in Griechenland gegeben habe.

Nach Einschätzung der Behörden könnte es noch Tage dauern, bis die Brände unter Kontrolle sind. Am Sonntagabend bereiteten sich mehr als 250 Feuerwehrleute auf eine weitere Nacht – die sechste in Folge – der Brandbekämpfung vor. "Die (Wetter-)Bedingungen bleiben extrem", sagte ein Feuerwehrsprecher.

Am Sonntag brannte das Feuer auf Rhodos an drei Fronten – in der Nähe von Ferienorten. Anhaltende Hitze und starke Winde erschwerten die Löscharbeiten zusätzlich. Wie ein Feuerwehrsprecher mitteilte, waren zehn Löschflugzeuge, acht Hubschrauber und 49 Feuerwehrwagen im Einsatz. Ein großer Teil der Mittelmeerinsel war zudem ohne Strom, da der öffentliche Energieversorger PPC aus Sicherheitsgründen das örtliche Kraftwerk im Süden abschaltete.

Extrem angespannte Situation

Tausende Menschen wollen die Insel nun verlassen – aber wie? Das griechische Außenministerium hat am Flughafen der Insel Rhodos einen Hotspot eingerichtet, wo Touristen unbürokratisch eine Ausreisegenehmigung erhalten, wenn sie wegen der großen Waldbrände auf der Insel keine Ausweispapiere mehr haben. Das berichtete der griechische Staatssender ERT. Viele Menschen hätten vor dem Feuer flüchten müssen und unter Umständen keine Zeit mehr gehabt, ihr Hab und Gut mitzunehmen.

Viele Menschen wurden in den Norden der auch bei Deutschen beliebten Ferieninsel in Sicherheit gebracht. Flüge sind ausgebucht, Unterkünfte gibt es kaum, weil in der Hauptsaison alle Pensionen und Hotels voll sind, ebenso wie die Fähren aufs Festland. Die Situation sei extrem angespannt, berichtete ERT. Zurück in die evakuierten Dörfer und Hotelanlagen können die Touristen vorerst nicht.

Fernsehbilder zeigten Touristen, die in Turnhallen auf Matratzen schliefen. Unter den Bewohnern von Rhodos gab es eine große Welle der Hilfsbereitschaft: Viele nahmen Touristen in ihren privaten Unterkünften auf, besorgten Essen, Wasser, Bettwäsche und Matratzen.

Touristen auf der Flucht

"Wir wurden im letzten Moment vor dem Feuer gerettet", erzählte der 23-jährige Bielefelder Paul, der mit seiner Partnerin Urlaub auf Rhodos machte, der Nachrichtenagentur AFP. Als sie vom Strand in ihr verlassenes Hotel zurückkehrten, sei ihnen die "glühende Asche" bereits um die Köpfe geflogen, "und es war keine Hilfe in Sicht". "Es war so heiß und der Rauch schon so dicht, dass wir keine weiteren zehn Minuten hätten überleben können."

Schließlich seien Busse gekommen, um sie in Sicherheit zu bringen. Doch einige Gäste seien so in Panik geraten, dass sie am Strand nach Booten gesucht hätten, um auf eigene Faust zu flüchten.

Andere deutsche Urlauber berichteten derweil von chaotischen Zuständen und gaben an, sich teils alleingelassen gefühlt zu haben. "Alles war total merkwürdig, es gab keine Durchsagen im Hotel, außer einer am Pool, die wir am Strand nicht gehört hatten", sagte ein Urlauber, der am Strand eingeschlafen war, der Bild-Zeitung. Der Rauch sei bereits sehr dicht gewesen, als er und seine Partnerin den Ernst der Lage erkannt hätten. Nasse Handtücher hätten ihnen beim Atmen geholfen, doch bei der Evakuierung sei Panik ausgebrochen.

"Es sind lange nicht alle mitgekommen"

Die Polizei habe sporadisch einige der vielen Touristen mitgenommen, die vor dem Hotel auf Hilfe gewartet hätten. Die versprochenen Busse seien jedoch lange Zeit nicht gekommen und hätten letztlich nicht ausreichend Platz gehabt. "Es sind lange nicht alle mitgekommen mit den Bussen, die zur Verfügung standen. Manche sind in ihrer Panik zum Strand gelaufen, haben versucht Boote zu finden, auf denen sie mitfahren können", so der Urlauber.

Ein anderes Paar berichtete RTL, dass es vergeblich auf einen Bus seiner Reisegesellschaft gewartet habe. Als dann ein Taxi zwei Hotelmitarbeiter abgeholt habe, seien sie auf das Auto zugelaufen und ebenfalls eingestiegen. "Uns war völlig egal, was das kosten wird. Hauptsache weg", so die beiden. Wie Videoaufnahmen einiger Twitter-Nutzer zeigen, scheinen einige Urlauber schließlich zu Fuß die gefährdeten Bereiche verlassen zu haben – teils ohne Gepäck und noch in Badesachen.

Telefonnummern für Angehörige

Der Krisenstab des griechischen Zivilschutzes hat zwei Telefonnummern für ausländische Besucher eingerichtet, wenn sie Angehörige vermissen. Sie lauten +30 210 3681259 und +30 210 3681350.

Rettung auf dem Seeweg

Nach ersten Schätzungen der Polizei sollen seit Samstag rund 16.000 Menschen auf dem Landweg und 3.000 Menschen von Stränden aus über das Meer in Sicherheit gebracht worden sein. Derweil landeten trotz der überbordenden Probleme und andauernden Brände im Laufe des Sonntags neue Ferienflieger, wie der Vizebürgermeister der Insel Thanasis Virinis am Sonntagmorgen dem TV-Sender Mega sagte.

Rhodos ist eines der beliebtesten Touristenziele Griechenlands, auch viele Deutsche reisen auf die Insel. Das Auswärtige Amt teilte der Nachrichtenagentur AFP mit, ein Team der deutschen Botschaft in Athen und der deutsche Honorarkonsul seien vor Ort, um "betroffene deutsche Staatsangehörige bei Bedarf konsularisch zu unterstützen". Das Außenministerium stehe "zu den Waldbränden und der Lage auf Rhodos in engem Austausch mit den griechischen Behörden und den Reiseveranstaltern".

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Keine Tui-Urlauber mehr nach Rhodos

Der deutsche Reiseanbieter Tui will in den kommenden Tagen keine Urlauber mehr auf die von Waldbränden betroffene Insel Rhodos bringen. Zwar seien noch einige Flüge geplant – sie sollten aber keine Menschen nach Rhodos transportieren, sondern Urlauber von dort aus zurückfliegen, sagte eine Sprecherin des Touristikkonzerns am Sonntag der Nachrichtenagentur AFP.

Die Tui habe derzeit rund 40.000 Gäste auf Rhodos, sagte die Sprecherin. "Darunter sind 7.800, die vom Feuer betroffen wurden und in Unterkünfte beziehungsweise Hotels evakuiert wurden." Der britische Billigflieger Jet2 sagte ebenfalls alle Flüge auf die Insel ab. Hier lesen Sie mehr.

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Das griechische Außenministerium und mehrere Botschaften richteten am Flughafen von Rhodos ein Zentrum ein, um Touristen und Touristinnen zu helfen, die in der Eile ihre Ausweise vergessen oder verloren haben.

(Quelle: Imago/Hindustan Times)

Hitze jenseits der Normalität

Der menschengemachte Klimawandel verstärkt nach Analysen zahlreicher Klimaforscher sehr klar die Zahl und Maximaltemperatur von Hitzewellen. Hierdurch wird auch "Feuerwetter" wahrscheinlicher, das die Entstehung von Wald-, Busch- und Moorbränden deutlich begünstigt. Lesen Sie auch: "So entsteht 'Feuerwetter'" und "Jetzt herrscht Lebensgefahr".

Niedergebrannte Häuser und Kirche

In der Nacht zum Sonntag hatten die Flammen nach Angaben des Senders ERT und der griechischen Nachrichtenagentur ANA das Dorf Laerma erreicht. Häuser und eine Kirche brannten nieder, auch viele Hotels wurden beschädigt. Das Feuer breitete sich zudem auf die Küstenorte Kiotari und Gennadi Lardos aus.

Der Brand habe "das Herz von Rhodos und seine Umwelt getroffen", sagte der Naturkatastrophen-Experte Efthymios Lekkas dem Fernsehsender ERT. Er warnte vor schwerwiegenden Auswirkungen auf die Tourismusbranche der Insel. "Ich bin gerade von Lindos nach Gennadi gefahren", sagte er. "Alle großen Hotels haben geschlossen. Ich glaube nicht, dass sie dieses Jahr noch mal öffnen werden, denn die Umgebung ist zerstört und lädt nicht gerade zum Urlauben ein".

Brand brach im Zentrum der Insel aus

Der Großbrand war auf einem Berg im Zentrum der Insel ausgebrochen. Auch in weiteren Regionen Griechenlands gibt es aktuell zahlreiche Waldbrände. Auf den Inseln Korfu und Euböa wurden ebenfalls mehrere Orte evakuiert. Mehr zu den dortigen Waldbränden lesen Sie hier.

Der stellvertretende Feuerwehrchef Yiannis Artophios sagte dem griechischen Sender Skai: "Die Brände wurden durch Menschen verursacht." Es werde geprüft, ob sie auf Vorsatz oder Fahrlässigkeit zurückzuführen seien. "Menschen wurden zu Zeugenaussagen bestellt und weitere werden noch vorgeladen", sagte Artophios. "Sobald uns vollständige Informationen vorliegen, da die Ermittlungen auf Hochtouren laufen, werden wir Ankündigungen machen." Die Ursache werde gefunden, so der Feuerwehrchef.

Griechenland leidet derzeit unter einer extremen Hitzewelle. Im Zentrum des Landes und auf der Halbinsel Peloponnes wurden am Sonntagnachmittag Temperaturen zwischen 45 und 46,4 Grad Celsius gemessen, wie das nationale Wetterobservatorium mitteilte. Demnach erlebt das Land "wahrscheinlich" derzeit die längste Hitzewelle seiner Geschichte.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • bild.de: "Die Glut wirbelte schon um unsere Köpfe"
  • rtl.de: "Nur noch weg! Nina und Thomas entkommen der Feuerhölle von Rhodos"
  • br.de: "Waldbrände auf Rhodos: Das berichten Urlauber aus der Oberpfalz"
  • in.gr: "Φωτιά στη Ρόδο: "Οι πυρκαγιές μπαίνουν από ανθρώπινο χέρι" υποστηρίζει η Πυροσβεστική" (griechisch)
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