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Vermisster Pawlos (6): Benecke über beklemmendes Szenario | Weilburg


Verzweifelte Suche nach Pawlos
Experte sieht Parallelen zu anderen Fällen


Aktualisiert am 27.03.2025Lesedauer: 3 Min.
Der kleine Pawlos: Professionelle Helfer durchkämmen den öffentlichen Raum, Bürger sollen ihre Gärten und Schuppen absuchen.Vergrößern des Bildes
Der kleine Pawlos: Professionelle Helfer durchkämmen den öffentlichen Raum, Bürger sollen ihre Gärten und Schuppen absuchen. (Quelle: Polizei)
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In Hessen ist ein Sechsjähriger verschwunden. Möglicherweise versteckt er sich. Aber warum? Der Kriminalbiologe Mark Benecke sagt, was auch eine Rolle spielen könnte.

Ein ganzer Ort ist auf den Beinen, um ein sechs Jahre altes Kind zu finden. Pawlos ist am Dienstag nicht aus der Schule zurückgekommen, seitdem suchen zahlreiche Einsatzkräfte die hessische Kleinstadt Weilburg ab. Ein Hubschrauber kreist, Rettungshunde versuchen, eine Spur zu erschnüffeln. Die Feuerwehr fährt mit einem Einsatzfahrzeug herum und spielt die Stimme von Pawlos Mutter ab. "Hier ist deine Mutter", heißt es in der auf eritreisch eingesprochenen Ansage. "Komm raus und versteck dich bitte nicht. Wir vermissen dich."

Das Problem: Pawlos ist Autist. Das heißt, er könnte auf die Suche nach ihm ängstlich reagieren. Es ist eine Horrorvorstellung und stellt die Retter vor ein Dilemma: Bei einer sehr aufwendigen Suche wird es fast zwangsläufig laut. Die Helfer könnten das Kind verschrecken – und wenn sie ihm zu nahe kommen, verkriecht es sich noch weiter.

"Angst vor einem der Suchenden" kann auch eine Rolle spielen

Der Kriminalbiologe Mark Benecke erinnert in diesem Zusammenhang auch an die vier Kinder, die 2023 einen Flugzeugabsturz im kolumbianischen Dschungel überlebten und dann verschwanden. 40 Tage suchten Helfer den Urwald ab, erst dann hatten sie Erfolg. "Es war allen total schleierhaft, warum die Kinder so lange nicht gefunden werden konnten", erklärt Benecke t-online. "Aber es könnte sein, dass sie Angst vor einem der Suchenden hatten."

In dem Fall wurde später der Stiefvater des ältesten im Dschungel vermissten Mädchens festgenommen: Ihm wurde vorgeworfen, das Kind sexuell missbraucht zu haben.

Der Fall Arian: beklemmendes Autismus-Szenario

Die Suche nach Pawlos erinnert aber vor allem auch an einen Fall aus Deutschland. 2024 war in Niedersachsen der kleine Arian verschwunden. Wie Pawlos war Arian sechs Jahre alt – und Autist. Zwei Monate lang suchten Helfer nach dem Kind, dann wurde seine Leiche auf einem Feld gefunden, auf dem die Polizei zuvor schon vergebens gesucht hatte.

Eine Todesursache veröffentlichten die Beamten damals "unter Berücksichtigung der Persönlichkeitsrechte des verstorbenen Kindes und der Angehörigen" nicht. Sie teilten lediglich mit, dass ein Gewaltverbrechen auszuschließen sei.

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Benecke brachte damals die Möglichkeit ins Spiel, dass das Kind verdurstet sein könnte. "Falls der Junge gelernt hat, dass es sehr schlecht ist, Wasser aus der Natur zu trinken, dann könnte er sich an diese Regel viel strenger halten als nicht autistische Kinder", hatte Benecke erklärt. "Vielleicht wusste er auch nicht, wie oder welches Wasser im Freien oder welche Flüssigkeiten überhaupt trinkbar sind."

"Krankheit, Kälte, Angst, Hunger, Durst, Unsicherheit"

Mit Blick auf Pawlos warnt Benecke nun: "Verdursten kann schnell gehen." Schon nach wenigen Tagen könne die Situation kritisch werden. Benecke hofft allerdings, dass sich Pawlos zu helfen weiß: "In Deutschland gibt es außen an Häusern oft Wasser-Anschlüsse für den Garten", gibt Benecke zu bedenken. Die Gefahren für das Kind sind indes vielfältig. Benecke nennt: "Krankheit, Kälte, Angst, Hunger, Durst, Unsicherheit."

Weilburgs Bürgermeister Johannes Hanisch verspricht, jeden Stein in der 13.000-Einwohner-Stadt umzudrehen. Mehr als 120 professionelle Rettungskräfte durchkämmen aktuell systematisch den öffentlichen Raum. Die Bürger sind aufgerufen, bei sich zu Hause zu schauen: Hat sich Pawlos in einem Garten in eine geschützte Ecke verkrochen, hockt er in einer Höhle und traut sich nicht mehr heraus? Ist er durch ein unscheinbares Schlupfloch in einen Keller oder eine Schrebergartenhütte gelangt?

Die Menschen werden gebeten, bei der Suche nach Pawlos vorsichtig zu sein. "Versuchen Sie nicht, ihn anzusprechen oder festzuhalten", warnt die Polizei. "Dies könnte bei ihm Angst und fluchtartiges Verhalten hervorrufen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche

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