Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Erregung über "Sylt-Nazis" Das ist schon ziemlich merkwürdig
Der Entrüstungssturm über die Sylter "Party-Nazis" entlarvt eine kollektive Schwäche: Solange man sich einfache Gegner aussuchen kann, muss man sich nicht an die schwierigen herantrauen.
Der Rassismus-Skandal auf Sylt zieht weiter Kreise. Zwischen der Nordseeinsel und Oberbayern dürfte es kaum einen Internetnutzer geben, der von dem ausländerfeindlichen Singsang der Schickimicki-Meute nichts mitbekommen hat.
Oder handelt es sich gar nicht um einen Skandal? Klar, was diese Vollpfosten angerichtet haben, ist dämlich, verletzend und womöglich auch justiziabel. Wie nun aber die ganze Republik bis hinauf zum Bundeskanzler, der Bundestagspräsidentin und dem Bundespräsidenten lauthals ihr Entsetzen über das Filmchen kundtut, wie die grölenden Dumpfbacken in den sozialen und auch in einigen Boulevardmedien regelrecht gejagt werden und wie der Rest der Medienrepublik wohlig in den Chor der Entrüstung einfällt, das ist schon ziemlich merkwürdig.
Mit dem Kampf gegen den Rechtsextremismus allein ist diese Überreaktion jedenfalls nicht zu erklären. Sonst müssten sich die wirklich gefährlichen Neonazis, die sich in Kampfgruppen, Untergrundnetzwerken und Parteien wie der AfD organisiert haben und emsig an der Zerschlagung der Demokratie arbeiten, viel größere Sorgen machen.
Die Erklärung für den aufgeregten Herdentrieb in der Causa Sylt dürfte eine andere sein. Sich über rechtsextreme Umtriebe zu empören (und über alles, was danach aussieht, selbst wenn es "nur" besoffene Jugendliche sind), ist in der krisengeschüttelten Bundesrepublik zu einem willkommenen Ventil geworden: Solange man sich einfache Gegner aussuchen kann, muss man sich nicht an die schwierigen herantrauen.