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AfD in Europa: Bulgarische Partei "Wiedergeburt" bietet Fraktion an


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Streit unter Europas Nationalisten
Bulgarische Rechtsextreme machen der AfD ein Angebot


27.05.2024Lesedauer: 5 Min.
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Kostadin Kostadinov: Mit seiner Partei "Wiedergeburt" umwirbt er die AfD. (Quelle: Georgi Paleykov/imago-images-bilder)
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Die AfD darf in Europa nicht mehr bei der Fraktion "Identität und Demokratie" mitmischen. Aus Bulgarien kommt nun eine Alternative für die Alternative. Enge Beziehungen gibt es bereits.

"Die neuen Führer Europas" hieß die Konferenz in Sofia hochtrabend, Vertreter von Klein- und Kleinstparteien aus neun Ländern fühlten sich angesprochen und kamen zuhauf:

Am 12. April lud die rechtsextreme bulgarische Partei Wasraschdane, zu Deutsch "Wiedergeburt", ein, um ein neues Bündnis europäischer Rechtsaußenparteien zu schmieden. Auch Vertreter der AfD wären schon damals im Club der Putin-treuen Außenseiter willkommen gewesen.

Damals folgten sie der Einladung nicht, mittlerweile aber könnte das Interesse gewachsen sein. Engste Verbindungen bestehen längst – und inzwischen hat sich die Situation für die deutschen Rechtspopulisten entscheidend verändert.

Sechs Wochen nach dem Treffen in Sofia und nach einigen Enthüllungen und Skandalen um die AfD-Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron kam der Rauswruf für die Afd: Die europäische Fraktion "Identität und Demokratie" (ID) um Marine Le Pen hat die deutsche Partei vor die Tür gesetzt. Die Krah-Truppe steht nach der Wahl also zunächst einmal ohne Verbündete da und ohne die Vorteile, die eine Fraktion bietet.

"Eine wirklich konservative und souveränistische Fraktion"

Kostadin Kostadinov, Parteichef von "Wiedergeburt", fackelte vergangene Woche nicht lange, nachdem der Ausschluss der AfD aus der ID-Fraktion verkündet war. "Eine sehr gute Nachricht" sei das, schrieb er auf der Plattform X. Nun werden es die Möglichkeit geben, eine Fraktion im Europäischen Parlament zu bilden, die auch wirklich konservativ sei und gegen Fremdbestimmung kämpfe. Seine Partei werde auf jeden Fall mit der AfD zusammenarbeiten.

Der Post hätte wahrscheinlich nicht viel Aufmerksamkeit außerhalb Bulgariens bekommen. Aber Maximilian Krah teilte ihn – nachdem er sich in der Vergangenheit bereits bewundernd über Kostadinov geäußert hatte.

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Der Spitzenkandidat, der wegen seiner fragwürdigen Verbindungen vor der Wahl nicht mehr für die AfD auftreten soll, gab den Vorstoß kommentarlos weiter. Und Kostadinov legte nach: Er habe am Donnerstag und Freitag Gespräche mit Vertretern der "Alternative für Deutschland" geführt, ließ er wissen: "‘Wiedergeburt‘ wird auf jeden Fall mit der AfD zusammenarbeiten. Wir haben bereits Schritte unternommen, um eine neue Fraktion zu gründen, daher werden wir heute der deutschen Partei anbieten, sich zu engagieren und den Prozess gemeinsam voranzutreiben."

Kostadinov hat in Bulgarien den wenig schmeichelhaften Spitznamen "Kosta Kopeke", benannt nach der kleinsten russischen Geldeinheit. "Wiedergeburt" gehörte einst selbst zur ID-Fraktion im EU-Parlament, wurde aber hinausgeworfen, ohne dass Gründe bekannt wurden. Jetzt schmiedet Kostadinov an einem Bündnis aus Parteien, die so offen pro-russisch sind, dass die großen rechten Parteien in Europa offiziell mit ihnen nichts mehr zu tun haben wollen. ID hatte die Konferenz in Sofia zunächst abgesagt, "Wiedergeburt" sie dann allein durchgezogen.

Höcke: "Klein und schlagkräftig vielleicht sinnvoller"

Diese Ausgrenzung finden aber – zumindest nach außen – auch in der AfD manche Vertreter gar nicht schlimm: Björn Höcke schrieb am Montag auf X, nach der Wahl müsse sich die AfD-Delegation fragen, "ob die Bildung einer schlagkräftigen kleinen Fraktion mit alternativen Kräften nicht sinnvoller sein könnte als ein neuerliches Anbiedern an Partner, die (...) lieber in alten Abhängigkeiten bleiben wollen". Alice Weidel und Tino Chrupalla hatten erklärt, auch in der neuen Legislaturperiode "verlässliche Partner" an der Seite zu haben.

Die Avancen aus Bulgarien an die AfD könnten also ein ernsthafter Vorstoß sein. In jedem Fall ist es der Versuch, sich mit dem großen Freund AfD bei den bulgarischen Wählern in Bulgarien als wichtiger darzustellen. Zwei- oder drittstärkste Partei könnte "Wiedergeburt" werden, wenn in Bulgarien am 9. Juni nicht nur das Europaparlament, sondern auch vorgezogen das Parlament gewählt wird. "Wiedergeburt" macht Stimmung mit vielen anti-europäischen Themen, sie kämpft gegen die Euro-Einführung – und sie sagt, dass es ein europäisches Bündnis gegen "liberalen Faschismus" braucht. Damit versucht die Partei seit Monaten zu punkten: Erstmals werde von Bulgarien aus eine Fraktion geschmiedet.

23 Abgeordnete braucht es dazu, Bulgarien insgesamt darf nur 17 schicken. Auf so viele könnte es die AfD schon alleine bringen.

Kostadinov weiß, mit wem er es da zu tun hat: Im Juni 2023 traf er sich in Berlin mit Tino Chrupalla. Ende Juli 2023 stand er dann auf der Bühne beim Bundesparteitag in Magdeburg, wo die AfD ihre Spitzenkandidaten Maximilian Krah und Petr Bystron wählte.

Damals streichelte Kostadinov die AfD-Seele: Es sei höchste Zeit, dass Deutschland seinen rechtmäßigen Platz als Großmacht einnehme, und das gehe nur unter der AfD. Begeisterter Beifall, und Spitzenkandidat Krah kommentierte anerkennend: "Bei dem Kollegen aus Bulgarien muss ich ja sagen: Mein lieber Schwan, da können wir uns noch mal Mut und Leidenschaft abschauen, damit es so weit kommt."

Kaum jemand an der AfD-Basis wusste, dass die Frau auf der Bühne neben Kostadinov ein enges Bindeglied zwischen der AfD und bulgarischen Rechtsextremen ist. Sie heißt Rada Laykova, war zumindest eine führende Mitarbeiterin der AfD-Bundestagsfraktion und stellt sich auf LinkedIn als leitende Referentin für Europaangelegenheiten im Bundestag vor.

Und sie ist Kandidatin der bulgarischen Partei "Wiedergeburt" für einen Platz im Europaparlament.

Ein Sprecher der Fraktion wollte auf Anfrage von t-online keine Angaben machen, ob Laykova weiterhin bei der Fraktion beschäftigt und zugleich Europa-Kandidatin in Bulgarien ist. Laykova steht auch an der Spitze einer im vergangenen Jahr gegründeten Berliner Niederlassung der bulgarischen Partei. Sie berichtete für "Wiedergeburt Berlin" von den Bauernprotesten in Deutschland, während die Mutterpartei in Bulgarien an Blockaden tatkräftig mitwirkte.

Die Doppelrolle kam der Berlinerin auch beim bulgarischen Nationalfeiertag entgegen: Sie war am 3. März Teil einer AfD-Delegation, die den bulgarischen Nationalfeiertag mit "Wiedergeburt" am symbolträchtigen Schipka-Pass feierte. Fotos zeigen die AfD-Abgeordneten Harald Weyel und Rainer Rothfuß neben Kostadinov inmitten bulgarischer und ein paar russischer Fahnen.

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In Deutschland fiel das kaum auf, in Bulgarien schon. Dort kursierten Fotos, die Rothfuß mit dem Chef der nationalistischen russischen Nachtwölfe zeigen. Das passe zum von Rothfuß überschwänglich gelobten "Kopeke". Der deutsche Abgeordnete erklärte dem Portal "Glasove", Kostadinov sei beim Termin umgeben gewesen "von glücklich lächelnden Menschen (...), die Selfies mit ihm machen wollten. Für 'normale' Politiker aus der 'normalen' Schicht ist das undenkbar." Sein Begleiter Weyel ist einer der Gründer einer "Vereinigung zur Abwehr der Diskriminierung und der Ausgrenzung Russlanddeutscher sowie russischsprachiger Mitbürger in Deutschland", einem pro-russischen Lobby-Verein.

"Wiedergeburt"-Delegation reiste im Februar zu "Einiges Russland"

Noch offener russlandfreundlich tritt die "Wiedergeburt" auf: Im Februar 2024 folgten Vertreter einer Einladung von Putins Partei "Einiges Russland" zu einem Forum in Moskau. Die Partei hatte auch einen chancenlosen Antrag auf den Austritt aus der Nato gestellt, weil die Mitgliedschaft ein Nachteil für Bulgariens Sicherheit sei – russische Argumente.

Die anderen Parteien, die zur Konferenz von "Europas Neuen Führern" eingeladen waren, kommen in ihren Heimatländern nicht an vorderer Stelle in Umfragen. Um eine Fraktion zu bilden, braucht es aber nach den EU-Regeln nicht nur eine Mindestzahl an Abgeordneten, sie müssen auch aus mindestens sieben Ländern kommen.

Und die deutsche AfD war dann in Sofia doch irgendwie vertreten: Rada Laykova übernahm zumindest einen Teil der Moderation.

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