"Bodyfarm" geplant Rechtsmediziner suchen Verwesungs-Grundstück
Was passiert, wenn Leichen unter verschiedenen Bedingungen verwesen? Frankfurter Rechtsmediziner wollen das simulieren und suchen dafür ein Testgelände.
Rechtsmediziner der Universität Frankfurt suchen nach einem Gelände, um die Verwesung von Leichen zu erforschen. Auf einer solchen "Bodyfarm" könnten Fundorte von Toten nachgestellt werden, etwa um Erkenntnisse für Kriminalfälle zu gewinnen, wie der Hessische Rundfunk (hr) berichtet. Es wäre die erste Anlage dieser Art in Deutschland.
Gesucht wird nach einem Gelände im Rhein-Main-Gebiet mit einer Fläche von etwa einem Hektar. Das Grundstück soll Wald und Wiesen sowie unterschiedlich feuchte und trockene Abschnitte haben. Es müsste zudem so geschützt sein, dass Unbefugte nicht auf das Gelände können. Die menschlichen Leichen sollen von Körperspendern stammen, die sich nach ihrem Tod der Forschung zur Verfügung stellen.
In den USA gibt es solche Gelände bereits. Die größte Bodyfarm dort umfasst ein Gebiet von 12.000 Quadratkilometern. Eine kleinere existiere in den Niederlanden. Diese wird auch von Frankfurter Rechtsmedizinern genutzt, wie der Leiter des Instituts, Prof. Marcel A. Verhoff, der Deutschen Presse-Agentur sagte. Die Frankfurter nutzen auch ein Gelände im Münsterland für Verwesungsversuche mit Schweinen. Häufig seien sie aber auf Laborexperimente angewiesen - zum Beispiel mit Hackfleisch unter Wärmelampen.
An genügend Körperspender zu kommen, sei nicht das Problem, sagte Verhoff. Es gebe durchaus Menschen, die ihren Leichnam ohne Auflagen der Wissenschaft überließen. Auch rechtlich seien solche Experimente kein Problem. Schwierig sei nur die Logistik solcher Versuche, weil die beiden verfügbaren Gelände so weit weg seien.
Auf einer eigenen Bodyfarm könne man zum einen konkrete Kriminalfälle "nachstellen": Man könnte einen Spenderkörper zur gleichen Jahreszeit an einem ähnlichen Ort "kalkuliert verwesen lassen", zum Beispiel im Wald, unter Erde, in einem Auto oder einem Zelt. Zum anderen könnte man wissenschaftliche Experimente durchführen. "Unsere wissenschaftliche Arbeit ist sehr anwendungsbezogen", sagte Verhoff. Es gehe um ganz konkrete Fragen, die in Kriminalfällen von entscheidender Bedeutung seien, etwa: "Wie lange lag die Leiche da?"
Der Biologe Jens Amendt war bei den Versuchen im Münsterland dabei. Sie fanden auf einem ehemaligen Militärgelände statt, das ungenutzt, umzäunt und landschaftlich vielfältig ist - ideal, aber zu weit weg, wie der Wissenschaftler erklärte. Man habe tote Schweine ausgelegt und die Gegend nachts mit der Polizei abgesucht, um herauszufinden, wie lange Leichen durch die "Insektenaktivität" mit Wärmebildkameras aus der Luft aufgespürt werden können.
Amendt erhofft sich von der Bodyfarm auch Raum für grundlegende Erkenntnisse über Verwesung. Zum Beispiel, wie sich der Boden unter einer Leiche verändert. In einem Experiment in den Niederlanden habe man zwei Leichen verscharrt und sie zu verschiedenen Zeitpunkten wieder ausgegraben, um zu überprüfen, wie weit die Verwesung fortgeschritten ist und welche Insekten aktiv sind.
"Ersatzorganismen" wie Schweine seien hilfreich, sagte Amendt. Aber spätestens, wenn etwas gerichtsverwertbar sein müsse, müsste man die Ergebnisse an menschlichen Leichen überprüfen. Das Institut für Rechtsmedizin hofft nun auf Angebote im Rhein-Main-Gebiet, stellt sich aber auf eine schwierige Suche ein. "Die Leuten wollen keine toten Schweine auf ihrer Wiese rumliegen haben", sagt Amendt.