"Weiß nicht, wie das geschehen konnte" Ali B. gesteht vor Gericht Tötung der 14-jährigen Susanna
Der Fall Ali B. löste voriges Jahr großes Entsetzen aus. Nun muss sich der 22-jährige Iraker vor Gericht verantworten. Er gesteht – und entschuldigt sich bei den Eltern.
Im Mordprozess um den gewaltsamen Tod der Schülerin Susanna hat der Angeklagte Ali B. vor dem Landgericht Wiesbaden gestanden, das Mädchen umgebracht zu haben. "Es wurde vor meinen Augen schwarz, dann kam es zu diesem Ereignis. Ich weiß nicht, wie das geschehen konnte", sagte der 22-Jährige am Dienstag vor dem Wiesbadener Landgericht laut Übersetzung des Dolmetschers.
Anschließend habe er geschaut, ob das Mädchen noch am Leben ist, aber keinen Puls mehr gefühlt. Vor der Tat habe er einvernehmlichen Sex mit Susanna gehabt. Den Vorwurf der Vergewaltigung hat B. bislang stets bestritten.
Ali B. wandte sich an vor Gericht an die Eltern des Mädchens. "Bei der Mutter und beim Vater entschuldige ich mich", sagte er. "Ich weiß, dass meine Entschuldigung nichts wieder gut machen kann." Seitdem er im Gefängnis sei, habe er verstanden, dass er etwas sehr Schlimmes getan habe.
Ali B. hatte einen Komplizen
Ali B. sagte weiter, er habe die 14-Jährige drei Monate vor der Tat über einen gemeinsamen Bekannten kennengelernt. Sie hätten öfter Zeit miteinander verbracht, Musik gehört oder seien Hand in Hand spazieren gegangen. Er habe nicht gewusst, wie alt sie sei, sagte der Iraker.
Laut Anklage hat Ali B. in der Nacht vom 22. zum 23. Mai 2018 Susanna in einem Feld vergewaltigt. Als die 14-Jährige danach drohte, zur Polizei zu gehen, habe er sie von hinten angegriffen und erwürgt, sagte die Staatsanwältin. Anschließend habe er mit einer weiteren, bislang unbekannten Person ein Erdloch ausgehoben und die Tote vergraben.Von dem Handy des Opfers aus soll er eine Nachricht an die Mutter von Susanna geschrieben haben, um sie glauben zu lassen, die Tochter sei in Paris.
Strittige Aktion von Bundespolizei-Chef
Die Leiche von Susanna war nach einer großen Suche am 6. Juni 2018 in einem kleinen Wald in Wiesbaden-Erbenheim gefunden worden. Ali B. setzte sich mit seiner Familie in den kurdisch kontrollierten Nordirak ab. Dort wurde er wenige Tage später von kurdischen Sicherheitskräften gefasst und von der Bundespolizei nach Deutschland überführt.
Der Behördenchef Dieter Romann reiste dazu persönlich ins irakische Erbil. Die Abschiebung wurde von der irakischen Zentralregierung in Bagdad als Rechtsverstoß kritisiert, da es kein Auslieferungsabkommen zwischen dem Irak und Deutschland gibt. In Deutschland löste die Aktion des Behördenchefs eine Debatte darüber aus, ob Romann seine Kompetenzen überschritten habe.
Weißer Ring begleitet Angehörige
Zum Auftakt des Prozesses appellierte die Opferschutzorganisation Weißer Ring an die Justiz, die Opfer nicht aus dem Blick zu verlieren. Oft stehe in der Verhandlung ausschließlich der mutmaßliche Täter im Fokus, die Opfer würden nur als Zeugen wahrgenommen, sagte ein Sprecher des Weißen Rings in Mainz.
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Auch im Fall Susanna werde die Familie der getöteten 14-Jährigen bereits seit Längerem eng begleitet, sagte der Sprecher. Ehrenamtliche des Weißen Rings begleiteten die Angehörigen auch an den Prozesstagen. Die Mutter und die Halbschwester der getöteten Susanna sind als Nebenkläger vor Gericht vertreten.
- Nachrichtenagentur dpa