Festnahme von Luigi Mangione Seine Reaktion weckte sofort den Verdacht der Beamten
Bei den Ermittlungen zum Mord an dem US-Versicherungschef Brian Thompson hat die Polizei Hinweise auf das mögliche Motiv gefunden. Der Tatverdächtige trug ein Manifest bei sich.
Bei den Ermittlungen zum Mord an dem Versicherungskonzernchef Brian Thompson in New York hat die Polizei Hinweise auf das mögliche Motiv des Tatverdächtigen gefunden. Der in Pennsylvania festgenommene Luigi Mangione trug nach Angaben der Polizei ein Manifest bei sich, in dem er seine Wut auf das System der Gesundheitsversorgung in den USA zum Ausdruck brachte. Der 26-Jährige wurde nach seiner Festnahme wegen Mordes beschuldigt. Am Dienstag weigerte er sich, einer Überstellung nach New York Folge zu leisten.
"Ich habe dieses Manifest lesen können", sagte der Chefermittler der New Yorker Polizei, Joseph Kenny, dem US-Sender ABC. Mangione sei frustriert über die Gesundheitsversorgung in den USA gewesen. In seinem Text habe er darauf hingewiesen, dass das US-Gesundheitssystem das teuerste weltweit sei – die USA bei der Lebenserwartung aber nur auf Rang 42 stünden. "Er hat viel über seine Verachtung für US-Konzerne und insbesondere die Gesundheitsindustrie geschrieben", sagte Kenny.
Aus dem Schreiben zitierte unter anderem der Nachrichtensender CNN. Laut den Berichten ist es mit der Hand geschrieben und zweieinhalb Seiten lang. Darin prangerte Mangione Krankenversicherer an, die ihre Profite zulasten des Wohlergehens der Patienten erwirtschafteten. "Ich entschuldige mich für das Leid und das Trauma", schrieb Mangione zu seiner mutmaßlichen Tat. "Diese Parasiten haben es verdient. (…) Es musste getan werden."
McDonald's-Mitarbeiter erkennt den Flüchtigen
Mangione war am Montag nach tagelanger Fahndung in der Stadt Altoona in Pennsylvania festgenommen worden und wurde anschließend wegen Mordes, Schusswaffenbesitzes und Besitzes gefälschter Papiere beschuldigt. Er war nach dem mutmaßlichen Mord am vergangenen Mittwoch mit einem E-Bike geflohen und im Central Park verschwunden.
Ein McDonald's-Mitarbeiter in Altoona alarmierte am Montag die Ermittler. Mangione biss gerade in sein Essen – Aufnahmen davon wurden nun von der Polizei an die Presse gegeben. Der Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, lobte den McDonald's-Mitarbeiter und nannte ihn einen "Helden".
Als die Streife in dem Schnellrestaurant anrückte, fragte einer der Polizeibeamten den 26-Jährigen, ob er kürzlich in New York gewesen sei. Daraufhin sei Mangione extrem nervös geworden und habe ausweichend geantwortet. Die Beamten hätten in diesem Moment Verdacht geschöpft, sagte ein Polizeisprecher. Kurz darauf klickten die Handschellen.
Mangione schreit auf dem Weg ins Gericht die Reporter an
Am Dienstag erschien der Mangione im Bezirk Blair vor Gericht. TV-Aufnahmen zeigten den 26-Jährigen, wie er in Handschellen und orangefarbener Häftlingskleidung zum Gericht gebracht wurde. Dort lehnte er eine Überstellung nach New York ab, wie Staatsanwalt Peter Weeks mitteilte. Seine Anwälte hätten nun zwei Wochen Zeit, Argumente für einen Verbleib in Pennsylvania vorzubringen.
Während Mangione von Polizisten abgeführt wurde, wehrte er sich teils heftig und schrie die Reporter vor Ort mit "ungerecht" sowie "eine Beleidigung für die Intelligenz des amerikanischen Volkes" an.
Die Polizei fand bei ihm eine Schusswaffe und einen Schalldämpfer, "möglicherweise mit einem 3D-Drucker hergestellt". Mangione ist dringend verdächtig, am Mittwoch vergangener Woche in New York Brian Thompson, den 50-jährigen Chef des Krankenversicherungskonzerns UnitedHealthcare, auf offener Straße erschossen zu haben.
Thompson stand seit 2021 an der Spitze des Unternehmens, eines der größten Krankenversicherer der USA mit 440.000 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 371 Milliarden Dollar (353 Milliarden Euro).
Seine Ermordung hatte Erschütterung ausgelöst, aber im Netz auch zu einer Serie hasserfüllter Kommentare über US-Krankenversicherer geführt. Den Konzernen wurde darin vorgeworfen, sich auf Kosten der Patienten zu bereichern. In den sozialen Medien wird Mangione teils für seine mutmaßliche Tat gefeiert, als sei er eine Art moderner Robin Hood (hier lesen Sie mehr: Wie ein eiskalter Killer zum Helden gemacht wird).
"Man tötet niemanden kaltblütig wegen politischer Fragen"
Der Gouverneur von Pennsylvania, Josh Shapiro, verurteilte die Tat. "Man tötet niemanden kaltblütig wegen politischer Fragen oder um damit seine Meinung kundzutun", erklärte der demokratische Politiker. Auch das Weiße Haus reagierte am Dienstag. "Auf Gewalt zurückzugreifen, um die Habgier von Unternehmen zu bekämpfen, ist nicht akzeptabel", sagte die Sprecherin des Weißen Hauses, Karine Jean-Pierre.
Nach Informationen der "New York Times" litt Mangione unter starken Rückenschmerzen und wurde deshalb im vergangenen Jahr operiert. Ein Foto auf einem seiner Internet-Konten zeigt eine Röntgenaufnahme einer offenbar verletzten Wirbelsäule.
Laut US-Medien ist Mangione Sohn einer vermögenden Familie aus der Region Baltimore, die unter anderem mehrere Country Clubs, also exklusive Sport- und Erholungsanlagen, besitzt. Die Familie veröffentlichte eine Erklärung, in der sie sich "geschockt und erschüttert" zeigte.
Mangione wuchs nach Angaben der Ermittler im US-Bundesstaat Maryland auf, studierte an der University of Pennsylvania, wo er ein Examen in Ingenieurswissenschaften ablegte und als ausgezeichneter Student galt. Nach Angaben der Polizei war die letzte bekannte Adresse Mangiones in Honolulu auf Hawaii.
- bbc.com: CEO shooting suspect in angry outburst as he fights extradition to New York (englisch)
- cnn.com: UnitedHealthcare CEO shooting suspect charged with murder (englisch)
- Mit Material der Nachrichtenagentur afp