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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Panzerfaust im Schrank Darum fand die Polizei Klettes Waffen erst so spät
Die frühere RAF-Terroristin Daniela Klette ist gefasst. Von den beiden anderen Mitgliedern der Roten Armee Fraktion fehlt allerdings weiter jede Spur. So könnte die Polizei vorgehen.
Nach mehr als 30 Jahren Suche gelang der Polizei am vergangenen Montag ein Fahndungserfolg: In Berlin-Kreuzberg nahmen Beamte die untergetauchte Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette fest. Ihre Vernehmung könnte erstmals konkrete Hinweise zu den Taten der dritten und letzten Generation der Roten Armee Fraktion liefern – wenn sie denn aussagt.
Tut sie es nicht, müssen die Ermittler auf andere Methoden zurückgreifen. Und das könnte bedeuten, dass sie erneut lange Zeit im Dunklen tappen werden. "Die Polizei ist beim Thema Digitalisierung noch nicht im 21. Jahrhundert angekommen", erklärt Alexander Poitz, der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), im Gespräch mit t-online. Nicht einmal Smartphones und Tablets seien flächendeckend als Hilfsmittel bei Ermittlungen bei den Behörden in Verwendung.
Viel Kritik an der Polizei
Im Zuge der Verhaftung von Daniela Klette hatte es zuvor viel Kritik an den Sicherheitsbehörden gegeben. Das lag unter anderem daran, dass Journalisten zuvor innerhalb weniger Minuten auf die Spur der gesuchten Ex-Terroristin gekommen waren, indem sie eine Software einsetzten, die mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) Klettes Gesicht mit Fotos im Internet abglich. Mehr dazu lesen Sie hier.
Doch diese Software darf die Polizei in Deutschland aufgrund von Einschränkungen durch das KI-Gesetz nicht anwenden. "Im KI-Gesetz sind mehrere Sicherheitsstufen festgelegt – und wir als Sicherheitsbehörde unterliegen der höchsten", sagt Poitz. Das bedeutet, dass alle Anwendungen, die die Polizei nutzen möchte, zunächst eingehend geprüft werden müssen.
Insbesondere der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware sei heikel, führt Poitz aus. Entsprechende Tools müssten zunächst einen Datensatz aufbauen und dazu Daten im öffentlichen Raum sammeln. Darüber hinaus müssten Beamtinnen und Beamte diese Daten dann händisch auswerten, aufbereiten und dabei alle Datenschutzrichtlinien beachten.
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GdP-Sprecher: Wollen keine Überwachung wie in "1984"
Benjamin Jendro ist Pressesprecher der GdP Berlin und erzählt im Gespräch mit t-online, dass die Polizei schon Testläufe bestimmter KI-Programme begonnen habe. "Aber auch wenn diese danach zum festen Bestandteil unserer Ermittlungsarbeit werden, sind die Bürgerinnen und Bürger nicht so überwacht wie im Film 'Staatsfeind Nr. 1' oder im Buch '1984'", erklärt er. Und fügt hinzu: "Und das wollen wir auch gar nicht."
Er kann die Kritik vieler Bürgerinnen und Bürger an der langwierigen Ermittlung im Fall Daniela Klette nachvollziehen. Allerdings unterliege die Polizei deutlich strengeren Gesetzen als etwa die Journalisten, die Klette mithilfe der KI-Gesichtserkennungssoftware aufspüren konnten. "Sämtliche Sicherheitsbehörden hängen den technischen Möglichkeiten hinterher", sagt Jendro. Die Sicherheit sei Ländersache, die Behörden unterlägen den Polizei- und Datenschutzgesetzen der Bundesländer. "Wir haben einen sicherheitspolitischen Flickenteppich in Deutschland."
Polizei ist im Digitalen nicht gut aufgestellt
Bis zur effektiven Nutzung von Künstlicher Intelligenz sei es allerdings noch ein weiter Weg, vermutet der Sprecher der GdP Berlin. Auf dem Feld der sogenannten Open Source Intelligence (OSINT), also der Nachrichtengewinnung und -auswertung durch öffentlich zugängliche Quellen, sehe er derzeit mehr Potenzial. "Aber auch hier brauchen wir mehr rechtliche Möglichkeiten sowie technische und personelle Kapazitäten", sagt Jendro.
Die deutschen Sicherheitsbehörden müssten hinsichtlich der Datenerhebung im öffentlichen Raum besser aufgestellt sein. Als Beispiel führt Jendro den Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz an, bei dem am 19. Dezember 2016 13 Menschen starben. "Damals musste die Polizei ein Onlineportal einrichten und die Bevölkerung dazu aufrufen, Bilder und Videos hochzuladen – denn es gab schlichtweg kein staatliches Material."
Darum fand die Polizei Klettes Waffen erst so spät
Kritik aus der Bevölkerung gab es jedoch nicht nur aufgrund der langen Fahndung nach Daniela Klette, sondern auch, weil die Polizei die gefundenen Waffen in der Wohnung der einstigen Terroristin nicht direkt bei der ersten Hausdurchsuchung gefunden hatte. Welche Waffen die Polizei in der Kreuzberger Wohnung sicherstellte, lesen Sie hier.
Diese vermeintliche Nachsichtigkeit habe allerdings konkrete Gründe, erklärt Benjamin Jendro: "Bei einer RAF-Terroristin gibt es immer eine Gefährdungslage. Wenn bei der Durchsuchung der Sprengstoffhund anschlägt, müssen die Kollegen immer auf Nummer sicher gehen." Deshalb habe man sich noch während der ersten Hausdurchsuchung zurückgezogen und auf Spezialisten gewartet, die die Waffen dann aus der Wohnung entfernt hätten.
Jendro: Keine konkrete Gefährdungslage vorhanden
Im Hinblick auf die beiden anderen flüchtigen Ex-RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg tappe die Polizei derzeit noch im Dunkeln, so Jendro. Am Dienstag hatten das Landeskriminalamt Niedersachsen und die Staatsanwaltschaft Verden mitgeteilt, dass die Ermittler vermuteten, dass sich Staub und Garweg, ebenso wie Klette, in Berlin aufhielten.
Aber Jendro räumt ein: "Wir wissen nichts über ihre eventuellen Netzwerke." Berlin sei zwar eine Hochburg der radikalen Linken, deren Netzwerk auch ins Ausland reiche. Zunächst müsse die Polizei aber überprüfen, ob Daniela Klette Teil eines solchen Netzwerks war, sagt der Sprecher der GdP Berlin. "Derzeit gibt es keine konkreten Hinweise, dass Staub und Garweg in Berlin sind."
Infolge der Nachrichten über Daniela Klettes Verhaftung könne es allerdings sein, dass die beiden gesuchten Ex-Terroristen aus der Stadt verschwunden sind, sofern sich die beiden überhaupt dort aufgehalten haben. Anlass zur Beunruhigung gebe es deswegen aber nicht, sagt Jendro. "Eine konkrete Gefährdungslage, die über die sogenannte abstrakte Terrorismusgefahr hinausgeht, besteht nach unserer Kenntnis momentan nicht."
- Telefongespräche mit Alexander Poitz und Benjamin Jendro