Schlimme Zustände in Unterkunft Flüchtlinge misshandelt – 29 Angeklagte vor Gericht
Vor vier Jahren kamen die erschreckenden Zustände in einem Flüchtlingsheim in Burbach ans Licht. Nun müssen sich 29 Angeklagte vor Gericht verantworten.
Die Bilder lösten bundesweit Entsetzen aus: Auf den vor gut vier Jahren aufgetauchten Handyaufnahmen war die entwürdigende Behandlung von Flüchtlingen in einem Notaufnahmeheim im nordrhein-westfälischen Burbach zu sehen. Wachleute sollen ihre Schutzbefohlenen auf eine mit Erbrochenem verschmutzte Matratze gezwungen und mit dem Fuß im Nacken ihrer Opfer posiert haben. Ab Donnerstag wird der Fall Burbach vom Landgericht Siegen juristisch aufgerollt.
29 Angeklagte müssen sich in dem Mammutprozess vor der Siegener Strafkammer verantworten – darunter Mitarbeiter der Unterkunftsleitung, der Sozialbetreuung und des Wachdiensts. Insgesamt geht es in dem Prozess um dutzende verschiedendster Straftaten, darunter Freiheitsberaubung und Diebstahl.
So sollen Bewohner der in einer ehemaligen Kaserne eingerichteten Unterkunft bei Verstößen gegen die Hausordnung - beispielsweise Rauchen oder Alkoholkonsum auf den Zimmern - teils für mehrere Tage in sogenannten "Problemzimmern" eingesperrt worden sein. Beim Transport in diese Räume soll es Körperverletzungen gegeben haben, außerdem Nötigungen und Diebstähle.
Die meisten Straftaten sollen die mit der Heimleitung und der Teamleitung der Sozialbetreuer betrauten Angeklagten verübt haben. Motiv für die Misshandlungen war laut Staatsanwaltschaft, die Zahl der Meldungen von Zwischenfällen in der Unterkunft an Polizei- und Ordnungsbehörden niedrig zu halten und den Ruf der Einrichtung nicht zu gefährden.
Zwei Verfahren werden erst 2019 verhandelt
Insgesamt klagte die Staatsanwaltschaft im Fall Burbach 38 Verdächtige an – zwei Verfahren gegen zusammen sechs geständige Beschuldigte wurden allerdings abgetrennt und werden voraussichtlich erst ab Anfang kommenden Jahres verhandelt. Kurzfristig wurden nach Gerichtsangaben auch die Verfahren gegen zwei weitere Angeklagte abgetrennt, die eigentlich am Donnerstag auf der Anklagebank sitzen sollten – beide sind erkrankt.
Zu Prozessbeginn am Donnerstag trennte die Kammer des Siegener Landgerichts zudem ein Verfahren gegen einen Angeklagten ab, weil er zu spät zur Hauptverhandlungen geladen worden war. Das Verfahren begann also mit nur noch 29 Angeklagten. Wegen der Vielzahl der Verfahrensbeteiligten verhandelt das Siegener Landgericht in einem Saal des Kongresszentrums Siegerlandhalle. Der Prozess dürfte mindestens bis zum kommenden Frühjahr dauern.
34.000 Seiten Prozessakten
Die außergewöhnliche Dimension des Prozesses veranschaulicht zudem der Umfang der Akten, in die sich die Verfahrensbeteiligten einarbeiten mussten: Der Aktenbestand umfasst nach Angaben eines Gerichtssprechers mehr als 34.000 Seiten. Für das Verfahren beraumte die erste große Strafkammer des Gerichts Verhandlungstermine bis Mai kommenden Jahres an.
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Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatte sich das Land Nordrhein-Westfalen von der privaten Betreiberfirma der Burbacher Flüchtlingsunterkunft getrennt. Außerdem führte das Bundesland Sicherheitsüberprüfungen der in Flüchtlingsheimen eingesetzten Wachleute ein.
- Nachrichtenagentur AFP