Mega-Schlangen und Chaos pur Wildwest an Berliner Flughäfen zu Ostern
Der Eröffnungstermin des Hauptstadtflughafens BER droht erneut zu kippen – und die bestehenden Flughäfen kommen mit den Massen nicht klar. Am Freitag waren die Schlange so lang, dass viele Reisende ihre Maschinen verpassten. Zu Ostern wird es noch voller.
Der Vize-Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Fabio de Masi, steckte ebenso tief im Chaos wie Beauty-Bloggerin Selin (220.000 Instagram-Abonnenten): Flieger verpasst wegen Endlos-Schlangen am Flughafen Tegel. So erging es am Freitag vielen Fluggästen: Frust, Wut und Tränen bei Passagieren sowie offensichtliche Machtlosigkeit beim Personal. t-online.de war dort.
Hochbetrieb herrscht zum Ferienstart an vielen Flughäfen, Tegel platzt aber aus allen Nähten. Das große Dilemma: Der neue Hauptstadtflughafen BER sollte längst geöffnet haben. Ist er aber nicht, Tegel und Schönefeld müssen weiter Lückenfüller spielen, investiert wird nur das Allernötigste. Nun wird sogar die geplante BER-Eröffnung im Oktober 2020 immer fraglicher, nachdem der jüngste Statusbericht des TÜV noch 11.500 Mängel nennt. Nach einem "Bild"-Bericht fordert der Bund am 17. April Klarheit.
22 statt 12 Millionen Passagiere
Tegel war mal für 12 Millionen Passagiere ausgelegt, jetzt sind es 22 Millionen – bei stark steigendem Flugverkehr und ohne angemessene Erweiterung. 20 Prozent mehr Fluggäste als im Vorjahr erwartet die Flughafengesellschaft an diesem und dem Osterferien-Wochenende an ihren beiden Flughäfen Tegel und Schönefeld. 240.000 Fluggäste an diesem verlängerten Wochenende, 400.000 am nächsten. Geschätzt 75.000 Menschen flogen am Freitag von Tegel und hatten bereits große Probleme.
Die Toiletten auf Schweizer Flughäfen seien größer und schicker als die komplette Wartehalle von Tegel, ätzte Moderatorin Ruth Moschner am Freitag auf Twitter. In Tegel standen sich die Menschen am Freitag zeitweilig buchstäblich auf den Füßen. Im Terminal C begegnete das Ende der Warteschlange vor den Sicherheitskontrollen an einem Teil der Halle dem Ende der Schlange am gegenüberliegenden. An den Ein- und Ausgängen mussten Reisende sich zeitweise durch die Reihe der Wartenden kämpfen.
Trotz der Menschenmassen im Terminal: "Selbstverständlich werden auch bei vollen Terminals die Brandschutzbestimmungen eingehalten", sagte Flughafensprecher Daniel Tolksdorf zu t-online.de. Wenn sich Engpässe abzeichneten, würden Flüge auch zu anderen Terminals gelegt. Theoretisch sei auch eine Sperrung von Terminals denkbar, in der Praxis habe es das in den zurückliegenden Jahren noch nicht gegeben. Wenn es voll werde in einem Terminal, reagiere das Terminalmanagement zunächst, in dem es Abtrennbänder spanne, um Schlangen zu lenken.
Recht des Stärkeren in den Warteschlangen?
Es sei fast niemand dort gewesen, berichteten dagegen wütende Passagiere. Die Journalistin Annika Leister schilderte ihren Eindruck auf Twitter: Der Eingang zur Sicherheitskontrolle sei "umkämpft wie das einzige Wasserloch in der Wüste. Gesetzlose Zone, der Dreistere siegt." Sie habe nette, höfliche Menschen weinend zurückbleiben gesehen.
Der aus dem Libanon stammende Autor und Journalist Joey Ayoub berichtete aus dem Gewühl: "Hunderte auf engstem Raum, zwei, drei Mitarbeiter und Kämpfe: Tegel gewinnt den zweifelhaften Titel, schlechter als Beirut zu sein."
Vom Flughafen wird eingeräumt, am Rande der Kapazitäten zu sein. Tolksdorf sagt offiziell: "In den Ferien wollen viele Menschen verreisen. Das ist natürlich eine Herausforderung für die Infrastruktur. Gerade dann kann es auch zu längeren Warteschlangen kommen." Das eigene Personal und das bei Dienstleistern sei aufgestockt worden. Der Flughafen empfiehlt auch, mindestens zwei Stunden vor Abflug im Flughafen zu sein. Mitten im Trubel twitterten die Berliner Airports ihre Tipps für entspanntes Reisen.
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Zwei Stunden, das war die Zeit, die etliche Reisende nach ihren Schilderungen in der Schlange standen. Ihre Maschinen flogen ohne sie. Betroffen war etwa auch der Linken-Politiker Fabio de Masi, der zu einem Wahlkampfauftritt nach Luxemburg wollte. "Wegen Störungen im Flugverkehr", könne er nicht kommen, teilte Luxemburgs Linke dann mit. Die Masi holte seinen schon eingecheckten Koffer wieder, fuhr zurück in die Stadt.
EasyJet: "Leider keine Kontrolle über die Situation"
Die Video-Bloggerin Selin stellte sich am frühen Abend zum zweiten Mal an der Sicherheitskontrolle an. "Jetzt ist es es nicht ganz so schlimm", sagte sie t-online.de. Die 220.000-Abonnenten ihres Instagram-Accounts @selxn hatten mitverfolgen können, wie sie mittags den Flug nach Stuttgart verpasst hatte, weil es so langsam vorwärts ging. "Ich könnte heulen", erklärte sie. Immerhin nahm EasyJet sie im Abendflug kostenlos mit. Die Fluggesellschaft entschuldigte sich bei Passagieren: "Leider hat EasyJet keine Kontrolle über die augenblickliche Situation."
Die Sicherheitskontroll-Linien wurden im vergangenen Jahr zumindest im Terminal D erweitert. Sie seien aber nicht das Nadelöhr, erklärt die Flughafengesellschaft: Im Flughafenbetrieb greifen so viele Zahnräder ineinander, dass an vielen Stellen der Ablauf gestört werden kann. Und dafür ist das Risiko in Tegel besonders groß, analysierte das Handelsblatt: “Die Abläufe sind mittlerweile so sehr verdichtet, dass selbst kleinste Störungen in der Prozesskette verheerende Folgen für Fluggäste haben.” Im März musste die Polizei kommen und aufgeregte Gemüter beruhigen. Da war es das Gepäck, das dreieinhalb Stunden auf sich warten ließ. Die Gepäckkeller fassen auch längst nicht so viele Wagen, wie nötig wären.
Die Politik, die sich auf den neuen Flughafen BER lange verlassen hat, macht dem Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup Druck. Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus, sagte dem Handelsblatt: Auch wenn der Flughafenchef vor allem damit beschäftigt sei, BER zum Laufen zu bringen, "muss er die bestehenden Flughäfen Tegel und Schönefeld besser managen. Die Verantwortung, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen, liegt bei der Flughafengesellschaft."
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Die Flughafengesellschaft, die zu jeweils rund einem Drittel Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört, kann neben dem Wachstum immerhin etwas vorweisen: In Punkto Pünktlichkeit der Maschinen waren Berlins Flughäfen 2018 deutschlandweit spitze. Am Freitag freuten sich allerdings viele Passagiere, wenn ihre Maschine Verspätung hatte. Dann hatten sie Chancen, ihren Flug doch noch zu erwischen.
- Eigene Recherchen
- Tagesspiegel: TÜV hält BER-Terminplan für stark gefährdet
- Bild: Pannenflughafen BER – Jetzt wird es richtig (D)übel
- Handelsblatt: Der Berliner Flughafen Tegel steht vor einem Stresstest – schon wieder (Bezahlinhalt)
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