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Jörg Kachelmann: Worauf es beim Löschen von Waldbränden ankommt


Regen hilft nicht viel
Worauf es beim Löschen von Waldbränden ankommt

MeinungVon Jörg Kachelmann

Aktualisiert am 25.08.2018Lesedauer: 3 Min.
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Waldbrand in Südbrandenburg: Rauchwolken steigen über der Landschaft auf.Vergrößern des Bildes
Waldbrand in Südbrandenburg: Rauchwolken steigen über der Landschaft auf. (Quelle: Sascha Graf/dpa)

In Brandenburg kämpfen Feuerwehrleute gegen die Flammen – der Regen wird ihnen dabei nicht helfen. Der Wind ist entscheidend.

Es braucht nur einen Idioten, um Menschen über Waldbrände umzubringen. Im Westen Kanadas, wo ich eine Zeit lang gelebt habe, ist diese Gefahr allgegenwärtig – vor allem nach dem furchtbaren Feuerjahr 2003, als eine Zigarette das Leben von Tausenden Menschen teils für immer veränderte.

Später habe ich in der Nähe dieses 2003 besonders betroffenen Ortes meine meteorologischen Erfahrungen einbringen und beim kommunalen Krisenmanagement mithelfen dürfen. Ich habe nicht damit gerechnet, die Fakten zum Thema für ein Ereignis in Deutschland niederschreiben zu können – aber wenn ein deutscher Sommer von den Regenmengen her wie ein kanadischer Sommer im BC Interior ist, dann sind auch die Folgen identisch.

  • Die meisten Feuer werden durch Menschen verursacht. Wie beim erwähnten Feuer oben sind weggeworfene Zigaretten die häufigste Ursache für Waldbrände. Funkenflug von Bahnlinien, Müll (Glasscherben) und Lager-/Grillfeuer sind deutlich häufiger als Blitzschlag am Rande von Gewittern, wo der Regen nur leicht sein kann.
  • Regen spielt beim Feuerlöschen nur eine untergeordnete Rolle, wenn es nicht flächendeckend gießt wie aus Kübeln. Die Regenschauer, die in den letzten acht Stunden über das Feuer in Brandenburg hinwegzogen, werden keinen Beitrag zur Brandlöschung geleistet haben.

    Leichter Regen macht nichts schlimmer, aber auch nichts besser, weil die meisten Regentropfen über einem großen Feuer verdunsten, bevor sie am Boden ankommen. Natürliches Löschen durch Schauer wird weiterhin kaum eine Rolle spielen, wie die Regensummen-Vorhersage bis Sonntagabend zeigt.
  • Der Wind entscheidet alles. Das Feuer war gestern noch klein und alle hofften das Beste, bis es gestern Abend in Böen mit 50 bis 70 km/h blies. Bei diesen Windgeschwindigkeiten können sich Feuer explosionsartig ausbreiten, überqueren über den eigenen Funkenflug Autobahnen, Kleinstädte. Evakuierungen erfolgen je nachdem kurzfristig und ohne Vorwarnung. Das Einzige, worauf man also momentan gucken muss: Wohin bläst der Wind und wie stark.

    Das sind die stündlichen Vorhersagen für den betroffenen Landkreis in Sachen mittlere Windrichtung und Windgeschwindigkeit (Zeitauswahl über Menü).

    Und das hier sind die Windböen.

    Man sieht, dass die Windgeschwindigkeiten heute Nachmittag wieder höher werden, in Schauern auch örtlich wieder ähnlich kräftig wie gestern Abend. Die Feuerwehren werden danach trachten, die östlich, ab Abend südöstlich des aktuellen Feuers gelegenen Gebiete abzusichern, allenfalls baumfreie Schneisen in den Wald zu legen, über die das Feuer nicht weiterwachsen kann.

    Auch hier: All das kann gelingen, wenn der Wind nicht zu stark wird. Ist das Feuer einmal zu groß, macht es mit der Zeit durch die selber produzierte Hitze sein eigenes Windsystem, was aber eher in Tälern wie in Kanada, weniger in der flachen märkischen Prärie eine Rolle spielt.
  • Der Rauch, die Luft. Die Aufforderung, dass in Potsdam und Berlin Fenster geschlossen bleiben sollen wegen des Waldbrandes in Treuenbrietzen, ist entweder eine sehr lustige Idee oder jemand weiß, dass im betroffenen Gebiet chemische Kampfmunition rumliegt (was wir nicht hoffen wollen).

    Um eine Feinstaubbelastung zu bekommen, die deutlich über dem liegt, was Holz- und Komfortöfen in den Villenquartieren von Berlin und Potsdam hinbekommen, muss die Sicht deutlich reduziert sein. Gesundheitsgefahr besteht dann, wenn so viel Rauch in der Luft ist, dass man in die Sonne gucken kann und sie nur noch als runder rötlicher Ball zu sehen ist und wenig bis keinen Schatten mehr macht.

    Der Rauchgeruch ist ebenfalls ein guter Marker. Riecht es nur nach Holz, haben Sie gesundheitlich ebenfalls bessere Karten als in Dahlem, wenn die Holzofenbesitzer auch mal ein bisschen Müll mitentsorgen. Kurzum: Aufgrund der aktuellen Windrichtung muss niemand in Potsdam und Berlin wegen des Waldbrandes sein Fenster schließen.

Wenn wir öfter trockene Sommer haben wie diesen, werden deutsche Feuerwehrleute bald öfter zu Lehrgängen nach Kanada und in die USA reisen (hoffentlich), um vorbereitet zu sein auf all das, was kommt. Auch wenn die Temperaturen sinken, wird die Waldbrandsaison nicht zu Ende sein – die neue 46-Tage-Vorhersage des Europäischen Zentrums für mittelfristige Vorhersagen zeigt ein sich weiter verschärfendes Regendefizit in den kommenden Wochen.

  • Kachelmanns Donnerwetter: Alle Kolumen von Jörg Kachelmann

Jörg Kachelmann ist Meteorologe und Unternehmer. Er arbeitet seit vielen Jahren als Wetterexperte für das Fernsehen. Zudem hat er seine eigenen Wetterdienste gegründet. Seit 2015 ist er Chef der Wetterplattform kachelmannwetter.com.

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