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Erdbeben fordert Tausende Tote: Marokko von Nachbeben erschüttert


Vermisstensuche in Marokko
Zahl der Toten auf über 2.100 gestiegen

Von dpa, reuters, t-online, afp, wan, mam, csi

Aktualisiert am 10.09.2023Lesedauer: 4 Min.
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Ein Baby eingewickelt in Decken: Für die Helfer ist es ein kleiner Hoffnungsschimmer inmitten der Katastrophe. (Quelle: t-online)

Nach einem verheerenden Erdbeben ist Marokko von einem Nachbeben erschüttert worden. Die Zahl der Toten steigt weiter an.

Nach dem verheerenden Erdbeben in Marokko hat es am Sonntagmorgen ein Nachbeben gegeben. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS hatte es eine Stärke von 3,9, laut der marokkanischen Nachrichtenseite Hespress wurde eine Stärke von 4,5 verzeichnet. Unterdessen läuft den Rettungskräften die Zeit bei der Suche nach Vermissten davon. Experten sprechen in etwa von einem Zeitfenster von 72 Stunden, in dem Überlebende nach einem Erdbeben unter den Trümmern gerettet werden können. Den Rettern in Marokko bleiben somit nur noch zwei Tage, um Überlebende zu bergen.

Die Menschen in den Katastrophengebieten hatten zuvor die zweite Nacht in Unsicherheit verbracht. Die Zahl der Toten stieg nach Behördenangaben auf mittlerweile 2.122. Mindestens 2.421 weitere Menschen wurden verletzt, mehr als die Hälfte davon schwer, wie marokkanische Medien in der Nacht auf Sonntag unter Berufung auf das Innenministerium berichteten. Das Beben vom späten Freitagabend war das schlimmste seit mehreren Jahrzehnten in dem nordafrikanischen Land.

In abgelegenen Bergdörfern des nordafrikanischen Landes gruben sich Rettungskräfte mit schwerem Gerät durch Trümmer eingestürzter Häuser. Ein kleines Bergdorf in der Provinz Chichaoua wurde nahezu vollständig zerstört, wie der staatliche marokkanische Fernsehsender TV 2M am Sonntag meldete. 65 Leichen seien geborgen und ein Massengrab eingerichtet worden. Es wurden Drohnen eingesetzt, um den Einsatzkräften bei der Suche nach Leichen zu helfen, wie die Nachrichtenseite Hespress berichtete. Allein in Chichaoua wurden 191 Todesfälle registriert.

Video | Erdbeben bricht los – Kamera filmt Moment
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Schäden am Unesco-Weltkulturerbe

Die meisten materiellen Schäden seien nach Angaben des Innenministeriums außerhalb der Städte entstanden. Bilder und Videos aus sozialen Netzwerken zeigen zerstörte Gebäude in Städten und auf den Straßen sitzende Menschen. Einwohner der Stadt Marrakesch berichteten jedoch auch von eingestürzten Gebäuden in der historischen Altstadt, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind mehr als 300.000 Menschen in Marrakesch und umliegenden Gebieten von der Katastrophe betroffen.

Die US-Erdbebenwarte USGS teilte mit, das Beben habe eine Stärke von 6,8 gehabt und sich in einer Tiefe von 18,5 Kilometern gut 70 Kilometer südwestlich von Marrakesch und 60 Kilometer nordöstlich der Stadt Taroudant ereignet. Das Epizentrum habe im Atlasgebirge gelegen. Das Geofon des Helmholtz-Zentrums Potsdam gab die Stärke des Bebens mit 6,9 an. Später meldete die US-Behörde ein Nachbeben der Stärke 4,9.

Marokkaner posteten Videos, auf denen zu Schutt zerfallene Gebäude und beschädigte Teile der berühmten roten Mauern zu sehen sind, die die Altstadt von Marrakesch umgeben. Andere Videos zeigen schreiende Menschen, die Restaurants in der Stadt verließen. Das Beben war Berichten zufolge auch in Portugal und Algerien zu spüren.

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Trotz Hilfsangeboten keine Anfrage von Marokko

Marokko rief nach dem verheerenden Erdbeben eine dreitägige Staatstrauer aus. Nationalflaggen an allen öffentlichen Einrichtungen sollen dafür auf halbmast gesetzt werden, wie die staatliche Nachrichtenagentur (MAP) unter Berufung auf eine Mitteilung des Königshofs am Samstagabend berichtete. Zuvor hatte König Mohammed VI. demnach ein Krisentreffen mit Sicherheitsbeamten abgehalten, um das weitere Vorgehen zu beraten.

Trotz zahlreicher Hilfsangebote aus aller Welt hat die Regierung des Landes jedoch auch zum Sonntagmorgen offiziell noch keine Unterstützung angefordert. Dieser Schritt ist nötig, bevor ausländische Rettungskräfte eingesetzt werden können. Das Technische Hilfswerk (THW) schickt seine für einen möglichen Rettungseinsatz in Marokko nahe dem Flughafen Köln/Bonn bereits versammelten Helfer vorerst wieder nach Hause. In der Zwischenzeit habe sich das Zeitfenster, in dem die Wahrscheinlichkeit groß sei, Menschen lebend unter Trümmern zu retten, fast geschlossen. Seit Samstagabend hatten Einsatzkräfte für einen möglichen Rettungseinsatz bereitgestanden. Viele Menschen in den betroffenen Gebieten versuchen indes selbst ihre Liebsten aus den Trümmern zu bergen.

Augenzeugen schildern, wie das Erdbeben die Menschen in der Nacht zum Samstag in Panik versetzte: "Die Menschen waren alle geschockt und in Panik. Die Kinder weinten und die Eltern waren verstört", sagte Abdelhak El Amrani der Agentur AFP. Wie die Zeitung "Le Matin" berichtete, war das Beben auch in Rabat und Casablanca zu spüren. Das ganze Ausmaß der Zerstörung wird wohl erst in den kommenden Tagen erfasst werden. Inzwischen leisten marokkanische Rettungsteams Erste Hilfe.

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Häuser sind nicht robust genug gebaut

Mehrere Länder boten Marokko Unterstützung an, darunter etwa Großbritannien, Israel, Spanien und Deutschland. Trotz diplomatischer Spannungen hat auch Algerien angeboten, den Luftraum zum Nachbarland wieder zu öffnen. Algerien und Marokko unterhalten seit August 2021 keine diplomatischen Beziehungen mehr. Grund seien "feindliche Aktionen von Rabat", hieß es damals. In dem Streit ging es um Gebiete in der Westsahara. Algerien hatte in dem Zusammenhang den Luftraum für alle marokkanischen Flugzeuge gesperrt. Die Grenze ist seit langem geschlossen.

EU-Ratspräsident Charles Michel hatte am Samstagmorgen auf der Plattform X die Unterstützung der EU angeboten. Die Nachrichten aus dem Land seien schrecklich. Er sei in Gedanken bei allen, die von der Tragödie betroffen seien, und bei den Rettungskräften. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen äußerte ebenso ihr Mitgefühl. Sie sei angesichts des schrecklichen Erdbebens mit ganzem Herzen beim marokkanischen Volk, teilte die deutsche Spitzenpolitikerin mit.

Erdbeben in Nordafrika sind relativ selten, daher sind Gebäude nach Einschätzung von Experten nicht robust genug gebaut, um solchen starken Erschütterungen standzuhalten. 1960 hatte sich laut dem Sender Al Arabiya in der Nähe von Agadir ein Beben der Stärke 5,8 ereignet, bei dem Tausende Menschen ums Leben kamen. Das letzte große Erdbeben erschütterte Marokko 2004 mit einer Stärke von 6,4. Mehr als 600 Menschen starben.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa, AFP und Reuters
  • x.com: Tweets von @BNOnews
  • reuters.com: "Powerful earthquake hits Morocco causing deaths, damage" (englisch)
  • alarabiya.net: زلزال ضخم يهز المغرب.. عشرات القتلى والعالقين تحت الأنقاض (arabisch)
  • bbc.com: "Morocco earthquake: 296 killed as buildings damaged" (englisch)
  • Pressemitteilung Bundespräsidialamt
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