Chatnachrichten und Causa Reichelt Mit diesen Kontroversen sorgte Döpfner schon für Aufsehen
Neue Enthüllungen setzen Mathias Döpfner der Kritik aus. Wieder einmal. Denn der Axel-Springer-Chef machte bereits mehrfach Schlagzeilen.
Wieder bringen Textnachrichten den Chef des Axel-Springer-Konzerns in Bedrängnis. "Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig", soll Mathias Döpfner unter anderem geschrieben haben. Das berichtet die "Zeit", die interne Mails und Chats aus dem Verlag, zu dem "Bild" und "Welt" gehören, einsehen konnte. Die Nachrichten stammen aus dem engsten Führungskreis von Springer, darunter viele von Döpfner selbst.
Döpfner rückt damit in den Fokus der Öffentlichkeit, mehr als sonst ein Verlagschef in Deutschland. Wieder einmal. Es ist nicht die erste Kontroverse, die der wohl mächtigste Medienmanager in Deutschland ausgelöst hat. Ein Überblick:
Der DDR-Vergleich
Schon im Oktober 2021 war eine Textnachricht mit pikantem Inhalt öffentlich geworden. Damals kaufte der Springer-Verlag die US-Mediengruppe "Politico". In diesem Zuge stellte die "New York Times" Nachforschungen zu ihm und dem damaligen "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt an. Die US-Zeitung veröffentlichte eine Nachricht, die Döpfner an seinen damaligen Vertrauten, den deutschen Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre, geschickt hatte.
Thema war Reichelt: "Er ist halt wirklich der letzte und einzige Journalist in Deutschland der noch mutig gegen dan neuen DDR Obrigkeits Staat aufgebegehrt", schrieb er mit einigen Flüchtigkeitsfehlern. "Fast alle anderen sind zu Propaganda Assistenten geworden." Nur einen Tag nach Erscheinen des Artikels gab der Springer-Konzern bekannt, Reichelt nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs und Affären mit Mitarbeiterinnen von seinen Aufgaben zu entbinden.
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Döpfner selbst beschrieb den Inhalt seiner Nachricht als Ironie. "Eine private SMS ist kein Tweet, ist kein Post, ist keine öffentliche Rede. Und wenn man in einer privaten Unterhaltung aus dem Zusammenhang gerissen etwas zitiert, dann unterschlägt man Polemik, Ironie, Übertreibung", sagte er in einer Videobotschaft an die Mitarbeiter von Springer. Der Konzern teilte zudem mit, dass die Aussagen aus dem Kontext gerissen seien und Döpfner natürlich nicht die Auffassung vertrete, dass die Bundesrepublik mit der DDR vergleichbar sei.
Causa Julian Reichelt
Diskutiert wird zudem Döpfners Rolle in der Aufarbeitung der Causa Julian Reichelt. Schon im Frühjahr 2021 hatte es interne Ermittlungen zu den Vorwürfen gegeben. Reichelt hatte damals eine zweite Chance bekommen. Im Oktober 2021, nach dem Bericht der "New York Times" und Recherchen des Investigativ-Teams der Ippen-Mediengruppe, wurde Reichelt von seinen Aufgaben entbunden – mit der Begründung, dass der Konzern durch die Recherchen neue Erkenntnisse erlangt hätte, die belegten, "dass Julian Reichelt auch nach Abschluss des Compliance-Verfahrens im Frühjahr 2021 Privates und Berufliches nicht klar getrennt und dem Vorstand darüber die Unwahrheit gesagt hat".
Ein Bericht der "Financial Times" aus dem Februar 2022 legt nahe, dass der Konzern schon früher mehr gewusst habe, als er es nach außen darstellte. "Sie wussten es alles von Beginn an", mit diesen Worten wird eine Person zitiert, die direkt in die Untersuchung eingebunden gewesen sein soll. Der Bericht legte zudem nahe, dass Döpfner in den Vorwürfen gegen Reichelt eine Verschwörung witterte. Er soll einen Anwalt beauftragt und eine Liste mit Personen erstellt lassen haben, die untersucht werden sollten.
"Wenn es mehr Medienberichterstattung gibt – über Opfer und so weiter – dann sollten wir ihnen (den Urhebern der angeblichen Verschwörung) nachsetzen", wird Döpfner zitiert. Sollte der Konzern nochmals "attackiert" werden, könne das Unternehmen zwar weiterhin nicht direkt die Namen der Anklägerinnen verraten, aber es sei dann "akzeptabel, dass diese Namen an die Öffentlichkeit" gelangten.
Eine Recherche des ARD-Formats "Reschkes Fernsehen" kam im Februar dieses Jahres ebenfalls zu dem Schluss, dass Döpfner versucht habe, kritische Berichte zu unterdrücken. Zudem sollen demnach zwei Mitarbeiterinnen von "Bild" bereits im Jahr 2019 Vorwürfe gegen Reichelt über einen anonymen Briefkasten erhoben haben, deren Inhalt an die Chefetage weitergeleitet werden soll.
Der Springer-Konzern wies den Bericht der "Financial Times" damals als irreführend zurück: "Der Artikel zeichnet ein irreführendes Bild der Compliance-Untersuchung, der daraus gezogenen Konsequenzen, des gesamten Unternehmens und seiner Führung." Reichelt weist die Vorwürfe gegen ihn zurück, nennt sie eine "Schmutzkampagne".
Beten für Trumps Wahlsieg
Eine weitere brisante Nachricht kam im September 2022 durch einen Bericht der "Washington Post" an die Öffentlichkeit. Einige Wochen vor der US-Wahl 2020 hatte Döpfner eine Mail an den engsten Kreis seiner Führungskräfte geschickt, in der stand: "Wollen wir alle am 3. November morgens eine Stunde in uns gehen und beten dass Donald Trump wieder Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wird?" (sic). Mehr dazu lesen Sie hier.
Er führte weiterhin sechs Punkte an, "die wichtigsten Themen der letzten zehn Jahre". Dazu hieß es in der Mail weiter: "Von sechs Möglichkeiten fünf Richtige. Mehr hat keine amerikanische Regierung der letzten 50 Jahre geschafft." Döpfner bezeichnete die Mails der Zeitung gegenüber damals als "ironische, provokative Äußerung im Kreis der Leute, die Donald Trump hassen".
Allgemein gilt es als ungewöhnlich, dass sich unabhängige Medien hinter eine Partei stellen oder gar Wahlempfehlungen aussprechen. Doch laut den aktuellen Recherchen der "Zeit" soll sich Döpfner gewünscht haben, dass sich die Journalisten des Springer-Verlags für die FDP im Wahlkampf 2021 einsetzten.
Am 7. August 2021 soll Döpfner geschrieben haben: "Unsere letzte Hoffnung ist die FDP. Nur wenn die sehr stark wird – und das kann sein – wird das grün rote Desaster vermieden. Können wir für die nicht mehr tun. Die einzigen die Konsequenz gegen den Corona Massnahmen Wahnsinn positioniert sind. It’s a patriotic duty." Die Enthüllungen der "Zeit" wollte der Verlag gegenüber der Zeitung nicht kommentieren.
Plagiate in Doktorarbeit
Zwei Plagiatsjäger nahmen sich die Doktorarbeit von Döpfner vor und kamen im Mai 2022 zu dem Schluss: Ab knapp 30 Stellen soll Döpfner plagiiert haben. Dabei handelte es sich um Stellen, die er zwar nicht wortgleich übernommen habe, die aber sehr deutlich auf einen anderen Text verweisen, der nicht zitiert wird. Darüber hinaus wurden anscheinend Zitierungen aus anderen Werken übernommen, ohne diese selbst zu überprüfen.
In einer Stellungnahme schreibt Martin Heidingsfelder, einer der Plagiatsjäger, Döpfner habe sich "nicht an die allgemein bekannten Zitierregeln bei seiner Dissertation gehalten". Mehr dazu lesen Sie hier.
Die Goethe-Universität Frankfurt leitete daraufhin eine Prüfung zu der Arbeit mit dem Titel "Musikkritik in Deutschland nach 1945: Inhaltliche und formale Tendenzen – eine kritische Analyse" ein. Anfang des Jahres kam eine unabhängige Kommission zu dem Schluss: Döpfner habe sich zwar wissenschaftlich fehl verhalten. Der Doktortitel aber werde ihm nicht entzogen.
Die Begründung: Die einzelnen Befunde seien in ihrer Summe und hinsichtlich ihrer Bedeutung für den wissenschaftlichen Kern der Arbeit nicht ausreichend, um eine Aberkennung des Doktorgrades zu begründen. Ein Sprecher von Döpfner bezeichnete das Prüfungsergebnis damals als "erfreulich eindeutig".
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- zeit.de: "Aber das ist dennoch die einzige Chance, um den endgültigen Niedergang des Landes zu vermeiden"
- ft.com: "Women spoke up, men cried conspiracy: inside Axel Springer’s #MeToo moment" (englisch)
- nytimes.com: At Axel Springer, Politico’s New Owner, Allegations of Sex, Lies and a Secret Payment (englisch)