Woher kommt das Geld? Ein Herrscher mit einem Faible für deutsche Architektur
Die jüngsten Proteste in Kasachstan richteten sich auch gegen den "Schattenherrscher" Nursultan Nasarbajew. Dessen Familie bunkert ihr Vermögen offenbar in Luxusanwesen in Süddeutschland.
Über Strohleute und undurchsichtige Firmengeflechte hat die Familie des früheren kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew offenbar mehr als 100 Millionen Euro in Architekturdenkmäler in Baden-Württemberg fließen lassen. Das geht aus einer Recherche der "Deutschen Welle" hervor.
Nasarbajew regierte Kasachstan von 1990 bis 2019, gilt aber nach wie vor als eigentlicher Machthaber im Land. Die Proteste Anfang Januar, bei denen nach offiziellen Angaben mindestens 225 Menschen getötet wurden, richteten sich vor allem gegen Korruption und soziale Ungerechtigkeit. Kasachische Oppositionspolitiker fordern seit Jahren die Sperrung von Konten und Vermögen der Familie Nasarbajew im Westen. Diese Forderungen könnten durch den Bericht der "Deutschen Welle" (DW) Auftrieb erhalten.
Diese Luxusanwesen gehören Familie Nasarbajew
Demnach hat die Familie Nasarbajew seit 2010 vier Anwesen im Raum Baden-Baden erworben, angefangen mit dem in den 1860er-Jahren erbauten Schloss Seelach in Baden-Baden. Mindestens 60 Millionen Euro seien in den Ausbau des Anwesens investiert worden, heißt es unter Berufung auf Einträge im Handelsregister.
So seien neben dem Schloss mehrere große Wohnhäuser entstanden, dazu ein weitläufiger Park und ein 1.000 Quadratmeter großer Wellnesstempel. "Da wurde geklotzt, nicht gekleckert", zitiert der Bericht eine mit dem Bau vertraute Person. Der Baufortschritt sei penibel mit Fotos dokumentiert worden, die an die Eigentümer in Kasachstan gingen. "Einmal waren sie mit einem Fresko unzufrieden. Alles musste neu gemacht werden, nachdem 150.000 Euro bereits bezahlt wurden", so die anonyme Quelle.
"Baudenkmal liegt im Dornröschenschlaf"
Neben Schloss Seelach gehören den kasachischen Investoren laut "Deutscher Welle" drei weitere Objekte in der Region, darunter die Anfang des 20. Jahrhunderts gebaute Villa des Architekten Gustav Stroh und das Schlosshotel Bühlerhöhe. Das 1912 erbaute Luxushotel gilt als Kulturdenkmal von überregionaler Bedeutung, auch Bundeskanzler Konrad Adenauer gehörte zu den Stammgästen. Die Bühlerhöhe kam 2013 in den Besitz der Nasarbajews, liegt inzwischen aber brach: "Das landschaftsprägende Baudenkmal mit seiner glanzvollen Geschichte liegt im Dornröschenschlaf", schreiben die "Badischen Neuesten Nachrichten".
Dass die "Deutsche Welle" die Investitionen der Familie Nasarbajew überhaupt nachvollziehen konnte, ist dem Transparenzregister zu danken. Das Register wurde 2017 eingeführt und basiert auf einer EU-Richtlinie gegen Geldwäsche und Korruption. Einzutragen haben sich dort die "wirtschaftlich Berechtigten" einer Firma.
Nasarbajews Schwiegersohn steht hinter Firmengeflecht
Das ist im Falle des kasachischen Firmengeflechts Timur Kulibajew – der Schwiegersohn von Nursultan Nasarbajew und Ehemann von dessen Tochter Dinara. Dinara und Timur Kulibajew sind Kasachstans reichstes Ehepaar: Das US-Magazin Forbes schätzt ihr Vermögen auf fast sechs Milliarden US-Dollar. Und das ist wohl nur ein Teil des Gesamtvermögens der Familie, die das öl- und gasreiche Land seit drei Jahrzehnten beherrscht.
So hat das Recherchenetzwerk OCCRP kürzlich enthüllt, dass Nursultan Nasarbajew über vermeintlich karitative Stiftungen weltweit etwa acht Milliarden US-Dollar kontrolliert. Radio Liberty zufolge stecken etwa 800 Millionen US-Dollar der Familie in Luxusimmobilien in den USA und Europa – Deutschland war dabei nicht Teil der Recherche.
"Sieht aus, als würden sie lediglich Geld bunkern"
Illegal sind die Investitionen der Familie in Deutschland erstmal nicht. Sie würden nur dann gegen das Geldwäschegesetz verstoßen, wenn die kriminelle Herkunft der Gelder klar wäre. "Wenn es um Beschlagnahme geht, können nur rechtsstaatliche Methoden in Frage kommen", zitiert der Bericht den Vorsitzenden der Deutsch-Kasachischen Gesellschaft, Thomas Helm. "Alles muss nachweisbar sein".
Unklar ist, wie es mit den Immobilien der Nasarbajews in Deutschland weiter geht. "Sieht aus, als würden sie lediglich Geld bunkern", sagt Hubert Schnurr, Bürgermeister der Stadt Bühl, wo die Nasarbajews außer dem Schlosshotel noch ein zweites Gästehaus kauften. In die Modernisierung sei kein Cent investiert worden, so Schnurr. "Ich bekomme regelmäßig Anfragen von deutschen Investoren, die die Hotels kaufen wollen. Doch von den Kasachen werden meine E-Mails nicht beantwortet."
- Deutsche Welle: Das deutsche Betongold der Familie Nasarbajew
- Badische Neueste Nachrichten: Gehört das Schloss Bühlerhöhe dem gestürzten kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew?