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EM 2021: Endlich ist die Ära Löw beendet – die Hoffnung kehrt mit Flick zurück


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Tagesanbruch
Endlich ist der Spuk vorbei

  • Steven Sowa
MeinungVon Steven Sowa

Aktualisiert am 30.06.2021Lesedauer: 6 Min.
Joachim Löw: Der Bundestrainer machte mit der Partie England - Deutschland sein 198. und letztes Spiel für die Nationalmannschaft.Vergrößern des Bildes
Joachim Löw: Der Bundestrainer machte mit der Partie England - Deutschland sein 198. und letztes Spiel für die Nationalmannschaft. (Quelle: IMAGO / ULMER Pressebildagentur)

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

die Todesgruppe hat ihrem Namen alle Ehre gemacht. Portugal, Frankreich, Deutschland: Alle sind den frühzeitigen Turniertod gestorben. Wer dachte, dass mit dem Erreichen des Achtelfinales schon etwas erreicht ist, wurde gestern eines Besseren belehrt. Um kurz vor 20 Uhr stand fest: England hat seinen Deutschlandfluch besiegt – und die 15-jährige Ära Löw mit der 0:2 Niederlage ein Ende gefunden.

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War das eine Blamage? Eine Schmach für den deutschen Fußball? Florian Wichert, stellvertretender Chefredakteur von t-online, sieht es so: Löw hat Deutschland zum Weltmeister gemacht – und danach sein Denkmal wieder eingerissen, schreibt er in seinem Kommentar.

Ich sage: Wir können froh sein, dass der Spuk endlich vorbei ist. Sieben Gegentore in vier Spielen und nur ein Sieg bei dieser Europameisterschaft? Das ist eine niederschmetternde Bilanz. Desolates Defensivverhalten, zahnlose Angriffsversuche, ungenutzte Standardsituationen in aussichtsreichen Positionen, obwohl der Bundestrainer immer wieder betonte, wie oft Standards in der Turniervorbereitung eingeübt wurden: Die Liste der Versäumnisse ließe sich noch lange weiterführen.

Und es ist lediglich die nüchterne Zusammenfassung der Euro 2020. Unvergessen bleibt die Demütigung, die Deutschland bei der WM 2018 erleben musste – sang- und klanglos als Letzter nach der Gruppenphase auszuscheiden.

Jetzt bricht eine neue Ära an. Hansi Flick, der Meistertrainer des FC Bayern, übernimmt. Er gewann mit den Münchnern alles, was es zu gewinnen gab – und gilt als sensibler Charaktermensch, taktisch exzellenter Übungsleiter und Siegertyp. Diese drei Flick-Komponenten werden entscheidend sein für eine Zukunft, in der ein Umbruch, der bei Joachim Löw so katastrophal scheiterte, nun wahr werden muss. Der Bundestrainer in spe und eine hungrige Generation junger, wilder Spieler um Kai Havertz, Jamal Musiala, Joshua Kimmich und Leon Goretzka geben Hoffnung.

Denn diese Niederlage wird den deutschen Fußball nicht nachhaltig beschädigen, da bin ich sicher. Zu gut ist die oft geschmähte Nachwuchsarbeit, die erst kürzlich im Gewinn der U21-Europameisterschaft Früchte trug, als Stefan Kuntz seine Truppe sensationell zum Sieg coachte. Jungs wie der 18-jährige Florian Wirtz von Bayer Leverkusen haben eine strahlende Zukunft vor sich. Oder denken wir an den 23-jährigen Ridle Baku: Mit dem Wolfsburger könnte Hansi Flick die Probleme auf der rechten Defensivseite lösen. Denn niemand weiß so gut wie Flick, dass man Kimmich in zentraler Rolle glänzen lassen muss – und ihn nicht wie Löw als Notlösung am Spielfeldrand versauern lässt.

Jetzt ist es vorbei – und das ist gut so. Deutschland ist ohne Löw besser dran. Denn der Neuanfang ohne neuen Trainer war nur Kosmetik. Jetzt folgt die Ära Flick – und damit die Verheißung von einem deutschen Fußball, der tatsächlich wieder für Begeisterung sorgen kann, für Hurra-Fußball, Offensivdrang und den nächsten großen Titel nach dem WM-Triumph 2014 in Brasilien.

Nur schade, dass es ausgerechnet als Nächstes zum Turnier nach Katar geht. Solch einen Start wünscht man keinem Bundestrainer. Aber das ist ein anderes Thema. Bleiben wir im Hier und Jetzt.


Das Virus kennt keine Grenzen

45.000 Menschen feierten und bangten gestern im Londoner Wembley-Stadion und drängten anschließend dicht an dicht aus dem Fußballtempel. Angesichts der Bilder konnte man die Corona-Pandemie glatt vergessen. Doch mitnichten ist das gefährliche Virus wie von Zauberhand verschwunden. Nur findet der Fußball zuweilen auf einem fremden Planeten namens Uefa statt – und kennt seine eigenen Regeln.

Eine bedenkliche Sonderrolle. Und das alles in einer hochkritischen Phase der Pandemie. Über die ansteckendere Delta-Variante berichtet t-online seit Wochen – und die Nachrichten werden nicht besser. Der Delta-Anteil unter den Neuinfektionen liegt nach aktuellen Schätzungen in Deutschland bereits bei rund 50 Prozent. Ein besorgniserregender Wert, der darauf hindeutet, dass uns erneut ein Herbst voller Entbehrungen bevorstehen könnte. Denn nicht nur der europäische Fußballverband ignoriert die Warnungen von Wissenschaftlern und Politikern – auch die Politik selbst wirkt seltsam inkonsequent.

Geschlossene Restaurants, Kinos und Museen, Schülerinnen und Schüler zu Hause vor den Tablets und tägliche Gefahrenmeldungen angesichts explodierender Corona-Fallzahlen: Wird uns dieses Szenario tatsächlich bald wieder ereilen?

Nun ja, das Reisen wird jedenfalls kaum zur Eindämmung des Virus beitragen. Dafür muss man kein Nostradamus sein. Es reicht ein Blick zurück: Die Corona-Virus-Drehscheibe Ischgl hat uns zu Beginn der Pandemie gezeigt, wie fatal die Auswirkungen des Reiseverkehrs sein können. Und auch im vergangenen Sommer brachten viele das Virus aus dem Urlaub mit.

Und was haben wir daraus gelernt? Offenbar nicht sehr viel. Ab morgen hebt die Bundesregierung die Reisewarnung für alle Corona-Risikogebiete auf. Mehr als 80 Länder sind betroffen. Darunter auch Ungarn. Dort ließ Viktor Orbán 55.000 EM-Zuschauer ins Stadion von Budapest und vermittelte so als erster europäischer Politiker die neue Sorglosigkeit.

Für viele von uns bedeutet das nun vor allem ein Dilemma: Im Sommer reisen wir quer durch Europa und die Welt – und in drei Monaten wundern wir uns, wieso unsere frisch gewählten Volksvertreter plötzlich wieder alles dichtmachen wollen. Sollte sich die aktuell kurzsichtige Politik tatsächlich bald rächen, wären viele Verantwortliche wohl nicht mehr in Amt und Würden. Zumindest in Berlin muss nach der Bundestagswahl neues Spitzenpersonal neue Lösungen finden. Oder eben doch die alten: lüften, Abstand halten, Maske tragen, Kontakte beschränken.


Steinmeier und Scholz

Apropos Reisen. Es dürfte eine Weile her sein, dass zwei so hochrangige Vertreter Deutschlands gleichzeitig in der Welt unterwegs waren. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reist bis Freitag zu einem Staatsbesuch nach Israel, Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) macht sich auf nach Washington. Statt Videokonferenzen gibt es also wieder reale Besuche. Steinmeiers Besuch in Israel war für 2020 geplant und wird nun nachgeholt. Auch damit kehrt ein Stück Normalität zurück.


Putin gegen die Zweifel

Der russische Präsident ist ein Meister der Inszenierung. Wladimir Putin demonstriert seine Macht gerne in Bildern: Oberkörperfrei durch die Wildnis reitend, mit Tarnkleidung in Sibirien unterwegs oder bei der Abnahme pompöser Militärparaden. Doch das Spiel mit den Kameras wurde auch für den Staatschef Russlands zuletzt coronabedingt schwieriger. Im Volk wachsen die Zweifel – vor allem an der Bewältigung der Pandemie. Viele Russen sind von Sputnik-V, also dem eigenen Impfstoff, nicht wirklich überzeugt.

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Auch wegen der verbreiteten Impfskepsis wird Putin heute in der von mehreren Radio- und Fernsehsendern übertragenen Bürgersprechstunde "Der direkte Draht" auf die Kritik und Sorgen seiner Bürger antworten. Falls überhaupt Kritik geäußert wird. Im vergangenen Jahr war die Sendung ausgefallen. Jetzt kann Putin seine Show nachholen – und die Macht der Bilder für seine Zwecke nutzen.

Was lesen?

54 Prozent der Deutschen haben bereits eine Impfdosis gegen das Coronavirus erhalten, fast 36 Prozent sind vollständig geimpft. Aber wie gut oder schlecht steht Deutschland mit dieser Quote wirklich da? Zuletzt hat das Impftempo in der Bundesrepublik abgenommen, wie Daten des Robert Koch-Instituts zeigen. Derweil holen andere europäische Länder deutlich auf. Meine Kollegen Adrian Röger und Sandra Sperling zeigen anhand von Datenanimationen, wie gut Deutschland im Vergleich noch dasteht.


Ist die Politik käuflich? Um diese brisante Frage geht es schon seit Längerem in unserem eigentlich sympathischen Nachbarland Österreich. Dort bietet der sogenannte Ibiza-Ausschuss die derzeit größte Bühne für erbitterte Machtspielchen. Am Donnerstag kommt es zum Showdown, weil erneut Bundeskanzler Sebastian Kurz geladen ist. Zum zweiten Mal. Mit seinem ersten Auftritt hat er sich selbst in die größte Krise seiner Karriere manövriert. Unser Autor Christian Bartlau erklärt, wie es dazu kommen konnte – und was Kurz nun droht.


Der reichste Ort der USA – da denken Sie wahrscheinlich an Manhattan, Hollywood oder irgendein Plätzchen in Florida. Aber weit gefehlt: Sie werden im Bundesstaat Wyoming fündig. Der Name des Mekkas der Milliardäre: Jackson. Unser Washington-Korrespondent hat das Städtchen in den Rocky Mountains besucht, wo erst die Millionäre die Normalos vertrieben – und jetzt selbst von den Milliardären verdrängt werden.


Man hört und sieht aktuell kaum noch etwas von "Querdenkern", die am liebsten keine Maßnahmen gegen das Coronavirus ergriffen hätten und bei denen viele vom Umsturz träumen. Mein Kollege Lars Wienand ist aber jetzt noch einmal in die Anfänge der Bewegung eingetaucht, um einem interessanten Hinweis nachzugehen. Tatsächlich: Ein Scientologe war von Anfang an dabei und half, die Organisation aufzubauen. Den Text über die Verbindung zwischen der Sekte Scientology und der sektenähnlichen Organisation "Querdenken", lesen Sie hier.


Was amüsiert mich?

Die Delta-Variante wird die Urlauber mit offenen Armen empfangen.

Ich wünsche Ihnen einen schwungvollen Start in den Tag. Lassen Sie sich die Laune von der Niederlage gestern nicht verderben und schauen Sie optimistisch in die Zukunft. In eben dieser, nämlich morgen, schreibt wieder Florian Harms den Tagesanbruch für Sie.

Herzliche Grüße

Ihr

Steven Sowa
Redakteur Unterhaltung
Twitter @StevenSovani

Was denken Sie über die wichtigsten Themen des Tages? Schreiben Sie es uns per E-Mail an t-online-newsletter@stroeer.de.

Mit Material von dpa.

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