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Kramp-Karrenbauer spricht von Zusammenhalt – nur so gelingt er


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Was heute wichtig ist
Kramp-Karrenbauer sucht den Zusammenhalt

  • Peter Schink
MeinungVon Peter Schink

Aktualisiert am 29.11.2019Lesedauer: 6 Min.
Werkstattgespräch der CDU: Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht.Vergrößern des Bildes
Werkstattgespräch der CDU: Debatte über eine allgemeine Dienstpflicht. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
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Guten Morgen liebe Leserinnen und Leser,

hier ist der kommentierte Überblick über die Themen des Tages. Heute in Stellvertretung für Florian Harms:

WAS WAR?

"Es droht etwas verloren zu gehen, ohne das eine Gesellschaft auf Dauer nicht bestehen kann: der Zusammenhalt seiner Bürgerinnen und Bürger." Ein starker Satz. Einer, der bedrohlich klingt. Ein immer größer werdender Teil der Bevölkerung empfindet das womöglich so. Hass im Internet, Pöbeleien im täglichen Berufsverkehr, Ost-West-Gegensätze, eine wachsende Einkommenskluft, Land ohne Internet-Anschluss, Bauern ohne Perspektive. Es gibt viel, was diesen Satz untermauert. Die Unzufriedenheit wird sichtbar in Form von Wahlergebnissen und Protesten auf der Straße.

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Eine mögliche Antwort diskutierte die CDU gestern im Rahmen eines Werkstatt-Gesprächs. Das Stichwort heißt: "allgemeine Dienstpflicht". Ein Jahr lang sollen Schulabgänger der Gesellschaft dienen, egal ob bei der Bundeswehr, in sozialen Einrichtungen, bei THW oder Feuerwehr. Der Vorschlag ist verfassungsrechtlich umstritten, selbst innerhalb der CDU ist eine Mehrheit unsicher. Annegret-Kramp Karrenbauer hat ihn noch in ihrer Zeit als Generalsekretärin aufgebracht. Und verknüpft nun als Verteidigungsministerin CDU-Vorsitzende die Debatte um die Dienstpflicht mit der Diskussion um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Als sei der Zusammenhang selbstverständlich. Aber ist er das auch?

Als ich von der Schule abging, gab es die Wehrpflicht noch. Es war selbstverständlich, dass viele von uns Zivildienst machten. Und natürlich veränderte der Dienst an Kranken und Alten den Blick auf das große Ganze. Oft verhasst, aber lehrreich. Zudem half es, sich klar zu werden, was man vom Leben wirklich will.

Heute leisten gerade einmal 40.000 junge Menschen ein Freiwilliges Soziales Jahr ab, die Bundeswehr zählte im vergangenen Jahr 16.306 Rekruten. Von insgesamt einer halben Million.

Aber hält die Gesellschaft deswegen schlechter zusammen? Erst vor acht Jahren wurde die Wehrpflicht abgeschafft. Der Zusammenhalt von Männern jenseits der 30 Jahre müsste also noch ganz hervorragend sein. Daran darf man zweifeln. Könnte ein "Deutschlandjahr", wie die Union die Dienstpflicht nun tituliert, trotzdem helfen, den Zusammenhalt zu verbessern? Sie kann prägende Erlebnisse schaffen. Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist das Pflichtjahr allenfalls ein kleines Puzzleteil.

Doch der Preis ist hoch, ein Eingriff in die Freiheit der Menschen. Zu hoch, so steht es derzeit im Grundgesetz.

Die notwendige Wertediskussion wird überlagert von der Debatte um fehlende Soldaten und fehlende Freiwillige in sozialen Einrichtungen. Viele Sozialverbände fordern schon lange, der Mangel müsse behoben werden durch mehr Geld, einen Bonus auf Studienwartezeiten oder attraktivere Möglichkeiten für ältere Freiwillige.

Und der gesellschaftliche Zusammenhalt? Noch vor ein paar Jahren definierte die Union, dafür seien vor allem gemeinsame Werte wichtig. Ein gemeinsames Etwas, auf das sich die Mehrheitsgesellschaft verständigen kann. Arthur Schopenhauer fand da schon weise Worte: "Werte müssen uns ansprechen wie Könige. Sie dürfen nicht aufgedrängt werden." Meint: Werte lassen sich nicht lehren, sie lassen sich nur täglich erleben.

Was wir vorgelebt bekommen, prägt uns. Ich selbst brauche nicht lange nachdenken, wer mich geprägt hat: meine Familie, Freunde, Vorbilder in meiner Umgebung, der Arbeit, auch in der Gesellschaft, Politik, Sportler und Künstler. Und natürlich der Einfluss durch täglichen Medienkonsum und das Netz. Was folgt daraus? Gemeinsame Werte sind ständig eine neue Verabredung. Oder wie der Chef der Johanniter-Unfall-Hilfe, Frank-Jürgen Weise, heute sagte: "Unsere Gesellschaft sollte ringen um die gute Einstellung und Haltung der Menschen, Pflicht ist da die letzte Option."

Wir alle sind die Gesellschaft. Wir sind aufgefordert, zu handeln. Zu ringen um gemeinsame Werte und Zusammenhalt. Jeden Tag. Im Übrigen: Genau das fordern die Jungen am heutigen Freitag auf der Straße von uns ein.


WAS STEHT AN?

Genau. Es ist Freitag. "Fridays for Future" ruft zum vierten globalen Klimastreiktag auf. Einen Tag, nachdem das Europaparlament den Klimanotstand ausgerufen hat und im Wissenschaftsjournal "Nature" ein erschreckender Bericht über den Zustand des globalen Klimas veröffentlicht wurde. Man habe das Risiko von unumkehrbaren Klimaveränderungen womöglich unterschätzt, so die Forscher.

Und in Deutschland? Alle Experten sind sich einig, dass die Gesetze der Bundesregierung nicht annähernd reichen, um die Klimaziele zu erreichen. Innerhalb der G20-Staaten zählen wir zu den Negativbeispielen, insbesondere bei Emissionen im Verkehr und bei Gebäuden.

Kein Wunder, dass die Wut auf der Straße ungebrochen groß ist. Das Absurde: Der Protest und die ausgelöste öffentliche Debatte haben die Bundesregierung erst dazu gebracht, überhaupt ein Klimapaket eilig auf den Weg zu bringen.

Nur sind Debatten hierzulande schwerfällig, langwierig und im Ergebnis ein Kompromiss viel zu vieler Interessen. Vielleicht dämmert es dem einen oder anderen in der Regierung, dass das dem Thema nicht mehr angemessen ist. Die Konsensfindung scheitert mit einer adäquaten Antwort auf den Klimanotstand.


Ein anderes Ereignis wird sich am Wochenende in die Nachrichtensendungen drängen. Der "besonders gärige Haufen" wählt sich in Braunschweig einen neuen Vorstand. Gesucht ist eine "Alternative für Gauland". Der 79-jährige Alexander Gauland will nicht mehr antreten und hat sich als Nachfolger den sächsischen Tino Chrupalla (44) ausgesucht. Der ist populistisch durchaus bewandert und sprach bei einem Auftritt in Sachsen schon mal von der "Islamisierung des Abendlands" als "Realität". Sein voraussichtlicher Gegenkandidat: Der AfD-Bundestagsabgeordnete Gottfried Curio (59). Der schlägt in die gleiche Kerbe, sprach: "Masseneinwanderung ist auch Messereinwanderung".

Beide gehören nicht dem radikalen "Flügel" an, haben dort aber Sympathien. Wichtige Voraussetzung, um sich bei der Wahl überhaupt durchsetzen zu können. Da weitere mögliche Kandidaturen im Raum stehen, hat sich Gauland vorbehalten, im Zweifelsfall doch noch einmal zu kandidieren. Dann bliebe ihm der "gärige Haufen" erhalten.

Ach ja, und dann wollen die Hardliner auch noch die Unvereinbarkeitsliste aus der Satzung entfernen. Also die Liste, die die Extremisten bislang aus der Partei halten sollte. NPDler, Identitäre, Nazis.

Was wird bleiben? Voraussichtlich das Bild einer Partei, deren Protagonisten mit sich selbst beschäftigt sind und die wirklichen Probleme des Landes nicht wirklich in den Fokus nehmen. Wollten sie nicht damals eine Alternative zu den anderen Parteien sein?


Die anderen. Die eine Partei hat sich nun ein halbes Jahr damit beschäftigt, neue Vorsitzende zu finden. Am Samstagabend um 18 Uhr ist die SPD schlauer. Dann geben die Genossen im Willy-Brandt-Haus bekannt, wer die gebeutelte Partei künftig führen wird. Olaf Scholz und Klara Geywitz oder Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken?

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Die SPD-Mitglieder selbst haben das entschieden. Zwei Millionen Euro hat der Prozess gekostet. Unabhängig vom Ergebnis wird das Verfahren die hohen Erwartungen der SPD enttäuschen müssen, so die Analyse unseres Reporters Johannes Bebermeier.


WAS LESEN ODER ANSCHAUEN?

Wenn Clan-Mitglieder im Mercedes vor dem Arbeitsamt vorfahren, wenn Rockerbosse Hunderttausende Euro spazieren fahren, wenn Mafiosi nicht erklären können, wie sie ihre Immobilien finanziert haben, dann kommt Jose Andres Asensio Pagan ins Spiel.

Der Leitende Oberstaatsanwalt ist Chef der Zentralen Organisationsstelle für Vermögensabschöpfung in NRW. Hinter dem etwas sperrigen Namen verbirgt sich ein scharfes Schwert der Ermittler im Kampf gegen organisierte Kriminalität: Mutmaßlichen Tätern geht es, wenn sich diese Abteilung einschaltet, schnell ans Geld. Da ist die Luxuskarosse, die Jacht, das Bargeld oder das Hotel dann auf einmal weg. Mein Kollege Dietmar Seher hat den Ermittler zum Interview getroffen. Der schönste Satz aus dem interessanten Gespräch: "Man muss den Tätern so fest auf die Füße treten, dass die Bonbons aus den Klamotten fallen."


Es ist ganz einfach aufzuzeichnen, was die Mathematiker da über das Verhältnis von Eigenvektoren und Eigenwerten herausgefunden haben. Beinahe hätten sie es selbst nicht geglaubt, so simpel ist die Formel. Wenn sie sich bestätigt, hat das vor allem auch Auswirkungen auf die Physik. Die Welt der bislang schwer erklärbaren Neutrinos kann dann völlig neu gedacht werden. Die Aufregung ist groß.


DIE GUTE NACHRICHT

Ab dem Wochenende wird es langsam besinnlicher. Sie wissen nicht, was ich meine? Der erste Advent steht an. Für mich ganz persönlich der Anfang des Jahresausklangs. Der Moment der ersten Adventskerze. Der Versuch, einen Teil der täglichen Hektik abzulegen. Und das zurückliegende Jahr mit etwas Distanz zu mir selbst zu betrachten. Auf diesen Sonntag freue ich mich schon jetzt.

Egal, wie Sie das Wochenende verbringen. Auf t-online.de haben wir den Anspruch, neben der Einordnung des Weltgeschehens in Nachrichten und Analysen auch Alltägliches auf die Seite zu bringen. Dieses Wochenende erklären die Kollegen, wie Elsässer Flammkuchen hauchdünn gelingt. Mit Videoanleitung.


WAS AMÜSIERT MICH?

Heute müssen wir shoppen. Kollektiv. Weshalb? Genau, weil heute "Black Friday" ist. Alles ist günstiger, Sie wissen schon. Und ja, natürlich wir machen auch mit. Auch unser Karikaturist erwartet günstige Schnäppchen. Ähm. Ja.

Und wenn Ihnen das alles zu billig ist, noch ein Tipp: Ein Hersteller bietet heute alles zum doppelten Preis. Wirklich wahr.

Ich wünsche Ihnen ein entspanntes Wochenende. Am Montag schreibt mein Kollege Florian Wichert an dieser Stelle.

Ihr

Peter Schink
Stellvertretender Chefredakteur t-online.de
E-Mail: t-online-newsletter@stroeer.de

Twitter: @peterschink

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