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Machtspiele bei der AfD: Extremist Andreas Kalbitz drängt zurück auf die Bühne


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Machtspiele in der AfD
Der Extremist drängt zurück auf die große Bühne


Aktualisiert am 31.05.2022Lesedauer: 4 Min.
Andreas Kalbitz mit Björn Höcke: Nur offiziell wurde der rechtsextremistische "Flügel" um die Beiden aufgelöst, gerade arbeiten viele Ex-Mitglieder am Machtausbau.Vergrößern des Bildes
Andreas Kalbitz mit Björn Höcke: Nur offiziell wurde der rechtsextremistische "Flügel" um die Beiden aufgelöst, gerade arbeiten viele Ex-Mitglieder am Machtausbau. (Quelle: Jens Büttner/dpa)

Selbst der AfD war er zu extrem: Andreas Kalbitz' Parteimitgliedschaft wurde annulliert, Auftritte wurden ihm verboten. Doch der Brandenburger bleibt parteiintern einflussreich. Nun meldet er sich zurück.

Einer der prominentesten Extremisten der AfD drängt zurück in die erste Reihe: Andreas Kalbitz, neben Björn Höcke Aushängeschild des rechtsextremistischen "Flügels" in der Partei, soll bald wieder offiziell für die AfD auf der Bühne stehen dürfen – wenn es nach dem Brandenburger Landesvorstand geht.

Kalbitz war lange Chef des Brandenburger Landesverbands wie der Fraktion, gehandelt wurde er auch als möglicher Bundesvorsitzender. Die Parteimitgliedschaft des ehemaligen Fallschirmjägers aber wurde 2020 vom AfD-Bundesvorstand aufgehoben, 2021 wurde er zudem mit einem Auftrittsverbot für Parteiveranstaltungen belegt. Der offizielle Grund: Kalbitz habe beim Eintritt in die AfD 2013 verschwiegen, dass er zuvor Mitglied bei den Republikanern und in der inzwischen verbotenen neonazistischen Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) war. Kalbitz bestreitet eine Mitgliedschaft in der HDJ.

Brandenburger Vorstand will Auftrittsverbot kippen

Kalbitz haben die Verbote nicht abgeschreckt, gegen die Annullierung der Parteimitgliedschaft geht er gerichtlich vor. Nach wie vor ist er umtriebig und gut vernetzt, vor allem im Landesverband, aber auch auf Bundesebene. Allerdings muss er sich jetzt im Hintergrund halten – für den Mann, der große Auftritte sichtbar genießt und auch den Umgang mit den Medien nicht scheut, keine favorisierte Position.

Vor Gerichten scheitert er bisher, parteiintern aber arbeitet er erfolgreich an Machterhalt und Mehrheiten für eine mögliche Rückkehr: Die AfD im Brandenburger Landtag hat ihre Geschäftsordnung extra für ihn geändert, sodass er auch als Parteiloser Mitglied der Fraktion sein kann. Auf dem Landesparteitag Anfang April wurde mit Birgit Bessin außerdem eine ausgewiesene Kalbitz-Freundin an die Spitze gewählt – und mit ihr gleich eine ganze Reihe von Politikern, die als Kalbitz-Treue gelten.

Nun unternimmt dieser neue Vorstand nach Informationen von t-online erste Schritte, um Kalbitz in die Partei und an die Spitze zurückzubringen. In einem Antrag für den vom 17. bis 19. Juni in Riesa stattfindenden Bundesparteitag fordert der Brandenburger Landesvorstand das Ende für das Auftrittsverbot. Kalbitz sei ein "freier Mann ohne Einträge im polizeilichen Führungszeugnis, weiterhin Mandatsträger für die AfD und Mitglied in der AfD-Fraktion im Landtag Brandenburg", heißt es in dem Papier. Für Insider der Partei ist es das klare Signal: Der Landesverband will Kalbitz zurück in der AfD.

Die Pressestelle der Bundespartei bestätigt auf Nachfrage von t-online, dass für den Bundesparteitag ein Antrag zu Kalbitz eingegangen ist. Den Inhalt will man dort nicht kommentieren.

Revolte gegen den Bundesvorstand

Kein Wunder: Der Brandenburger Antrag ist nicht nur eine Revolte gegen die vorherigen Beschlüsse des Bundesvorstands, sondern ein weiteres deutliches Zeichen, dass die Rechtsextremisten in der AfD kurz vor dem Bundesparteitag auf allen Ebenen nach mehr Macht greifen.

Mit dem ehemaligen Parteisprecher Christian Lüth soll gerade ein Strippenzieher als Mitarbeiter in den Bundestag zurückkehren*, der, ähnlich wie Kalbitz, wegen Rechtsextremismus vor nicht einmal zwei Jahren seines Amtes verwiesen wurde (Lesen Sie hier mehr dazu). Und mit dem Thüringer Landeschef Björn Höcke liebäugelt öffentlich der Vordenker der Neuen Rechten innerhalb der AfD mit einer Kandidatur für das höchste Gremium der Partei.

Die Chancen der Radikalen stehen gut, denn die Machtverhältnisse haben sich bereits verschoben. Treiber hinter den in der AfD unüblich strengen Maßnahmen gegen Kalbitz war der damalige Bundesvorsitzende Jörg Meuthen. Der aber hat im Januar das Handtuch geschmissen und trat aus der AfD aus. Das Herz der AfD schlage zu weit rechts, kritisierte Meuthen, Teile der Partei stünden "nicht auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung".

Kalbitz-Kritiker sind "entsetzt"

Nun befürchten jene in der Partei, die die AfD wie Meuthen gerne wieder mäßigen würden, dass auf dem Parteitag im Juni alle Dämme brechen könnten. Entsetzt zeigt man sich im Kalbitz gegenüber eher kritisch eingestellten Lager in Brandenburg vom Beschluss des eigenen Vorstands. Auch auf Bundesebene befürchtet man, dass die Mehrheiten nicht reichen könnten, um Kalbitz weiter einzuhegen – und dass der neue Bundesvorstand von "Flügelmännern und -frauen" dominiert werden könnte.

Derzeit ist mit dem Sachsen Tino Chrupalla bereits ein Vertreter der extremeren Ostverbände alleiniger Parteichef. Im Juni wird der gesamte Bundesvorstand neu gewählt. Chrupalla steht als führungsschwach in der Kritik, gilt aber auch trotz zuletzt schwacher Wahlergebnisse für die Partei als aussichtsreicher Kandidat für den wichtigsten Posten. Vor allem auch, weil sich die extremeren Kräfte gut auf ihn einigen können. Chrupalla sei selbst vielleicht kein "Flügelmann", aber eine "willige Marionette" für Männer wie Kalbitz und Höcke, so formulieren es seine Kritiker. Bereit, alles durchgehen zu lassen, solange er an der Macht bleibe.

Im heiklen Fall Kalbitz hat Chrupalla bereits einmal Position bezogen – für den Brandenburger. Als Meuthen dessen Verbannung vorantrieb, sprach Chrupalla – da bereits Parteivorsitzender in einer Doppelspitze mit Meuthen – sich im Vorstand dagegen aus, Kalbitz die Mitgliedschaft zu entziehen. Damals ohne Erfolg.

Kalbitz will Meuthen-Kurs "korrigieren"

Wenig überrascht da, dass Andreas Kalbitz die Kritik an Chrupalla nicht teilt: Die verdrehe "Ursache und Wirkung", sagte er t-online am Montag. "Es waren offenkundig die letzten zwei Jahre der Mehrheitsführung durch Meuthen & Co., die eine Misserfolgsserie begründet und die innerparteiliche Stimmung vergiftet haben." Dies gelte es nun zu "korrigieren", um wieder auf einen politischen Erfolgskurs zu kommen.

Den Antrag aus Brandenburg auf seine Rehabilitierung wertet Kalbitz als "positives Signal", den Parteitag im Juni sieht er als "wichtigen Scheidepunkt für die fällige Konsolidierung der Partei". Zumindest letztere Einschätzung teilen auch Kalbitz' Kritiker. Sie aber blicken bange auf den Parteitag im Juni – und auf die "Korrektur", die Kalbitz & Co. vorschwebt.

*Hinweis der Redaktion: Wir hatten an dieser Stelle zunächst geschrieben, dass Christian Lüth als Mitarbeiter der Fraktion in den Bundestag zurückkehrt. Arbeitgeber von Lüth ist aber nicht die Fraktion, die Stelle bot ihm der Bundestagsabgeordnete Kay Gottschalk an. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Anfrage an Andreas Kalbitz
  • Anfrage an den Brandenburger Landesvorstand
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