Nach Flutkatastrophe Grüne: Grundgesetzänderung für Katastrophenschutz
Die Grünen fordern mehr Kompetenzen für den Bund, wenn es um Katastrophenschutz geht. Die SPD befürwortet die dafür nötige Verfassungsänderung, Innenminister Seehofer lehnt sie ab.
Als Reaktion auf die Flutkatastrophe hat die Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock ein Zehn-Punkte-Papier für Verbesserungen beim Bevölkerungsschutz und bei der Katastrophenhilfe vorgestellt. Insbesondere fordern die Grünen darin eine Zentralstellenfunktion für Katastrophenschutz beim Bund. Dafür müsste das Grundgesetz geändert werden.
Über eine solche Zentralstelle dürfte das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) nach Vorstellung der Grünen dann auch Handlungsempfehlungen an Länder geben sowie Lagebilder erstellen. Die Grünen fordern zudem, dass Länder und Kommunen verpflichtend Informationen beispielsweise über die Verfügbarkeit von Feuerwehreinsatzmittel an den Bund melden müssen.
Zwar solle die Dezentralität als Stärke des deutschen Katastrophenschutzes erhalten bleiben, sagten Baerbock und die Innenexpertin der Partei, Irene Mihalic, am Montag in Berlin. Grundsatz für die Zusammenarbeit von Bund, Ländern und Kommunen müsse aber sein, "dass wir bei der Koordinierung besser werden", so Baerbock. Mihalic ergänzte, dass Länder und Kommunen per Gesetz verpflichtet werden müssten, Lagebilder an den Bund zu übermitteln, um Hilfseinsätze besser zu koordinieren.
Seehofer lehnt Veränderung ab
Bundesinnenminister Horst Seehofer lehnte Kompetenzveränderungen indes ab. Er sei "entschieden der Meinung, dass wir bei den Kompetenzen von Bund und Ländern nichts verändern sollten, sondern dass wir die Kooperation verbessern sollten", sagte der CSU-Politiker nach der Sondersitzung des Innenausschusses. Er verwies auf das bereits vereinbarte Kompetenzzentrum von Bund und Ländern. Anders als von den Grünen gefordert wäre die Grundlage für die Zusammenarbeit aber keine gesetzliche Verpflichtung, sondern Freiwilligkeit.
Auch die SPD warb für eine Verfassungsänderung. Die strikte Trennung zwischen Katastrophenschutz bei den Ländern und Zuständigkeit des Bundes für Zivilschutz im Verteidigungsfall ist nach Einschätzung des SPD-Innenpolitikers Sebastian Hartmann nicht mehr zeitgemäß. Durch heutige Bedrohungslagen – gerade auch bei Stichworten wie Cyberangriffe auf Krankenhäuser und Wasserver- und -entsorgung – entstünden schnell auch in Friedenszeiten Situationen, wo Länder überfordert sind, sagte Hartmann.
Warnmeldungen sollen helfen
Seehofer zeigte sich derweil zuversichtlich, dass das Cell Broadcast – also Warnmeldungen an die Bevölkerung via Mobilfunk – rasch eingeführt werden könne. "Ich glaube, man kann das in diesem Jahr hinbringen", so der Bundesinnenminister.
CDU-Innenexperte Mathias Middelberg unterstützte dies: "Für umfassende Warnungen brauchen wir einen möglichst breiten Mix an digitalen und analogen Warnmitteln. Dazu gehören die NINA-Warn-App, TV und Rundfunk, Sirenen und Lautsprecherdurchsagen vor Ort. Darüber hinaus ist es richtig, die Warn-SMS als Ergänzung einzuführen."
Aktualisiertes Sofortprogramm der Grünen
Die Grünen kündigten am Montag außerdem an, in der kommenden Woche ein aktualisiertes Klimaschutzsofortprogramm vorzustellen. Mit dem Programm wollen die Grünen laut Baerbock Vorkehrungen treffen, damit eine neue Bundesregierung in den ersten 100 Tagen bereits die Weichen stellen könne für einen deutlich beschleunigten Kohleausstieg und einen stärkeren Ausbau der erneuerbaren Energien.
- Nachrichtenagentur Reuters und AFP