Kompromisskandidat Chrupalla Ein Aufsteiger aus Sachsen steht als Gauland-Nachfolger bereit
Sollte Alexander Gauland als AfD-Chef abtreten, steht Tino Chrupalla als Nachfolger bereit. Wer ist der Mann, der in der AfD eine steile Karriere machte und im rechten Flügel der Partei bestens vernetzt ist?
Der neue Chef an der Spitze der AfD könnte aus Sachsen kommen: Tino Chrupalla, 44-jähriger Malermeister, steht in den Startlöchern für die Nachfolge von Alexander Gauland. Er gilt als Kompromisskandidat: Der Bundestagsabgeordnete ist bestens mit dem im Osten starken rechten "Flügel" vernetzt, wird aber auch in den westlichen Landesverbänden akzeptiert. Ob Chrupalla tatsächlich zum Zug kommt, ist noch offen.
Gauland selbst hat sich noch nicht festgelegt auf eine erneute Kandidatur. Vor dem am Samstag beginnenden AfD-Parteitag sagte er: "Unter normalen Umständen glaube ich nicht, dass ich nochmal antrete." Die Parteitagsdynamik könne dies aber erfordern, betonte der 78-Jährige und verwies auf die Vorsitzendenwahl vor zwei Jahren.
Da hatte der "Flügel" überraschend die damals kaum bekannte – und mittlerweile aus der AfD ausgeschlossene – Doris Sayn-Wittgenstein ins Rennen geschickt, weshalb Gauland kurzentschlossen neben dem Fraktions- auch den Parteivorsitz übernahm.
Beste Kontakte zum rechten Flügel der AfD
Chrupalla ist kein "Flügel"-Mitglied, hat aber beste Kontakte zu dessen Vertretern, vor allem zum sächsischen AfD-Landeschef Jörg Urban. Wohlwollend sieht ihn auch der Brandenburger Landeschef Andreas Kalbitz, der als eigentlicher "Flügel"-Stratege gilt. Von Höcke sind ebenfalls keine Antipathien bekannt. Dass einer der beiden "Flügel"-Frontmänner selbst kandidiert, wird nicht erwartet. So könnte der Weg frei sein für den AfD-Aufsteiger aus dem Landkreis Görlitz an der polnischen Grenze.
Seine Verankerung im ländlichen Raum im Osten Sachsens hebt der Vater von drei Kindern gerne hervor. "Sicherlich habe ich durch meine Tätigkeit als Handwerksmeister einen guten Umgang mit Personen, mit allen Bevölkerungsschichten, die es gibt", sagte er im vergangenen Februar dem MDR. "Ich bin bürgernah und weiß auch, woher ich gekommen bin." Geboren im sächsischen Weißwasser, machte er zunächst eine Ausbildung zum Maler und Lackierer, dann Zivildienst und später die Meisterprüfung im Freistaat.
Chrupallas größter politischer Coup: per Direktmandat in den Bundestag
Viel politische Erfahrung hat Chrupalla nicht. Als Jugendlicher war er für kurze Zeit in der Jungen Union, nach der Wende wählte er nach eigenen Angaben CDU und FDP. Doch habe ihn die "Arroganz" der etablierten Parteien gestört, die den Mittelstand zu wenig beachteten. Die Eurokrise habe ein "Umdenken" bei ihm ausgelöst: 2014 wählte er die gerade gegründete AfD, 2015 trat er in die Partei ein.
Zwei Jahre später landete Chrupalla als Kandidat für die Bundestagswahl 2017 seinen bislang größten Coup: Er holte für die AfD das Direktmandat im Wahlkreis Görlitz – und zwar gegen den damaligen Unionsfraktionsvize und heutigen sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU). Vor der Landtagswahl in Sachsen wurde Chrupalla kurzzeitig als möglicher Spitzenkandidat gehandelt.
Klimakrise ist für Chrupalla ein Hype
Im Bundestag ist Chrupalla Fraktionsvize und Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie. Die menschengemachte Klimakrise bezeichnet er als Hype, er wettert gegen die Windkraft und die Grünen. Um die AfD auf 30 Prozent zu bringen, müsse sich die Partei "stärker auf die soziale Frage konzentrieren", sagte er kürzlich dem rechten Magazin "Compact".
Vor allem Bundestags-Fraktionschefin Alice Weidel scheint auf ihn zu setzen – für Wahlkampfveranstaltungen mit Chrupalla kam sie im Sommer gleich mehrfach in dessen Heimatregion. Auch der frühere Chefstratege von US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, interessiert sich für den Mann aus Sachsen: Im Mai traf sich Bannon, der eine rechtspopulistische europäische "Bewegung" plant, mit Chrupalla in Berlin.
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Ob der Malermeister aus Ostsachsen den Parteitag in Braunschweig für sich gewinnen kann, bleibt abzuwarten. Konkurrenzlos tritt er jedenfalls nicht an, es werden eine ganze Reihe von Kandidaten erwartet. Dass die von Gauland beschriebene Parteitagsdynamik wieder einmal alle Pläne über den Haufen wirft, ist daher nicht ausgeschlossen.
- Nachrichtenagentur AFP