Plagiatsverdacht gegen Ministerin Giffey stellt Rücktritt in Aussicht
Die Doktorarbeit von Franziska Giffey wird aktuell überprüft. Für den Fall, dass ihr der Doktortitel aberkannt wird, kündigt die Familienministerin Konsequenzen an. Sie möchte auch nicht als SPD-Chefin kandidieren.
Familienministerin Franziska Giffey will nicht für das Amt der SPD-Vorsitzenden kandidieren. Das teilte die kommissarische SPD-Chefin Malu Dreyer am Donnerstag in Berlin mit. Giffey hatte dies in einem Brief an Dreyer angekündigt. Giffey schrieb dort zudem, dass sie ihren Ministerposten aufgeben werde, falls die Freie Universität Berlin ihr den Doktortitel aberkennen sollte, wie es in Parteikreisen hieß. Zuerst hatte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) darüber berichtet.
Die Universität prüft die Dissertation der SPD-Politikerin seit Februar wegen eines Plagiatsverdachts. Wahrscheinlich wird die Prüfung nicht vor September abgeschlossen sein. Eine genaue zeitliche Einschätzung der Verfahrensdauer sei derzeit nicht möglich, da die erforderlichen Unterlagen mit der in solchen Verfahren notwendigen üblichen Sorgfalt vorbereitet und geprüft werden müssten, hatte die Universität zuletzt mitgeteilt. Bei der SPD müssen sich die Kandidaten für den Parteivorsitz bis zum 1. September beworben haben.
"Klares Benennen von Problemlagen"
Dreyer erklärte, Giffey habe sich die Entscheidung auf den Verzicht einer Kandidatur für den SPD-Vorsitz nicht leicht gemacht, "weil sie eine Sozialdemokratin durch und durch ist". Giffey habe erklärt, dass sie nicht zulassen wolle, dass das anhängige Überprüfungsverfahren die personelle Neuaufstellung der SPD überschatte. Sie schätze Giffey sehr. "Ihre Geradlinigkeit zeigt sich auch in diesem Schritt."
Zu ihrer Absicht, gegebenenfalls zurückzutreten, schrieb Giffey laut "FAZ" in dem Brief: "Ich habe auch in meiner Zeit als Kommunalpolitikerin in Berlin-Neukölln immer für ein klares Benennen von Problemlagen und eine klare Haltung gestanden." So wolle sie auch mit dieser Situation umgehen. Für sie sei aber klar, dass sie sich in ihrer politischen Tätigkeit und in ihrem ehrenamtlichen Engagement weiter mit aller Kraft für die SPD einsetzen werde.
In den vergangenen Tagen hatten sich viele in und außerhalb der SPD immer drängender die Frage gestellt, ob sich auch Schwergewichte aus der Reihe der Minister oder Ministerpräsidenten für den Parteivorsitz bewerben. Dies ist bisher nicht der Fall. An diesem Freitag wollen die Vorsitzende der SPD-Grundwertekommission, Gesine Schwan, und Parteivize Ralf Stegner in Berlin über ihre am Vortag bekannt gewordene Bewerbungsabsichten sprechen.
Groko-Gegner im Aufwind
Um die Nachfolge der zurückgetretenen Parteichefin Andrea Nahles haben sich bisher Europa-Staatsminister Michael Roth und die nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Christina Kampmann beworben. Diese beiden erfüllen bislang als Einzige die geforderte Mindestunterstützung von Parteigliederungen.
Neben diesem Duo wollen die Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach und Nina Scheer antreten, ebenso wie die Oberbürgermeister von Flensburg und Bautzen, Simone Lange und Alexander Ahrens. Den Zweierteams gemeinsam ist, dass sie mehr oder weniger schnell aus der großen Koalition austreten wollen oder ihr zumindest kritisch gegenüberstehen.
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Zudem kündigte der Vizepräsident des SPD-Wirtschaftsforums, Robert Maier, seine Kandidatur an. Auch der frühere Bundestagsabgeordnete Hans Wallow hatte mitgeteilt, dass er sich bewerben wolle.
- Nachrichtenagenturen afp und dpa