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Horst Seehofer in der Kritik: Der Mann, der nicht gehen will


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Kritik aus der eigenen Partei
Der Mann, der nicht gehen will


16.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Horst Seehofer: Erst einmal in Ruhe analysieren.Vergrößern des Bildes
Horst Seehofer: Erst einmal in Ruhe analysieren. (Quelle: Kay Nietfeld/dpa)
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Kritik aus der eigenen Partei, Kritik aus der Koalition, eine Wahlniederlage: Genug Gründe für Horst Seehofer zurückzutreten. Er tut es nicht. Warum?

In der Politik gibt es keine Gewissheiten, aber dass Horst Seehofer nach der bayerischen Landtagswahl als Parteichef der CSU würde gehen müssen, da waren sich in Berlin fast alle einig. Nach dem 14. Oktober ist Seehofer weg, das war so nah dran an einer Gewissheit, wie es geht.

Am 16. Oktober ist Horst Seehofer immer noch da. Als Parteichef und als Bundesinnenminister. Und geht es nach ihm, bleibt das auch so, mindestens noch einen Monat. Und dann? Mal sehen.

Um zu begreifen, wie bemerkenswert das ist, genügt ein Blick auf die Liste der Kritiker seit dem Wahltag.

"Es muss auch zu personellen Konsequenzen kommen"

Volker Bouffier, CDU-Ministerpräsident in Hessen, sagte am Tag der Bayern-Wahl: "Wer die Backen aufbläst und den Leuten erzählt, jetzt alles zu lösen, und am Ende gelingt die Zurückweisung von nur einer Handvoll Migranten im Monat, der macht sich unglaubwürdig."

Daniel Günther, CDU-Ministerpräsident in Schlewsig-Holstein, sagte nach der Wahl: "Die CSU-Führung hat in den vergangenen Jahren in Gänze Fehler gemacht: Horst Seehofer, Markus Söder, Alexander Dobrindt – da darf man niemanden ausnehmen."

Norbert Röttgen, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschuss im Bundestag, CDU, sagte im Interview mit t-online.de: "Es muss auch zu personellen Konsequenzen kommen."

Theo Waigel, Ehrenvorsitzender der CSU, sagte: "Jeder muss selbst entscheiden, wie er einen souveränen, selbst verantworteten Abschied von der Politik vollzieht."

Der Vorsitzende des Kreisverbandes Kronach forderte offen Seehofers Rücktritt.

Mehr als genug Gründe für einen Rücktritt

So reden kurz nach einer Wahl nicht politische Gegner, sondern einflussreiche Vertreter der eigenen und der Schwesterpartei. Sie reden so öffentlich über den Bundesinnenminister. Der als Parteichef das schlechteste CSU-Ergebnis seit fast sieben Jahrzehnten und minus zehn Prozent mitverantwortet, und über den im Wahlkampf in Bierzelten vor allem mitleidig geredet wurde.

Das wären unter anderen Umständen mehr als genug Gründe, um zurückzutreten. Um sich zu schützen, das Amt, die Partei. Auch um zu zeigen, dass Politiker verantwortlich sind, und dass es Folgen für sie hat, wenn die Wähler eine Partei abstrafen.

"Es macht wirklich Spaß"

Und Seehofer? Will ganz offensichtlich nicht.

Er trat am Dienstag in Berlin vor die Presse und sagte: "Es macht Spaß, wirklich Spaß." Jetzt müsse man in Bayern erst einmal eine Koalition bilden, man wollte Stabilität schaffen und dürfe deshalb jetzt keine "Ursache für Instabilität" schaffen. Dass er selbst vielen als Ursache für Instabilität gilt, überging er.

Am 14. November müsse Söder spätestens gewählt sein, danach werde man analysieren und programmatische, strukturelle, aber auch personelle Konsequenzen ziehen, sagte Seehofer – "oder auch keine Konsequenzen", schob er nach.

Seehofer sieht sich im Recht

Am 7. und 8. November will er erst einmal nach Helsinki fliegen, obwohl er das Fliegen hasst, und dort auf dem Treffen der Europäischen Volkspartei dafür werben, dass Manfred Weber von der CSU europäischer Spitzenkandidat für die EVP wird. Also womöglich nächster EU-Kommissionspräsident.

Seehofer plant voraus. Die Frage ist: Warum? Die Antwort: Kennt nur er selbst. Aber Hinweise gab er schon am Dienstag in Berlin in einer anderthalbstündigen Pressekonferenz, zu der er schon deutlich zu früh erschienen war.

Erstens, er sieht sich offenbar noch immer grundsätzlich im Recht. Über den Streit um Grenzzurückweisungen sagte er: "Die Sache ist nach wie vor richtig." In Umfragen habe er auch stets große Zustimmung zu seinen Forderung gehabt. Er räume in Bezug auf Stil und Ton aber ein, "dass da durchaus Kritikwürdiges dabei gewesen ist". Im Umgang mit Hans-Georg Maaßen habe er nach dessen Befragung im Innenausschuss gesagt, er sehe keinen Anlass für personelle Konsequenzen. Dann sei eine Kampagne losgebrochen, was nichts an der Sache geändert habe. Er habe sich hinter Maaßen gestellt, "bis zum heutigen Tag".

"Im vollen Einvernehmen"

Zweitens will er augenscheinlich nicht für etwas den Kopf hinhalten, das alle mitgetragen haben. Im Streit mit der CDU, "da habe ich im vollen Einvernehmen gehandelt mit den Bundestagsabgeordneten, mit den Landtagsabgeordneten, mit der bayerischen Staatsregierung". Auch der Parteivorstand stützte ihn damals voll. Journalisten hätten geschrieben, "Seehofer ist der Getriebene, nicht der, der treibt". In Bezug auf Maaßen sagte er, die Unions-Vertreter im Innenausschuss hätten applaudiert, als er Maaßen seine Unterstützung ausgesprochen habe.

Tatsächlich hat die CSU alles mitgetragen und lange kategorisch jeden öffentlichen Widerspruch vermieden. In Berlin galt es im Sommer wirklich als wahrscheinlich, dass CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und vielleicht auch Markus Söder den Streit mit der Kanzlerin befeuern, und Seehofer so vor sich hertreiben.

Drittens habe er, Seehofer, doch dreimal seinen Rücktritt angeboten: Im Sommer auf dem Höhepunkt des Streits mit der CDU. Im vergangenen Herbst nach der Bundestagswahl. Und kurz vor dem Parteitag im November 2017, auf dem dann Söder zum künftigen Ministerpräsidenten gekürt und Seehofer erneut als Parteichef gewählt wurde. Söder habe immer abgelehnt.

Nur noch zwei Möglichkeiten

Man könnte ergänzen, dass er, viertens, den Zeitpunkt versäumt hat, an dem er abtreten und es mit seinem Gewissen hätte begründen können. Wäre er im Streit mit Merkel gegangen, hätte das als Überzeugung gegolten. Würde er jetzt zurücktreten, bekäme er die Alleinverantwortung für die Wahlniederlage zugeschoben.

Seehofer könnte sich bis in den Herbst 2019 retten, dann steht turnusgemäß ein Parteitag an. Er würde dann einfach nicht mehr antreten. Es ist aber gut möglich, dass ihm das nicht gelingt. Sollte Söder den Parteivorsitz wollen, wird er genug Bezirksverbände finden, die einen Parteitag einberufen. Sollte Söder gegen Seehofer kandidieren, wird Söder gewinnen. Bis dahin muss Seehofer die Welt davon überzeugen, dass für das Wahlergebnis nicht allein er verantwortlich ist. Vier Wochen hat er dafür noch Zeit.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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