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CSU-Absturz bei Bayern-Wahl: Eine Entscheidung mit Folgen für Deutschland


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Lehren aus dem CSU-Absturz
Eine Entscheidung mit Folgen für Deutschland


Aktualisiert am 15.10.2018Lesedauer: 4 Min.
Horst Seehofer, im Hintergrund Markus Söder: Über seine Zukunft wird viel spekuliert. Für die Zukunft des Landes ist eine andere Entscheidung wichtiger.Vergrößern des Bildes
Horst Seehofer, im Hintergrund Markus Söder: Über seine Zukunft wird viel spekuliert. Für die Zukunft des Landes ist eine andere Entscheidung wichtiger. (Quelle: Peter Kneffel/dpa)

Tritt Seehofer zurück? Nicht so wichtig. Entscheidender wird, wie sich die CSU künftig ausrichtet. In der Partei kursieren vier Vorschläge – die große Auswirkungen auf das Parteiensystem hätten.

Die Frage, die am Montag nach der bayerischen Landtagswahl in München am meisten diskutiert wird, lautet: Tritt Horst Seehofer als Parteichef ab? Kurzfristig wird von dieser Antwort abhängen, ob die CSU ihre schlecht gelaunten Ex-Wähler besänftigen kann und ob die Chance besteht, dass in der Berliner Koalition Ruhe einkehrt.

Langfristig geht es aber um viel mehr als nur um Personen. Es geht um die Zukunft des deutschen Parteiensystems, das maßgeblich an der Ausrichtung der letzten Beinahevolkspartei hängt.

Die CSU hat zehn Prozentpunkte verloren. Dabei jeweils rund 200.000 Stimmen an die Grünen (denen die CSU zu rechts, zu hart, zu einwanderungsfeindlich war), an die AfD (denen die CSU zu links, zu flüchtlingsfreundlich war) und an die Freien Wähler (denen die CSU zu unstet und unseriös war).

Für das Land wird entscheidend, wie die CSU diese Ergebnisse deutet. Welche Schlüsse sie zieht. Wie sich die Union zur AfD positioniert und welche Wähler sie ansprechen möchte.

In den Analysen und Forderungen der CSU-Spitzen scheinen vier verschiedene Strategien durch.

1. Wie Rechte reden

Horst Seehofer hat am Morgen in München seinen Eskalationskurs in der Flüchtlingspolitik verteidigt. Man müsse sehen, warum man an die Grünen und die AfD verloren habe, aber das Ergebnis der AfD sei doch ein "Hinweis, dass wir zumindest nicht falsch mit dem Thema AfD umgegangen sind".

Ähnliches ist von Alexander Dobrindt zu hören. Er sei überzeugt, die AfD nach rechts getrieben und so für viele Konservative unwählbar gemacht zu haben. Gleichzeitig müsse man Probleme mit der Zuwanderung lösen.

Das hieße: Weiter viel über Flüchtlinge sprechen, auch scharf, auch in einem Ton, den viele unangemessen fanden. Es wäre die Entscheidung für einen Konservatismus, der versucht allen Raum rechts zu besetzen, auch wenn es schmutzig wird. Die CSU würde sich nicht deutlich abgrenzen und wenn sie das Gefühl hat, es mache die AfD klein, auch nicht vor Zusammenarbeit zurückschreckt. Die CSU müsste dafür ab und an mit Ressentiments spielen, wenn es nützt. Asylbewerber, die keinen Schutz bekommen, würden kategorisch abgeschoben.

Wenn bei alledem links ein paar Wähler verloren gingen, müsse man diesen Preis eben zahlen.

Es deutet viel darauf hin, dass die AfD dadurch eher stärker würde als schwächer. Sie könnte auch auf Machtbeteiligung hoffen. Ganz sicher würden Aufregung und Nervosität dauerhafte Merkmale deutscher Politik. Im Sommer war das zu erleben. Die Grünen würden als Gegenpol vermutlich gestärkt. Für FDP, SPD und Linke wäre die Dauerthematisierung von Flüchtlingspolitik wahrscheinlich Ursache für weiteren Grundsatzsstreit. Auch der Konflikt zwischen CDU und CSU würde wohl angeheizt.

2. Urbane Liberalisierung

Barbara Stamm, die 73-jährige bisherige Landtagspräsidentin, sagte bereits am Wahlsonntag, sie habe intern oft gewarnt, dass die CSU rechts nicht viel zu gewinnen habe. "Ich wollte nicht recht haben", sagte sie am Montag am Rande des Parteivorstands. "Lasst sie doch da", sagte sie über Flüchtlinge mit Job, die keine Straftäter seien.

Ähnlich deutet der liberale Flügel die Ereignisse. Der Augsburger Bundestagsabgeordnete Volker Ullrich schrieb auf Twitter, der offene Kurs habe sich ausgezahlt.

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Ein solcher Konservatismus würde sich den Grünen annähern, versuchen, sich den Städtern zu öffnen und von offenen Provokationen und Koketterie mit Ressentiments Abstand nehmen. Und vor allem würde er viel mehr über anderes reden als über Flüchtlinge.

Wenn dabei ganz rechts einige Wähler verloren gingen, müsse man den Preis eben zahlen.

Das dürfte die Wanderung von der Union zu den Grünen bremsen. Gleichzeitig ist unklar, ob mehr Unionswähler zur AfD oder zu Mitte-Rechts-Parteien abwandern würden. Die FDP könnte versuchen, sich als neue Partei der konsequent rechten Mitte zu positionieren.

3. Wiederbelebung der Volkspartei

Andere Vorstandsmitglieder finden, die CSU dürfe sich keinesfalls damit abfinden, Wähler zu verlieren, weder rechts noch links, weder an die pluralitären Grünen noch an die normalitäre AfD. Eine Volkspartei müsse den Anspruch haben, nach allen Seiten zu integrieren. Müsse eine Brücke schlagen zu beiden Polen.

Eine solcher Konservatismus müsste irgendwie versuchen, gleichzeitig eines zu vertreten und sein Gegenteil; er müsste grundsätzlich modern, liberal, humanistisch sein, aber auch hart in Sicherheitsfragen und restriktiv in der Zuwanderungspolitik.

Wie genau dieser Kurs aussehen könnte und ob er überhaupt schlüssig möglich ist, weiß derzeit niemand. Aber Anhänger der Grundidee gibt es reichlich, auch wenn Beliebigkeit und Unsicherheit drohen.

4. Unaufgeregte Abgrenzung nach rechts

Markus Söder, der im Sommer teilweise noch aggressiver redete als Seehofer und Dobrindt, dann aber eine abrupte Wende hinlegte, gibt eine eigene Deutung vor. Natürlich habe die CSU an die AfD verloren, aber dass die nicht so stark war wie Umfragen zwischendurch erwarten ließen, habe an seinem neuen Kurs gelegen. "Ich glaube, dass die klare Abgrenzung da gewirkt hat". Er habe aber eben nicht mehr alles verhindern können.

Der Ehrenvorsitzende Theo Waigel sagte, man müsse die AfD "bekämpfen, man muss sie isolieren", aber man dürfe sie nicht rechts überholen wollen.

Eine CSU nach diesem Vorbild würde Abstand zu den Grünen wahren, nicht offensiv liberaler werden, aber die gröbsten Provokationen lassen und darauf setzen, dass man durch weitgehend geräuschlose Politik die Konservativen wieder gewinnen kann. Vermutlich überschneiden sich die Ziele mit Strategie Nummer 3, aber sie werden nicht so klar formuliert.

Da Söder weiterhin ohne echten Gegner ist, dürfte er die Richtung vorgeben. Angesichts der Neigung der CSU zu Geschlossenheit nach außen werden die anderen wahrscheinlich erst einmal nicht widersprechen. Aber es ist anzunehmen, dass hinter den Kulissen die Diskussion nicht beendet ist.

Nach der Vorstandssitzung kündigte Horst Seehofer eine "tiefe Analyse" an, sobald die Koalition steht. Er schob nach: "Eine Analyse mit Konsequenzen".

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
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