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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rainer Rothfuß rückt nach Russland-Fraktion im Bundestag bekommt Verstärkung
Russland bekommt noch einen Fürsprecher im Bundestag. Durch einen Todesfall rückt Rainer Rothfuß nach, der Initiator von "Friedensfahrten".
Mit erhobenen Händen kommen die beiden ukrainischen Soldaten näher Richtung Kamera, ein Schuss fällt noch, dann werden sie von russischen Kämpfern umkreist und weggeführt. Zu sehen ist das in einem Video auf Telegram. Dort kommentiert es Rainer Rothfuß so: "Die beste Lösung für jeden einzelnen Ukrainer, der von der NATO in den Fleischwolf beordert wurde ..." Eine kapitulierende Ukraine wäre offenbar ganz im Sinne von Rothfuß. Er wird Russlands Position und die AfD im Bundestag verstärken.
Nachdem die bayerische AfD-Bundestagsabgeordnete Corinna Miazga an einer Krebserkrankung gestorben ist, wird der 51-Jährige in den Bundestag nachrücken. Bei der Wahl 2021 hatte es mit Listenplatz 13 noch nicht gereicht. "Ich bin mit dem Landeswahlleiter bereits in Kontakt und werde in Fürth die Annahmeerklärung für das Mandat unterzeichnen", sagte Rothfuß t-online.
Damit zieht ein früherer Professor für politische Geografie in den Bundestag ein, der geopolitisch viele russische Positionen teilt und mit prorussischen Propagandisten auf die Krim zu dem russischen nationalistischen Motorradklub Nachtwölfe gereist ist. Wie viel Russland kommt mit ihm in den Bundestag?
Stellvertretender Vorsitzender in Bayern
Rothfuß ist seit Oktober 2021 stellvertretender Landesvorsitzender der AfD in Bayern, aber vergleichsweise noch nicht lange in der AfD: Beim russischen Kanal RT, bei dem er häufiger zu Gast ist, hatte er 2018 seinen Wechsel aus der CSU verkündet. 2019 schaffte er es für die AfD nicht ins Europaparlament, war fortan aber mit einem Rahmenvertrag über 60.000 Euro für die Fraktion tätig. Zwei aufwendige Gutachten habe er in den vergangenen Jahren erstellt. Dafür sei als Bundestagsabgeordneter keine Zeit mehr, sagte Rothfuß zu t-online.
Er wolle nun zunächst versuchen, die Lücke zu schließen, die Miazgas Tod gerissen habe. Er wird im Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union sein. Inwiefern die Fraktion ihn etwa im Kompetenzgebiet Außen- und Verteidigungspolitik einsetzen könne, bleibe abzuwarten. Außen- und Verteidigungspolitik bedeutet bei ihm: Nähe zu Russland, Eintreten für Russland.
Er werde ganz im Sinne seiner, so Rothfuß, "Friedenspartei AfD" für andere Wege zu "angeblich 'alternativlosen Waffenlieferungen'" werben. Das "Manifest" von Sahra Wagenknecht und Alice Schwarzer begrüßte er auf Telegram, kommentierte aber auch: "Mal schauen, wie weit die Tanten kommen, die sich gleich politkorrekt von der AfD absetzen wollen, obwohl sie die einzigen Partner in Deutschland wären."
Anfang 2017 war Rothfuß einer der Gründer des Vereins "Druschba Global". Das ist ein Verein, dem es gelang, mit "Friedensfahrten" nach Russland einige Zeit positiv in deutsche Medien zu kommen. Die Aktionen waren vor allem auch ein Plädoyer gegen Sanktionen gegen Russland und sollten die russische Einmischung in der Ukraine legitimieren helfen.
An die deutsche Öffentlichkeit gelangten erst später Bilder, die Rothfuß mit dem Chef der Nachtwölfe zeigen, Alexander Saldostanow. "Ein sehr feiner, gebildeter Mann, der Deutschland sehr schätzt", sagt Rothfuß. Und der Mann an der Spitze einer Gruppe, die 2014 auf der Krim Straßensperren errichtete und Patrouille fuhr, während russische Spezialkräfte ohne Hoheitsabzeichen Regierungsgebäude einnahmen. Er zählt Putin zu seinen Freunden, dieser besucht die Biker häufiger.
Mit ihm im großen Fahrzeugkonvoi: Der YouTuber Owe Schattauer, der als "Stimme des Zorns" in russischen Medien ein anderes Deutschlandbild zeigen sollte, und Sergej Filbert, der mit seinem YouTube-Kanal "Druschba" vor allem Reden von Linken und AfD-Politikern ins Russische übersetzte und Millionenabrufe sammelte. Filbert arbeitet zeitweise eng mit Alina Lipp zusammen, die seit Kriegsbeginn zu einem wichtigen Lautsprecher für Putin-Propaganda geworden ist. Er war gerade in erster Reihe bei einer "Ami go Home"-Demo in Ramstein.
Menschenrechtsverein setzte ihn ab
Die Arbeit von prorussischen Bloggern und von RT ist etwas, das Rothfuß 2015 ausdrücklich begrüßt hatte: Russland baue alternative Informationsmedien auf, damit die Bevölkerung die Möglichkeit habe, "besser informiert Konfliktdeeskalation betreiben zu können". Das erzählte er im April 2015 in einem Interview, das spätabends von dem deutschsprachigen Propaganda-Kanal "Newsfront" auf der Krim veröffentlicht wurde. "Um 1 Uhr nachts hatte ich die erste wütende Reaktion" – von einem Unionspolitiker aus einem Verein, an dessen Spitze Rothfuß da stand, die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte. Sie setzte ihn einige Wochen später bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung als geschäftsführenden Vorsitzenden ab. Zu antirussisch sei man dort, sagt Rothfuß dazu.
Es war die zweite Erfahrung damit, dass seine Arbeit im Zusammenhang mit seinem Engagement nicht mehr gefragt war. An der Universität Tübingen war sein Vertrag als Junior-Professor nicht verlängert worden – und Rothfuß verabschiedete sich mit einem Knall: Er lud im Rahmen einer Vortragsreihe den Schweizer Daniele Ganser ein, dem aktuell viele Kommunen Räumlichkeiten für seine Vorträge entziehen. Ganser ist Verschwörungsideologe, suggeriert seinem Publikum, die Anschläge vom 11. September in New York seien vielleicht False-Flag-Aktionen gewesen. Sein Feindbild: die Nato.
Ukrainer sollen "Bruderkrieg" beenden
Und durch die Nato seien auch Sicherheitsinteressen der Russen verletzt und trotz russischer Hinweise bis zuletzt nicht gehört worden, sagt Rothfuß, wenn er über den aktuellen Krieg in der Ukraine spricht. Die Ukrainer könnten dem Krieg ein Ende setzen, "wenn sie 'Fuck you Biden' sagen und nicht mehr einen Bruderkrieg für andere Interessen kämpfen würden". So habe er wohl auch das Posting zur Gefangennahme ukrainischer Soldaten gemeint, an das er sich nicht mehr erinnern könne. Wer darauf setzt, will natürlich ein Ende von Waffenlieferungen für das Land, das sich verteidigt.
Ob den "Bruderkrieg" aber nicht eher die russischen Soldaten beenden müssten, die in ein fremdes Land einmarschiert sind? Rothfuß sagt, wegen der Opfer dort sei "natürlich" auch eine solche Lösung gut. Für ihn ist das aber unrealistischer: Die Russen seien der Überzeugung, sie müssten der Nato entgegentreten und eine drohende Zerschlagung Russlands verhindern. Für Rothfuß ist Russland ein Land, das massiv an Bedeutung gewonnen habe, das sich jetzt als "geopolitische Autorität" Dinge herausnehme wie zuvor nur die USA. Und Russland sei sehr stabil, es gebe keine Probleme mit Nachschub an Kriegsmaterial und Menschen.
Rothfuß räumt deshalb zumindest ein, dass eine diplomatische Lösung sehr schwierig ist, weil Russland sehr weitreichende Forderungen stelle. "Russland wird jetzt nicht aufgeben, die großen Zugeständnisse müsste der Westen machen."
Also auch vor allem das ukrainische Volk.
- Eigene Recherchen
- Telefonat mit Rainer Rothfuß
- Telegram
- schwaebische.de: Lindauer Ex-OB-Kandidat wechselt von der CSU zur AfD
- YouTube: Interview Rainer Rothfuß bei NewsFront (archiviert)
- allgaeu-rechtsaussen.de: Der bayerische Provinz-Demagoge Rainer Rothfuß