"Wir sind nicht rechtsradikal" CDU leitet Ausschlussverfahren gegen Maaßen ein
Hans-Georg Maaßen soll aus der CDU ausgeschlossen werden, der Bundesvorstand will das entsprechende Verfahren einleiten. Parteichef Merz nennt den Schritt unabwendbar.
Die CDU-Führung greift im Konflikt mit dem früheren Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen durch und will ihn aus der Partei ausschließen. Der Bundesvorstand beschloss am Montag einstimmig, ein Verfahren dazu einzuleiten und entzog Maaßen bereits mit sofortiger Wirkung die Mitgliedsrechte.
CDU-Chef Friedrich Merz nannte die Entscheidung "unabwendbar" und verwies auch auf jüngste Äußerungen des 60-Jährigen, die vom Sprachgebrauch und dem dahinter stehenden Gedankengut keinen Platz in der CDU hätten. Zuständig für das Ausschlussverfahren ist nun zunächst ein Kreisparteigericht in Thüringen. Erwartet wird eine längere, schwierige Auseinandersetzung.
Die CDU-Spitze besiegelte das Vorgehen gegen Maaßen geschlossen, wie Merz hervorhob. Im Vordergrund der Gremiensitzungen habe "natürlich die Freude über das Berliner Wahlergebnis gestanden", meinte er mit Blick auf den Sieg der Hauptstadt-CDU am Sonntag. Der Beschluss zu Maaßen sei dann "ohne Enthaltungen und ohne Gegenstimme" erfolgt. Und die gesamte Diskussion einschließlich der fachlichen Darstellung der juristischen Lage habe auch "weniger als zehn Minuten" gedauert.
"Wir sind nicht rechtsradikal"
Am politischen Signal ließ Merz keinen Zweifel: "Der klare Trennungsstrich ist mit dem heutigen Tag gezogen." Die Partei werde diese Entscheidung "in ganz, ganz großen Teilen" danken. Und in der Bevölkerung werde erkennbar werden: "Wir sind konservativ, wir sind liberal, wir sind christlich-sozial – aber wir sind nicht rechtsradikal, und wir nähern uns auch nicht der AfD an, an keiner Stelle. Und deswegen hält die 'Brandmauer' gerade an dieser Stelle."
Der Ausschluss-Beschluss hatte sich zuletzt abgezeichnet. Einer Aufforderung der Parteispitze, direkt selbst auszutreten, kam Maaßen nicht nach. Die CDU-Führung hatte ihm Ende Januar vorgehalten, eine "Sprache aus dem Milieu der Antisemiten und Verschwörungsideologen bis hin zu völkischen Ausdrucksweisen" zu gebrauchen. Dabei ging es um mehrere Äußerungen Maaßens, die Kritik ausgelöst hatten. In einem Interview sprach er beispielsweise von "rot-grüner Rassenlehre".
Maaßen schlug Verwarnung vor
In einer am Wochenende bekannt gewordenen Stellungnahme wies der Jurist alle Vorwürfe parteischädigenden Verhaltens zurück – verbunden mit Gegenangriffen: "Die politische Zielrichtung der Schmutz- und Rufmordkampagne gegen mich und des Parteiausschlussverfahrens besteht offensichtlich darin, eine 'Brandmauer' in der CDU gegenüber all denen zu errichten, die den links-grünen Kurs der Parteiführung nicht mittragen wollen". Maaßen schlug vor, in einem Ordnungsverfahren zum Beispiel eine Verwarnung auszusprechen, "die ich in Abhängigkeit vom Fortgang des Verfahrens grundsätzlich zu akzeptieren bereit wäre".
In der CDU-Zentrale trug der 26-seitige Schriftsatz aber nicht zur Entspannung bei – ganz im Gegenteil. Maaßen habe in dem Brief zum Ausdruck gebracht, "dass er selbst ja eingesteht, dass er Grenzen überschritten hat", sagte Generalsekretär Mario Czaja. "Sonst hätte er selbst nicht eigene Ordnungsmaßnahmen für sich angeboten." Schatzmeisterin Julia Klöckner nannte es "hochproblematisch", wie Maaßen immer einige Zentimeter weiter gegangen sei mit dem Spektrum seiner Äußerungen hin zu rechtsextremistischen Standpunkten. "Wer von Rassenlehre redet, also das ist ja kein Zufall." Das schade der CDU.
Der Beschluss aus Berlin sollte Maaßen ordentlich zugestellt werden. Damit sei er dann auch nicht mehr Mitglied der CDU, erläuterte Merz. Man gehe davon aus, dass Maaßen den Beschluss nicht akzeptiere. "Das mag so sein." Erste Instanz ist das Kreisparteigericht in Thüringen.
Mehrere Anläufe bei Sarrazins SPD-Ausschluss
Das Verfahren könnte sich dann aber möglicherweise noch über Jahre hinziehen. Denn Parteiausschlüsse gelten als schwierig, Anforderungen dafür sind hoch. Bei der SPD waren mehrere Anläufe nötig, um Thilo Sarrazin aus der Partei zu werfen. Und bis es gelang, gab es noch etliche Kontroversen. In der CDU erinnert man sich an den einstigen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann, den die Hessen-CDU 2004 wegen einer als antisemitisch kritisierten Rede ausgeschlossen hatte. Das Bundesparteigericht bestätigte das. Generell können Betroffene von Ausschlussverfahren auch noch vor ordentliche Gerichte ziehen.
Das langjährige CDU-Mitglied Maaßen war bei der Bundestagswahl 2021 in Thüringen erfolglos als Direktkandidat der CDU angetreten. Er hat kein Amt und keine Funktionen in der Partei. Seit Ende Januar ist er Vorsitzender der konservativen Werte-Union, die keine Organisation der CDU ist. Das hat die jetzt erfolgte Abgrenzung befeuert. Der Bundesvorstand sprach nun auch eine "politische Missbilligung" aus: Wer CDU-Mitglied sei, könne nicht gleichzeitig in der Werte-Union sein. Formal gesehen ist das kein Unvereinbarkeitsbeschluss, den laut CDU ein Parteitag fassen müsste. Merz betonte, in der Volkspartei CDU würden Werte gelebt. "Dafür braucht es keine Gruppierungen außerhalb der Partei."
- Nachrichtenagentur dpa