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Robert Habeck: Sein Traum von der Kanzlerschaft könnte noch platzen


Robert Habeck
Sein Traum könnte noch platzen


Aktualisiert am 18.05.2022Lesedauer: 4 Min.
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Robert Habeck: Mister Schwarz-Grün? Nordrhein-Westfalen kommt ihm und seiner Partei jedenfalls gelegen.Vergrößern des Bildes
Robert Habeck: Mister Schwarz-Grün? Nordrhein-Westfalen kommt ihm und seiner Partei jedenfalls gelegen. (Quelle: Christoph Hardt/imago-images-bilder)

In Nordrhein-Westfalen dürften bald CDU und Grüne regieren – und damit im dritten Bundesland. Robert Habeck freut die strategische Option für seine Partei besonders. Denn sie bringt ihn näher dahin, wo er seiner Meinung nach eh hingehört: ins Kanzleramt.

Zu Nordrhein-Westfalen will Robert Habeck jetzt nichts sagen. Zumindest nicht hier, so öffentlich, in der prächtigen Staatskanzlei Sachsen-Anhalts, wo er als Wirtschaftsminister gerade Ministerpräsident Reiner Haseloff besucht. Dabei hätte Habeck ganz bestimmt den einen oder anderen Gedanken zur Wahl und ihrem Ergebnis parat.

"Die werden sich schön bedanken, wenn ich jetzt hier erkläre, was ich so im Kopp habe", sagt Habeck also am Montag auf Habeck-Art, schmunzelt, und ergänzt: "Unterhalb der Ebene von öffentlichen Verlautbarungen kann ich meine Weisheiten den Kollegen gerne zurufen, wenn sie die hören wollen."

Ganz so zurückhaltend wie der Grüne ist der CDU-Politiker Haseloff da nicht: Es sei immer gut, sagt er, "wenn man Industriepolitik mit den ökologischen Herausforderungen" zusammenbringe. Damit sei dann ja "vieles vorgegeben, was für die nächsten Jahrzehnte zielführend wäre", sagt er, guckt rüber zu Habeck – und dann lachen sie beide herzhaft. Schwarz-Grün natürlich, wie passend.

Es ist ein offenes Geheimnis, dass Robert Habeck und die Seinen vor der Bundestagswahl lange mit einer Regierung aus CDU und Grünen geliebäugelt haben. Und zwar nicht nur, weil das über Monate wie die wahrscheinlichste Konstellation aussah. Sondern auch aus grundsätzlichen Erwägungen.

Die Wahl im wichtigen Nordrhein-Westfalen, wo vieles auf Schwarz-Grün hindeutet, rückt diese Möglichkeit nun auch bundesweit wieder ins Bewusstsein. Als realistische Alternative zur Ampel. Für die Grünen könnte es politstrategisch kaum besser sein, sie werden in beiden Bündnissen gebraucht. Allen voran: Robert Habeck selbst. Vielleicht sogar als Kanzler.

Schwarz-Grün in NRW beliebter als Ampel

Es gibt da ein paar Zahlen, die Grünen-Strategen erfreuen können und ihre Kollegen von SPD und FDP besorgen müssen. Denn Nachwahlbefragungen haben ergeben, dass in Nordrhein-Westfalen Schwarz-Grün deutlich beliebter ist als eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP. Ausgerechnet in der viel zitierten "Herzkammer der Sozialdemokratie", dem bevölkerungsreichsten Bundesland mit seinen 18 Millionen Einwohnern.

Erfreuen dürfte besonders Robert Habeck auch eine weitere Umfrage nach der Wahl: Die Nordrhein-Westfalen haben ihn deutlich vor Finanzminister Christian Lindner (FDP) und noch deutlicher vor CDU-Chef Friedrich Merz und Kanzler Olaf Scholz (SPD) als denjenigen wahrgenommen, der seine eigene Partei am meisten unterstützt. Die bundesweiten Beliebtheitsumfragen führt Habeck mit Parteifreundin Annalena Baerbock ohnehin schon länger an.

Bei SPD und FDP werden sie auf den Erfolg der Grünen zunehmend neidisch, was die Tektonik der Ampelregierung in Zukunft noch belasten dürfte. Die inhaltlichen Differenzen der Partner sind ohnehin schon mehrfach überdeutlich geworden, in der Corona-Politik etwa, bei der Impfpflicht und zuletzt im Ukraine-Krieg.

"Die Ampelkoalition war nie unser Wunschtraum", sagte denn auch FDP-Chef Lindner am Montag. Was natürlich alles nicht heißt, dass die Regierung übermorgen platzt. Aber dass sie mehr als eine Legislaturperiode regiert, wie sich Scholz das schon zu Beginn zum Ziel gesetzt hat, ist heute unsicherer als je zuvor.

Raus aus der Nische

Eine dritte schwarz-grüne Landesregierung neben der in Hessen von Volker Bouffier (CDU) und der in Baden-Württemberg von Winfried Kretschmann (Grüne) kommt den Grünen als Ausstellungsstück also gerade gelegen: Schaut her, geht im Zweifel auch anders. Ohne die SPD, von denen viele Grüne sowieso desillusioniert sind.

Und ein Bündnis aus CDU und Grünen wäre eben auch genau das, was allen voran Robert Habeck in seiner Zeit als Parteichef für die Grünen vorgedacht hat. Die Manifestation der sogenannten Bündnispartei, die sie fortan sein wollten. Und als die sie letztlich die politischen Lager zu überwinden suchen.

Das Konzept brachte das viel zitierte "Ausgreifen" der Grünen in alle Teile der Gesellschaft auf eine Formel. Raus aus der Nische heißt das für sie, also nicht nur mit den Umweltschützern sprechen, sondern auch mit den Wirtschaftsbossen. Wohl keine Konstellation löst das so gut ein wie die aus Konservativen und (früheren) Ökos.

Mister Schwarz-Grün

Nicht aus Zufall hat Robert Habeck sich sein ganz eigenes Bündnis aus Wirtschaft und Klimaschutz einfach selbst gebaut, in Form eines neuen Superministeriums. Was zugleich für ihn und die Grünen den Vorteil hat, dass sie ihre Kompetenz in der Wirtschaftspolitik beweisen können, die ihnen bisher nur wenige zugetraut hatten.

Und wenn das nun alles wie ein ausgefeilter Plan von Robert Habeck klingt, um noch mehr Macht zu erobern, dann liegt es daran, dass es natürlich einer ist. Bei den Grünen machen sich selbst Habeck-Skeptiker keine Illusionen darüber, dass er sich Superministerium und Vizekanzlerschaft gesichert hat, um seinen noch größeren Traum zu verwirklichen: den vom Kanzleramt.

Dazu müssten ihn die Grünen zwar erst einmal zum Kanzlerkandidaten machen, was noch nicht ausgemacht ist, auch weil er in seiner eigenen Partei unbeliebter ist als etwa Annalena Baerbock. Nur die, so würde wohl argumentiert, hatte ja schon ihre Chance.

Und dann müsste Habeck bei der nächsten Bundestagswahl 2025 verdammt viele Menschen von den Grünen überzeugen, was sicherlich noch schwieriger ist. Dabei allerdings könnte ihm eine Fähigkeit helfen, die auch beim letzten Mal immer als Argument für seine Kanzlerkandidatur angeführt wurde. Und die nach den Erfahrungen des Baerbock-Wahlkampfs für die Grünen wichtiger zu sein scheint als je zuvor: Die Fähigkeit nämlich, erneut auch abseits der eigenen Blase viele Wähler von den Grünen zu überzeugen, also auf andere Milieus und Schichten auszugreifen.

Das trauen viele nach wie vor besonders Robert Habeck zu. Er wäre damit so etwas wie die personifizierte Koalition aus Grünen und CDU. Mister Schwarz-Grün.

Verwendete Quellen
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