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Hotels in der Corona-Krise: "Zweiten Lockdown würden wir nicht überleben“


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Auswirkungen der Corona-Krise
"Einen zweiten Lockdown werden wir nicht überleben"

Aus Warnemünde berichtet Tim Kummert

Aktualisiert am 13.10.2020Lesedauer: 5 Min.
Hotelbetreiber Krause: "Da überlegt man sich, ob man nochmal einen hohen Kredit aufnimmt."Vergrößern des Bildes
Hotelbetreiber Krause: "Da überlegt man sich, ob man nochmal einen hohen Kredit aufnimmt." (Quelle: t-online)
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In Mecklenburg-Vorpommern lässt sich gerade beobachten, was bald ganz Deutschland droht: Die Gäste bleiben aus, die Hotels fürchten um ihr Überleben. Wie lange ist Urlaub so überhaupt noch möglich?

Torsten Hübner hat ein braungebranntes Gesicht und einen klaren Blick. Er redet schnell und in kurzen Sätzen. Das klingt dann so: "Ich habe mein Hotel vor 25 Jahren gebaut. Immer hatten wir offen. Doch was jetzt passiert, das habe ich noch nie erlebt."

Der 57-Jährige ist Inhaber des Hotels "Bellevue" in Warnemünde, dem Seebad von Rostock in Mecklenburg-Vorpommern. Maximal 100 Gäste können hier übernachten, um die sich 20 Angestellte kümmern. Seit Beginn des Lockdowns im Frühjahr war das "Bellevue" über Monate ein Geisterhotel. Dann wurden die Corona-Regeln sukzessive gelockert. Hübner dachte schon, das Schlimmste sei vorbei. Doch jetzt muss er erneut darum kämpfen, dass sein Hotel überlebt.

Schon Anfang des Jahres ein Rückgang von mehr als 20 Prozent

Durch das in weiten Teilen Deutschlands eingeführte Beherbergungsverbot müssen viele Hotels und Hostels erneut extreme Einbußen verkraften. Das bringt eine ganze Branche binnen weniger Monate zum zweiten Mal an den Rand ihrer Existenz. Und könnte womöglich dazu führen, dass künftig zwar möglichst viele in Deutschland Urlaub machen sollen, es aber kaum noch Hotels gibt, wo das auch möglich ist.

Schon als im Januar und Februar wegen der Pandemie kaum asiatische Gäste in deutschen Hotels übernachteten, wiesen die Betreiber auf einen Rückgang von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2019 hin. Noch gibt es keine vollständigen Zahlen für 2020. Doch klar ist schon jetzt: Die Einschnitte werden extrem sein. Allein in Mecklenburg-Vorpommern ist jetzt schon ein Verlust für die Branche von über 500 Millionen Euro sicher.

Die Mechanismen, die aktuell in der Hotelbranche wirken, zeigen sich nirgendwo so deutlich wie hier. Das Bundesland hat die höchste Anzahl von Touristen im Bezug auf die Einwohner, die Abhängigkeit vom Tourismus ist groß. Und hier sind die Corona-Einschränkungen besonders drastisch. Wer aus einem Risikogebiet kommt – also von dort, wo die Zahl von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von 7 Tagen überschritten wird – darf nicht vor Ort übernachten.

Lockerung der Maßnahmen ist unwahrscheinlich

In anderen Bundesländern darf man sich mit einem maximal 48 Stunden alten, negativen Corona-Test trotzdem in Hotels einquartieren. In Mecklenburg-Vorpommern dagegen müssen Urlauber aber selbst damit eine 14-tägige Quarantäne beginnen, die nur von einem zweiten negativen Test nach 5 bis 7 Tagen beendet werden kann. Das sorgt bei vielen Hoteliers für Unverständnis.

Eine Lockerung dieser Maßnahmen ist nicht in Sicht. Bereits vor dem Treffen der Ministerpräsidenten am Mittwoch mit der Kanzlerin zeichnet sich ab, dass die Ministerpräsidenten der beiden Touristenhochburgen Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, Manuela Schwesig und Markus Söder, an den harten Vorgaben festhalten wollen. Schwesig sagte in der ARD: "Wir brauchen eine klare, stringente Linie. Die kann in einer Zeit, wo die Zahlen immer mehr in Deutschland steigen, nicht Lockerung sein."

"Das Weihnachtsgeschäft wackelt extrem"

Warnemünde hat den breitesten Strand an der Ostseeküste, eigentlich ist es ein Traum-Urlaubsort. Doch in diesen Tagen sind nur wenige Menschen am Strand. Hotelchef Hübner druckt jetzt jeden Tag eine Liste aus mit den aktuellen Gebieten, aus denen man nicht anreisen darf, wenn man bei ihm übernachten will. Manche Beinahe-Gäste rufen seine Mitarbeiter vorher an und erklären, dass sie nicht kommen dürfen.

Hübner sagt: "Das Weihnachtsgeschäft wackelt extrem. Im Moment sehe ich eine Chance von 50 Prozent, dass wir hier im Dezember Gäste haben können." Er schiebt etwas vorsichtig nach: "Der Herr Lauterbach äußert sich ja kritisch zu dem Beherbergungsverbot. Das will ja schon etwas heißen, oder?" Soll heißen: Wenn selbst der SPD-Gesundheitsexperte, der eindringlich vor Corona warnt, eine Regelung abschaffen will, sollten die Chancen nicht allzu schlecht sein.

"Wir werden mit Eilverordnungen bombardiert"

Darauf setzt auch Lars Schwarz, der Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Mecklenburg-Vorpommern. Er kennt das Problem, das Hotelbetreiber Hübner beschreibt. Der Bundesverband der Dehoga rechnet bereits mit Klagen gegen das Beherbergungsverbot. Schwarz beschreibt eine Branche, der langsam die Luft ausgeht. Er sagt: "Der Anfang war besonders heftig. Die 2,5 Monate Lockdown haben uns als Branche extrem getroffen." Und er schiebt nach: "Wir werden mit Eilverordnungen bombardiert, und müssen daher permanent umplanen." Er klingt genervt.

Viele Hotelbetreiber bringt vor allem die fehlende Planbarkeit in den Einschränkungen an die Grenze ihrer wirtschaftlichen Liquidität. Der Tenor lautet: Wenn permanent neue Risikogebiete ausgerufen werden, wird jede Möglichkeit von mittelfristiger Kalkulation verwehrt.

Viele hatten möglichen Gästen schon abgesagt

In Mecklenburg-Vorpommern sind gegenwärtig viele Hotels so stark betroffen, weil Berlin zum Risikogebiet erklärt wurde. Viele Menschen aus der Hauptstadt fahren oft für ein Wochenende hierher, es gilt als schnell erreichbares Ferienziel. Dehoga-Chef Schwarz sagt dazu: "Dramatisch war jetzt die kurzfristige Erklärung zum Risikogebiet: Innerhalb von zwei Tagen brachen uns etwa 40 Prozent der Buchungen fürs Wochenende weg." Dabei hatten manche Hotels möglichen Gästen schon abgesagt, weil sie ausgebucht waren. Dann stapelten sich die Stornierungen im Posteingang. Die Kosten tragen die Hotelbetreiber. Intern heißt es, man wolle die Kunden nicht mit hohen Stornogebühren verprellen.

Alteingesessene Hotels kämpfen bereits um ihr Überleben. So wie ein Neuling in der Branche: Christoph Krause ist seit drei Jahren im Geschäft. An diesem Tag Mitte Oktober sitzt er auf einer Couch und lehnt sich zurück. Er sieht mit seiner legeren Kleidung wie ein Hipster aus Berlin-Mitte aus. 2017 haben der 38-Jährige und seine Geschäftspartnerin das "Dock Inn" eröffnet, ein Hostel, das auch Suiten anbietet. Knapp 200 Betten gibt es dort, zusätzlich einige Ferienwohnungen. Das Gebäude ist von innen aufgebaut wie übereinandergestapelte Container. Damit hat Krause diverse Preise gewonnen.

"Dann wäre vermutlich Schluss"

Das hat ihn allerdings auch nicht vor seiner bislang größten Krise bewahrt. Derzeit sei die Auslastung zwar wieder gut, sagt er, doch das könne sich ja jederzeit ändern. "Wir haben erst seit kurzem offen und mussten in der Krise bereits einen Kredit aufnehmen." Einen zweiten würde er wohl nicht aufnehmen, das müsse er "ja alles auch abbezahlen", sagt Krause. Und wenn es einen zweiten Lockdown gäbe? "Dann wäre vermutlich für uns Schluss, einen zweiten Lockdown werden wir nicht überleben."

Immerhin gibt es Besucher, die sich nicht abschrecken lassen. Sie sind am Strand unterwegs, so wie ein Ehepaar, beide um die 50 Jahre alt. Ihren Namen wollen sie nicht nennen, dann erzählen sie kurz von ihrem Urlaub. Von der Ostsee drückt der Wind, sie wollten sich eigentlich nur ein wenig erholen, sagen sie. Und das Beherbergungsverbot? Sie zucken mit den Schultern. Gekommen sind sie trotzdem, sie schlafen jetzt in einer Ferienwohnung.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche in Warnemünde
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