Konferenz in Kiel Innenminister wollen Druck auf kriminelle Clans erhöhen
Die Innenminister der Länder wollen massiver gegen kriminelle Clan-Mitglieder vorgehen. Gefordert wird auch eine engere Zusammenarbeit mit Jugendämtern. Berlin bringt vereinzelte Abschiebungen ins Gespräch.
Bund und Länder wollen kriminelle Clan-Mitglieder in Deutschland mehr in den Fokus nehmen. Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) will versuchen, einzelne Kriminelle in den Libanon abzuschieben. Er habe mit den libanesischen Behörden während eines Besuchs in Beirut vor drei Wochen darüber gesprochen, "welche Möglichkeit besteht, Aufenthaltsbeendigung umzusetzen", sagte Geisel am Mittwochabend am Rande der Innenministerkonferenz von Bund und Ländern in Kiel. "Da brauchen wir libanesische Pässe, die den Betreffenden ausgestellt werden."
Berliner Innensenator: Aufenthaltsrecht "kein Allheilmittel"
Das Aufenthaltsrecht sei aber nur eine von mehreren Stellschrauben, an denen die Senatsverwaltung drehen könne, um den Clans das Leben schwer zu machen. Auch das Jobcenter, das Jugendamt und die Finanzverwaltung seien in diese Bemühungen eingebunden.
Das Aufenthaltsrecht sei hier "kein Allheilmittel", betonte Geisel. Schließlich besäßen inzwischen etwa drei von vier Clan-Mitgliedern die deutsche Staatsbürgerschaft. Von den restlichen 25 Prozent seien viele mit deutschen Staatsbürgern verheiratet oder hätten deutsche Kinder. Es sei einfach "zu viel Zeit ins Land gegangen, um zu sagen, an dieser Stelle würden wir über Abschiebung das Problem lösen". Dies sei nur "eine Möglichkeit, und die nutzen wir natürlich".
"Menschen, die unser Land als Beute betrachten"
Ebenso wichtig sei es, gerade Jugendlichen Lebensperspektiven außerhalb einer kriminellen Karriere zu bieten, sagte Geisel am Donnerstagmorgen im ARD-Morgenmagazin. "Die Jugendämter müssen angesprochen werden, damit wir frühzeitig eingreifen und deutlich machen: Der Staat setzt seine Regeln durch." Er zeigte sich zuversichtlich, dass Präventions- und Aussteigerprogramme Wirkung zeigen könnten: "Keine Mutter will ihre Söhne im Gefängnis sehen."
Zu den Plänen für eine bundesweite Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Clan-Kriminalität sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU): "Die Berliner sind ja jetzt seit einiger Zeit recht aktiv geworden; das kann ich nur begrüßen; das war ja nicht immer so." Die Mitglieder dieser Verbrecher-Clans seien "Menschen, die unser Land als Beute betrachten".
Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, sagte der Deutschen Presse-Agentur, eine bessere Zusammenarbeit über Ländergrenzen sei längst überfällig. "Jahrzehntelang hat Politik weggeschaut, als sich Parallelgesellschaften gebildet haben, die untereinander vernetzt sind, abgeschottet leben und ihren kriminellen Geschäften nachgehen."
Notwendigkeit für Vorratsdatenspeicherung
Das jetzige Bemühen der Innenminister sei richtig und sinnvoll, so Wendt. "Notwendig ist ein ganzheitlicher Ansatz der Bekämpfung der Clan-Kriminalität, dabei müssen sämtliche Phänomene in den Blick genommen werden, also auch Überschneidungen beispielsweise zur Wirtschaftskriminalität, Geldwäsche, Rockerkriminalität."
Clan-Kriminalität sei ein klassisches Beispiel für die Notwendigkeit einer Vorratsdatenspeicherung, sagte Wendt. "Nur wenn die Ermittler in die Kommunikationsvergangenheit verdächtiger Personen blicken können, sind sie in der Lage, Bandenstrukturen und Zusammenhänge zu erkennen."
Clans fallen durch Betrug, Erpressung, Einbrüche und Drogenhandel auf
Der erste Schritt zur erleichterten Beschlagnahme von Vermögenswerten sei nur halbherzig gewesen. "Die Nachrichtendienste sollten mit ihren Erkenntnisse dazu beitragen, Erkenntnisse über Clan-Mitglieder beizusteuern." Dazu seien Änderungen der jeweiligen Landesgesetze für die Verfassungsschutzbehörden notwendig.
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Die meisten Familien-Clans, die in Berlin, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen durch Betrug, Erpressung, Einbrüche, Drogenhandel und andere kriminelle Machenschaften auffallen, sind arabischer oder kurdischer Herkunft. Sie hatten vor ihrer Einwanderung nach Deutschland vorwiegend im Libanon oder in der Türkei gelebt.
- Nachrichtenagentur dpa