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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Exklusive Umfrage So denken die Deutschen über Kühnerts Ideen zum Wohnen
Kevin Kühnerts Gedankenspiele zum Sozialismus polarisieren. Doch mit dem Wohnen hat er ein relevantes Problem angesprochen. In der Wählerschaft kann er mit den Thesen durchaus punkten, zeigt eine Umfrage.
Kevin Kühnert will den demokratischen Sozialismus für Deutschland – und die Empörung ist vielerorts groß. Doch die Ideen des Juso-Chefs für den Wohnungsmarkt stoßen bei vielen Anhängern linker Parteien durchaus auf Sympathien. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey für t-online.de.
Kühnert hatte im Interview mit der "Zeit" gesagt, dass er private Vermietungen nicht für ein legitimes Geschäftsmodell halte. Er sprach sich für genossenschaftliche Lösungen aus und sagte: "Konsequent zu Ende gedacht sollte jeder maximal den Wohnraum besitzen, in dem er selbst wohnt."
Eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung sieht das kritisch. Rund 64 Prozent bewertet der Umfrage zufolge Kühnerts Aussage negativ, dass jeder nur den Wohnraum besitzen soll, in dem er wohnt. Rund 28 Prozent stimmen ihm zu, rund 8 Prozent sind in der Frage unentschieden.
Im linken politischen Lager gibt es jedoch durchaus Sympathien für Kühnerts Idee zum Wohnen. Rund 74 Prozent der Anhänger der Linkspartei bewerten sie positiv. Auch bei Anhängern seiner eigenen Partei, der SPD, gibt es mit rund 49 Prozent mehr Zustimmung als Ablehnung (39 Prozent) für die Idee. Die Grünen-Anhänger sind gespalten: Rund 43 Prozent können sich mit Kühnerts Vorstoß anfreunden, 45 Prozent lehnen ihn ab.
Bei den Anhängern der restlichen Parteien ist die Ablehnung hingegen eindeutig: rund 94 Prozent bei der Union, rund 92 Prozent bei der FDP und rund 85 Prozent bei der AfD.
Unterschiede zwischen Stadt und Land
Menschen in Ballungsräumen sehen Kühnerts Idee positiver als Menschen, die in weniger dicht besiedelten Gebieten leben. Rund 44 Prozent der Menschen in großstädtischen Gegenden mit mehr als 5.000 Einwohnern je Quadratkilometer bewerten sie positiv. In ländlichen bis kleinstädtischen Gegenden mit einer Bevölkerungsdichte von weniger als 150 bis hin zu 1.000 Einwohnern je Quadratmeter liegt die Zustimmung hingegen nur bei um die 25 Prozent.
Auch das Alter spielt bei der Bewertung des Vorschlags eine Rolle. Mit steigender Anzahl der Lebensjahre steigt auch die Ablehnung. Rund 56 Prozent der jüngeren Menschen zwischen 18 und 29 Jahren bewerten die Idee negativ. Die älteren Menschen über 65 Jahren sehen sie sogar mit rund 70 Prozent negativ.
Kühnert hat mittlerweile seine Thesen bekräftigt: "Ich habe das sehr ernst gemeint, was ich formuliert habe", sagte er dem Nachrichtenmagazin "Spiegel". Der Kapitalismus sei in viel zu viele Lebensbereiche vorgedrungen: "So können wir auf keinen Fall weitermachen."
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"Die empörten Reaktionen zeigen doch, wie eng mittlerweile die Grenzen des Vorstellbaren geworden sind", sagte er. "Da haben 25 Jahre neoliberaler Beschallung ganz klar ihre Spuren hinterlassen."
Zur Methodik:
In die Umfrage flossen die Antworten von 5.073 bevölkerungsrepräsentativ ausgewählten Menschen ein, die zwischen dem 2. und dem 3. Mai 2019 online gefragt wurden: "Wie bewerten Sie die Aussage von Kevin Kühnert, dass jeder nur den Wohnraum besitzen soll, in dem er wohnt?" Der statistische Fehler für die Gesamtergebnisse beträgt 2,5 Prozentpunkte; für Teilgruppen kann er davon abweichen.
- Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag von t-online.de
- "Spiegel online": Kühnert legt nach