Harsche Kritik an Erdogan Kramp-Karrenbauer stellt Doppelpass in Frage
Die CDU-Generalsekretärin macht der Union vor den Wahlen in Hessen und Bayern Mut. Und sie belebt eine Debatte wieder, die schon mal beendet schien: die um den Doppelpass.
Die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer hat scharfe Kritik am türkischen Präsidenten geübt und eine doppelte Staatsbürgerschaft für türkischstämmige Menschen in Deutschland infrage gestellt. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe bei seinem Deutschland-Besuch deutlich gemacht, dass es ihm nicht darum gehe, die Integration der drei Millionen Türkischstämmigen in Deutschland zu fördern.
"Er nimmt sie in Geiselhaft für seine eigene Politik in der Türkei, er treibt sie in Loyalitätskonflikte, er trennt sie von diesem Gemeinwesen. Und das dürfen wir nicht zulassen", sagte Kramp-Karrenbauer auf dem Deutschlandtag der Jungen Union in Kiel.
"Wir können Illoyalitäten nicht auf Dauer dulden"
Wenn es keine Übereinstimmung mit Ankara und kein Entgegenkommen der türkischen Regierung gebe, müsse das Thema Doppelpass besonders für Türkischstämmige wieder auf die Tagesordnung kommen. "Wir können Illoyalitäten nicht auf Dauer dulden, wir wollen die Gesellschaft zusammenhalten", sagte Kramp-Karrenbauer. Sie kritisierte, dass die Eröffnung der Ditib-Moschee in Köln kein Zeichen für Religionsfreiheit, sondern ein Zeichen der Abspaltung und Abgrenzung gewesen sei. Ziel müsse sein, dass die türkischstämmigen Menschen ihre politische Heimat in der deutschen Gesellschaft fänden.
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In Deutschland hatten nach jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamtes im vergangenen Jahr mindestens etwa 1,8 Millionen Menschen neben dem deutschen noch einen anderen Pass. Die tatsächliche Zahl der Menschen mit Doppelpass ist nach Einschätzung des Bundesamtes wohl noch höher, weil nicht jeder Befragte die zusätzliche ausländische Staatsbürgerschaft angegeben haben dürfte.
CDU-Generalsekretärin mahnt CSU zu Ende der Schuldzuweisung
Vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen mahnte die CDU-Generalsekretärin zudem ein Ende der Schuldzuweisungen in der CSU an. Der frühere CSU-Vorsitzenden Franz Josef Strauß hätte nicht schon vorher darüber geredet, wer Schuld an der Niederlage sei. Mit Blick auf die schlechten Umfragen sagte sie: Strauß "würde keinen Pfifferling geben auf diese Umfragen". Er würde sich nicht entmutigen lassen und nicht schon Schuldige suchen. "Wenn wir das tun, wer soll uns denn dann wählen?"
Bei der Landtagswahl in Bayern am 14. Oktober droht der CSU ein Debakel: In Umfragen liegen die Christsozialen bei 33 bis 35 Prozent, bei der Wahl 2013 hatten sie noch 47,7 Prozent erreicht. Die CSU muss davon ausgehen, ihre absolute Mehrheit zu verlieren. CSU-Chef Horst Seehofer und Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatten sich bereits gegenseitig die Schuld für die dramatisch schlechten CSU-Umfragewerte gegeben.
Der Großteil der Wähler in Bayern und Hessen sei noch vollkommen unentschieden, sagte Kramp-Karrenbauer. Um diese Menschen zu überzeugen, "dann müssen wir auch selbst überzeugt von uns sein", fügte die CDU-Politikerin hinzu und forderte ein Ende des öffentlichen Streits in den eigenen Reihen.
Kramp-Karrenbauer: Nur gut regieren reicht nicht
CDU-Generalsekretärin Kramp-Karrenbauer sagte, die Union könne mit Umfragewerte von 27 Prozent nicht zufrieden sein. Es reiche auch nicht, gute Regierungsarbeit zu leisten - das würden CDU-Wähler eigentlich als selbstverständlich empfinden. "Sorry, aber das reicht mir auch nicht."
Kramp-Karrenbauer kritisierte, dass der Deutschlandtag als Showlaufen möglicher Nachfolger von Kanzlerin Angela Merkel gewertet worden sei. Die Mitglieder sowohl der CDU als auch der Jungen Union erwarteten aber Sacharbeit und interessierten sich nicht für persönliche Ambitionen. Dies galt als Anspielung auf den Auftritt von Gesundheitsminister Jens Spahn am Samstag.
Kramp-Karrenbauer wird derweil selbst immer wieder als Nachfolgerin Merkels ins Spiel gebracht. In einer bald erscheinenden Biografie zweier Journalistinnen der "Rheinischen Post" über die Politikerin wird der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier mit den Worten zitiert: "Natürlich kann sie Kanzlerin. Ich traue ihr das zu." Kramp-Karrenbauer sei "für den Fall der Fälle eine sehr gute Alternative" zu Merkel.
- dpa, AFP, Reuters