Nahles zu Maaßen-Kompromiss "Ich finde das schwer erträglich"
Erst appelliert die SPD-Parteichefin in einem Rundbrief an ihre Partei. Dann legt sie in einem Interview nach: Sie sei nicht bereit, wegen Maaßen die Regierung zu stürzen.
SPD-Chefin Andrea Nahles hat die umstrittene Versetzung des bisherigen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen auf den Posten des Innenstaatssekretärs scharf kritisiert. "Ich finde das schwer erträglich, und ich halte das auch für falsch", sagte Nahles am Mittwochabend im ZDF-"heute-journal". Maaßen sei "für dieses Amt ungeeignet". Er habe "das Vertrauen verspielt". Sie verstehe, dass die Leute verärgert sind".
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Nahles bekräftigte aber zugleich, dass sie wegen der Personalentscheidung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) keinen Bruch der Regierung und Neuwahlen habe in Kauf nehmen wollen: "In der Abwägung ist es nicht der Herr Maaßen wert, dass wir nicht mehr handlungsfähig sind und Neuwahlen ausrufen müssen."
Nahles warf Seehofer vor, dieser habe "es geschafft, in wenigen Monaten zweimal diese Regierung in eine veritable Regierungskrise zu führen". Der Innenminister habe eine Personalie "zur Koalitionsfrage" gemacht.
Zuvor hatte Andrea Nahles ihre Partei zur Unterstützung aufgerufen. In einem Rundbrief an die rund 460.000 SPD-Mitglieder begründete sie, warum sie auf die Versetzung Maaßens einging.
Nahles Erklärung im Wortlaut:
"Seit gestern Abend ist klar: Der Verfassungsschutzpräsident muss gehen. Das hat die ganze SPD gemeinsam gefordert, weil er das Vertrauen in eine seriöse und faktenbasierte Arbeit verspielt hat und zum Stichwortgeber für Verschwörungstheoretiker geworden ist. Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz muss das Vertrauen der gesamten Bundesregierung genießen. Deswegen war die Ablösung von Herrn Maaßen für uns zwingend, er wird auch in Zukunft nicht für den Verfassungsschutz zuständig sein. Gestern Abend haben wir das durchgesetzt.
Leider war Horst Seehofer nur unter der Bedingung zu einer Ablösung von Herrn Maaßen zu bewegen, dass er ihn als Staatssekretär in sein Innenministerium holt. Ein SPD-Minister hätte das nicht getan, ich halte es auch für falsch. Ich verstehe die Kritik am aktuellen Vorgehen, sie hat aber einen klaren Adressaten: Horst Seehofer.
Die Entscheidung von Horst Seehofer stellt eine weitere Belastung für die Zusammenarbeit in der Koalition dar. Das müssen wir aushalten. Die SPD sollte diese Bundesregierung nicht opfern, weil Horst Seehofer einen Beamten anstellt, den wir für ungeeignet halten. Europa steht vor einer Zerreißprobe, es droht ein Handelskrieg mit den USA, die Situation um Syrien erfordert unser ganzes diplomatisches Geschick. Deswegen ist für die SPD wichtig, dass wir eine handlungsfähige Bundesregierung behalten."
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In der SPD gibt es Unmut darüber, dass der umstrittene Maaßen wie gefordert zwar abgelöst wurde, von Innenminister Horst Seehofer (CSU) aber zum Staatssekretär befördert wird. Sein Verdienst steigt von 11.577 Euro im Monat auf 14.157 Euro (B11).