Bamf-Skandal Ex-Chef spricht von "Überforderung" der Behörde

Der Ex-Chef des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge hat öffentlich Fehler eingeräumt. Nur so hätte die Flut der Antrage überhaupt bewältigt werden können.
Vor der Befragung von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) und der Chefin des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Jutta Cordt, im Bundestags-Innenausschuss hat deren Vorgänger Frank-Jürgen Weise eine "Überforderung" der Behörde eingeräumt. Diese sei durch die große Zahl an Flüchtlingen in sehr kurzer Zeit verursacht worden "und ein Bamf, das darauf in keiner Weise eingestellt war", erklärte Weise auf Anfrage der "Welt".
Zugleich verteidigte Weise die Beschleunigung bei der Bearbeitung der Asylanträge. Wäre die Schlagzahl der Behörde nicht erhöht worden, "würden sich noch immer hunderttausende Anträge im Bamf stapeln", erklärte Weise. Jeder unbearbeitete Antrag würde zudem bedeuten, "dass den Menschen nicht geholfen wird" und Integrationsmaßnahmen wie Sprachkurse lange auf sich warten ließen.
Weise verteidigt Behörde gegen Politik-Kritik
Erst das Krisenmanagement in seiner Zeit als Leiter habe "dazu geführt, dass das Bamf überhaupt eine Chance hatte, den Anforderungen gerecht zu werden". Für die Beschleunigung seien allerdings Fehler in Kauf genommen worden. "Dass es durch viele neue Mitarbeitende auch zu Fehlern kommen kann, war klar, aber im Rahmen der Risikoabwägung das kleinere Übel", erklärte Weise. Er war von September 2015 bis Ende 2016 Chef des Bamf, am 1. Januar 2017 übernahm Cordt.
Weise verteidigte seine Behörde grundsätzlich gegen Kritik aus der Politik. "Es gab eine Zielvereinbarung mit dem Innenministerium und auch eine Übereinstimmung über alle Parteien, dass die Bearbeitung der Asylverfahren Priorität haben muss", sagte Weise. Der Begriff "Fließband" im Zusammenhang mit der Arbeit im Bamf sei "falsch" und "auch böswillig", kritisierte er.
Die Mitarbeiter der Behörde kritisierten indes Weises Nachfolgerin Cordt. Viele Bamf-Mitarbeiter hätten "kein Verständnis", dass es nach Bekanntwerden der Affäre am Willen zur Aufklärung ebenso mangle wie am Willen, nötige Konsequenzen zu ziehen, zitierte die "Süddeutsche Zeitung" aus einem Schreiben des Gesamtpersonalrates.
Im April war bekannt geworden, dass die Bremer Bamf-Außenstelle zwischen 2013 und 2016 in mindestens 1200 Fällen Asylanträge zu Unrecht bewilligt haben soll. Inzwischen hat Seehofer angekündigt, die Angelegenheit werde "ohne Rücksicht auf Institutionen und Personen" aufgeklärt. Er will zudem bundesweit stichprobenartig Asylbescheide überprüfen lassen. Es gibt Überlegungen, wegen der Affäre einen Untersuchungsausschuss im Bundestag einzurichten.
- afp